Leitsatz
1. Die Regelungen in § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a ErbStG gelten auch beim Erwerb durch Schenkung unter Lebenden zur Bestimmung des Zeitpunkts der Ausführung der Zuwendung.
2. Die Schenkung einer Forderung, hinsichtlich der eine Besserungsabrede getroffen wurde, ist ausgeführt, sobald der Besserungsfall eingetreten ist. Dies gilt unabhängig davon, wie die Besserungsabrede zivilrechtlich zu beurteilen ist.
Normenkette
§ 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und Nr. 2 ErbStG, § 4, § 12 Abs. 3 BewG
Sachverhalt
Drei Schwestern gründeten 1992 mit ihren Eltern eine vermögensverwaltende GbR, in die der Vater eine Forderung über rund 2,5 Mio. DM einbrachte. Die Eltern schieden 1995 aus. Dadurch erhöhten sich die Anteile der Schwestern auf je ein Drittel.
Bezüglich der Forderung hatte der Vater mit der Schuldnerin, einer GmbH, "zum Zweck der Sanierung" eine Besserungsabrede getroffen, wonach er der GmbH die Forderung erließ und die GmbH sich verpflichtete, die Forderung zzgl. aufgelaufener Zinsen zu erfüllen, sobald und soweit sie ohne die Besserungsabrede wieder einen Bilanzgewinn ausweisen könnte. Die Besserung trat 1997 in vollem Umfang ein.
Das FA nahm an, die Schenkungen seien erst mit Eintritt der Besserung ausgeführt und mit je einem Drittel des Nennbetrags der Forderung zzgl. der Zinsen zu bewerten. Die Schwestern sahen demgegenüber in der Besserungsabrede lediglich eine Stundungsvereinbarung und meinten daher, die Schenkungen seien bereits 1992 mit Einbringung der Forderung in die GbR ausgeführt und nach der Wahrscheinlichkeit zu bewerten, mit der eine völlige oder teilweise Erfüllung der Forderung bei ihrer Einbringung zu erwarten war.
Einspruch und Klage (FG des Saarlandes vom 13.11.2007, 2 K 2236/04, Haufe-Index 1848798, EFG 2008, 393) blieben erfolglos.
Entscheidung
Der BFH folgte FA und FG. Sämtliche zivilrechtlichen Deutungen der Besserungsabrede führen schenkungsteuerrechtlich dazu, dass Gegenstand der Schenkungen eine aufschiebend bedingte Forderung gewesen ist. Dies ergibt sich aus § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a ErbStG sowie daraus, dass diese Vorschrift auch auf Schenkungen anwendbar ist. § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG stellt insoweit keine Sonderregelung dar.
Hinweis
1. Zivilrechtlich ist die Einordnung der Besserungsabreden umstritten. Eine gesetzliche Definition fehlt. In ihrer schriftlichen Form des Besserungsscheins finden sie lediglich Erwähnung in § 160 Abs. 1 Nr. 6 AktG. Danach sind die Rechte aus Besserungsscheinen im Anhang der Bilanz aufzuführen.
2. Folgende zivilrechtliche Deutungsversuche werden angeboten:
a) Stundung der Forderung, wobei nicht nur der Zeitpunkt des Eintritts der Fälligkeit unbestimmt ist, sondern überhaupt ungewiss ist, ob die Fälligkeit eintritt;
b) Forderungsverzicht unter der auflösenden Bedingung, dass im Besserungsfall die Forderung wieder aufleben soll (BFH, Urteil vom 30.05.1990, I R 41/87, Haufe-Index 63505, BStBl II 1991, 588, 591);
c) Erlass der Forderung i. V. m. der Begründung einer neuen aufschiebend bedingten Forderung (BFH, Beschluss vom 18.10.1989, IV B 149/88, Haufe-Index 62563, BStBl II 1990, 71, 73);
d) Auflösend bedingter Erlass – ein solcher Erlass ist rechtlich möglich (so Staudinger/Rieble [2005], § 97 Rd.Nr. 142);
e) Auflösend bedingtes pactum de non petendo;
f) Erlass i.V.m. abstraktem Schuldanerkenntnis, wobei die Fälligkeit hinausgeschoben ist.
3. Der BGH versucht im Urteil vom 13.06.1984, IVa ZR 196/82 (NJW 1984, 2762) keine positive Beschreibung des Ausdrucks "Besserungsschein", sondern führt lediglich negativ aus, der Rechtsgrund der Forderung werde üblicherweise durch den Besserungsschein nicht berührt; eine Schuldumwandlung oder -umschaffung sei nicht gewollt. Anschließend spricht er von der "Bedingung für die Geltendmachung der Forderung", die mit dem Besserungsfall eingetreten sei.
4. Zivilrechtlich geht es immer um die Frage, ob im Besserungsfall noch die ursprüngliche oder eine neue Forderung oder gar beides nebeneinander zu erfüllen ist. Erfolgt die Antwort zugunsten der ursprünglichen Forderung, ergibt sich das weitere Problem, ob sie zwischenzeitlich untergegangen und mit Eintritt der Besserung wieder aufgelebt ist oder ob sie durchgängig bestanden hat und nur mit einer anderen Fälligkeit versehen wurde.
5. Schenkungsteuerrechtlich wäre es außerordentlich misslich, wenn zur Bestimmung des Zeitpunkts, in dem die Schenkung einer unter Besserungsabrede stehenden Forderung nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG ausgeführt ist, eine Festlegung auf eine der zu 2. aufgeführten Deutungen erforderlich wäre. Dies ist jedoch nicht der Fall. Nach sämtlichen Deutungen ist die Schenkung erst mit Eintritt der Besserung ausgeführt.
6. Alle Deutungsversuche, die darauf hinauslaufen, dass der Schuldner mit Eintritt der Besserung eine aufschiebend bedingte Forderung zu erfüllen hat, führen über § 12 Abs. 1 ErbStG in den § 4 BewG. Dies gilt auch unter der Annahme eines unbedingten Erwerbs einer aufschiebend bedingten Forderung durch den Beschenkten. Dies ergibt sich aus § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Er...