Die Regelungen des EU-Schiedsverfahrens kommen nur zur Anwendung, wenn eine grenzüberschreitende Gewinnkorrektur zwischen international verbundenen Unternehmen ("Verbundene Unternehmen") oder eine Einkunftsanpassung im Verhältnis zwischen einem Stammhaus und einer Betriebsstätte ("Betriebsstätte (Gewinnzuordnung)") erfolgt. Hierbei gelten diese Regelungen nur für grenzüberschreitende Sachverhalte, nicht aber für rein innerstaatliche.
Im Einzelnen sind die folgenden 4 Verfahrensabschnitte vorgesehen:
- Vorverfahren,
- Verständigungsverfahren,
- Schiedsverfahren und
- Einigungsverfahren.
Das Vorverfahren dient der Unterrichtung durch den Staat, der eine Gewinnberichtigung vorzunehmen beabsichtigt. Dadurch soll das Unternehmen Gelegenheit erhalten, die betroffenen Unternehmen in anderen Vertragsstaaten zu informieren. Anschließend kann das jeweilige Unternehmen die zuständige Finanzbehörde informieren und den Sachverhalt mit ihr erörtern. Kommt es hierbei zu einer Einigung zwischen den Finanzverwaltungen und den beteiligten Unternehmen über eine vorzunehmende Gewinnberichtigung, entfallen die weiteren Schritte des Verfahrens. Dieser erste Schritt bedeutet keine Pflicht für die andere Finanzverwaltung, die verlangte Korrektur zu akzeptieren. Vielmehr können sich Verhandlungen über die vorzunehmende Korrektur ergeben, sodass unterschiedliche Lösungen diskutiert werden können. Eine Pflicht zur Einigung zwischen den Beteiligten besteht nicht.
Den nächsten Schritt bildet das Verständigungsverfahren ("Verständigungsverfahren"), das einen Antrag des Stpfl. voraussetzt. Dieser kann unbeschadet der nach nationalem Recht vorgesehenen Rechtsbehelfe gestellt werden. Hierfür ist eine Frist von 3 Jahren nach der ersten Mitteilung der zu einer Doppelbesteuerung führenden Maßnahme zu beachten. Zuständige Behörde für die Antragstellung ist das BZSt. Die EU-Schiedskonvention enthält in Art. 7 Abs. 1 Mindestanforderungen an die für den Antrag erforderlichen Informationen. Durch Art. 8 Abs. 1 EU-Schiedskonvention werden die jeweiligen Behörden von der Verpflichtung, ein Verständigungs- oder Schiedsverfahren einzuleiten, entbunden, wenn eines der beteiligten Unternehmen Handlungen begangen hat, die zu einer Einkünftekorrektur führen und einen "empfindlich zu bestrafenden Verstoß" darstellen. Hierzu sollen die Mitgliedstaaten erklären, was sie hierunter verstehen. Aus deutscher Sicht fällt hierunter "jeder Verstoß gegen die Steuergesetze, der mit Freiheitsstrafe, Geldstrafe oder Bußgeld geahndet wird", jedoch nicht der Zuschlag nach § 162 Abs. 4 AO ("Dokumentationspflichten (Sanktionen)"). Hierbei muss ein Zusammenhang zwischen der Einkünftekorrektur und der strafbewährten Handlung bestehen. Andernfalls ist diese Ausnahmeregelung nicht anwendbar. Außerdem müssen diese Verstöße rechtskräftig festgestellt sein. Selbst wenn eine entsprechende Verurteilung erfolgt ist, liegt es im Ermessen der zuständigen Behörde, ob sie gleichwohl ein Verständigungs- oder Schiedsverfahren einleitet.
Den dritten Schritt bildet das eigentliche Verständigungsverfahren. Dieses gliedert sich wiederum in 3 Teilschritte. Dies sind das Vorprüfungs- und Abhilfeverfahren, das Verständigungsverfahren und die innerstaatliche Umsetzung der Verständigungsregelung. Diese Regelung in Art. 6 Abs. 2 EU-Schiedskonvention entspricht inhaltlich Art. 25 Abs. 2 OECD-MA ("Verständigungsverfahren").
Das eigentliche Schiedsverfahren wird von dem Beratenden Ausschuss durchgeführt. Die zuständigen Behörden müssen den Fall diesem Ausschuss vorlegen und dessen Stellungnahme einholen, wenn das Verständigungsverfahren nicht innerhalb von 2 Jahren zur einvernehmlichen Beseitigung der Doppelbesteuerung geführt hat. Diese Frist beginnt an dem Tag, an dem der Fall erstmals der für den Antrag auf ein Verständigungsverfahren nach Art. 6 Abs. 1 EU-Schiedskonvention zuständigen Behörde unterbreitet worden ist. Das Ende der Frist bestimmt sich nach den jeweiligen verfahrensrechtlichen Regelungen des Vertragsstaats. Der Beratende Ausschuss soll spätestens 6 Monate nach Ende der Zweijahresfrist eingesetzt werden. Er besteht aus dem unabhängigen Vorsitzenden, jeweils 2 Vertretern der zuständigen Behörden der Vertragsstaaten, wobei einvernehmlich eine Verringerung auf einen erfolgen kann, und einer geraden Zahl (mindestens 2) von unabhängigen Vertretern. Der Ausschuss ist berechtigt und verpflichtet, den Sachverhalt zu ermitteln und kann hierzu die Vorlage von weiteren Unterlagen verlangen.
Der Stpfl. gehört dem Beratenden Ausschuss nicht an. Allerdings hat er umfassende Mitwirkungsrechte und -pflichten. Er kann dem Ausschuss Angaben und Dokumente übermitteln, die für eine Entscheidungsfindung hilfreich sein können. Außerdem hat der Stpfl. ein umfassendes Anhörungs- und Vertretungsrecht, wobei er seinen eigenen Standpunkt in einem Anhörungstermin darstellen kann. Es besteht kein Recht zur Anwesenheit bei den Beratungen des Ausschusses.
Innerhalb von 6 Monaten ab seiner Befassung muss der Beratende...