Entscheidungsstichwort (Thema)
Verpflichtung eines Steuerberaters zur Überlassung eines Datensticks an die Finanzverwaltung bzw. zur Freigabe der Daten bei DATEV
Leitsatz (amtlich)
Ein Steuerberater ist nach §§ 147 Abs. 6, 97, 104 Abs. 2 AO zur Überlassung eines Datensticks mit der Buchführung seines Mandanten an die Finanzverwaltung bzw. alternativ zur Freigabe der Daten bei der DATEV e.G. verpflichtet. Dem stehen die Zurückbehaltungsrechte aus § 66 StBerG bzw. § 273 BGB gegenüber dem Mandanten nicht entgegen.
Normenkette
AO § 147 Abs. 6, §§ 97, 104 Abs. 2
Nachgehend
BFH (Beschluss vom 25.01.2016; Aktenzeichen II B 97/15) |
Gründe
I.
Die Antragstellerin wendet sich im Rahmen eines Eilverfahrens gegen ein Herausgabeverlangen des Antragsgegners.
Die Antragstellerin ist eine Steuerberatungsgesellschaft in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts GbR. Mit Vollmacht vom 3. Mai 2010 hat Herr A die GbR mit seiner steuerlichen Vertretung beauftragt. Herr A betreibt eine Gastwirtschaft. Er ist buchführungspflichtig und ermittelt seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich. Für die Jahre 2010 bis 2012 hat die Antragstellerin die Steuererklärungen und Gewinnermittlungen für Herrn A gefertigt. Ab dem Veranlagungszeitraum 2013 ist ein neuer Steuerberater tätig.
Der Antragsgegner ordnete mit Verfügung vom 19. November 2014 bei Herrn A eine Außenprüfung für die Jahre 2010 bis 2012 an. Im Rahmen der Prüfungsvorbereitung teilten die jetzigen Steuerberater des Herrn A dem Prüfer mit, dass die erforderlichen Unterlagen für die Prüfung sich bei der Antragstellerin befinden würden, die wegen offener Honorarforderungen ein Zurückbehaltungsrecht geltend mache.
Mit Bescheid vom 22. Mai 2015 forderte der Antragsgegner die Antragstellerin schließlich auf, für den Steuerpflichtigen A einen dem GDPdU-Standard entsprechenden Datenträger mit den Buchführungsdaten zur Durchführung einer Betriebsprüfung für die Jahre 2010 bis 2012 (Einkommen-, Gewerbe- und Umsatzsteuer) unverzüglich herauszugeben, hilfsweise gegenüber der DATEV E.G. unverzüglich, schriftlich die Zustimmung zur Erstellung und Übersendung eines entsprechenden Datenträgers zu erklären. Der Antragsgegner führte insoweit aus, dass die Antragstellerin als ehemalige Steuerberaterin gemäß §§ 93, 97 Abgabenordnung (AO) für den Prüfungszeitraum des durch den Antragsgegner zu prüfenden Steuerpflichtigen zur Mitwirkung verpflichtet sei. Das Bestehen eines Zurückbehaltungsrechtes aus § 66 Abs. 2 Steuerberatungsgesetz (StBerG) sei durch die Antragstellerin nicht ausreichend begründet worden. Darüber hinaus greife das Zurückbehaltungsrecht gegen den ehemaligen Mandanten aus § 66 StBerG gegenüber der Finanzverwaltung nicht durch. Der etwaige Anspruch auf Ausgleich der vermeintlich ausstehenden Honorarforderungen werde auch nicht durch die Herausgabe eines vorhandenen Datenträgers konterkariert. Darüber hinaus seien die Kosten, die durch die Mitwirkung entstehen würden, zu vernachlässigen. Ein Auskunftsverweigerungsrecht als Rechtsanwalt bzw. Steuerberater i. S. der §§ 102, 104 AO stehe der Antragstellerin dann nicht zu, wenn sie wie der Steuerpflichtige selbst unter gleichen Voraussetzungen zur Vorlage – hier im Rahmen der Betriebsprüfung – verpflichtet sei. Die Verhältnismäßigkeit des Leistungsgebots ergebe sich insbesondere aus der Vielzahl der für sie zum Teil kostenneutralen Erfüllungsmöglichkeiten, der geringen Eingriffsintensität im Gegensatz zu dem übergeordneten staatlichen Interesse an einer gleichmäßigen Besteuerung, dem Anspruch des ehemaligen Mandanten auf eine zügige Betriebsprüfung und der verlängerten Frist auf zwei Wochen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Bescheides vom 22. Mai 2015 Bezug genommen.
Gegen diesen Bescheid erhob die Antragstellerin am 12. Juni 2015 Einspruch, über den der Antragsgegner bisher nicht entschieden hat. Den gleichzeitig gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Bescheides lehnte der Antragsgegner mit Verfügung vom 9. Juli 2015 ab.
Nunmehr sucht die Antragstellerin um AdV bei Gericht nach. Zur Begründung führt sie Folgendes aus:
Der geltend gemachte Herausgabeanspruch stehe der Antragsgegnerin derzeit nicht zu. Das geltend gemachte Zurückbehaltungsrecht wirke auch gegen den Antragsgegner. Der Antragsgegner mache einen Anspruch aus §§ 93, 97 AO geltend. Tatsächlich stehe aber derzeit nicht fest, ob vorliegend Unterlagen vorhanden seien, die herausgegeben werden könnten. Hierzu werde auf das noch nicht vorliegende Ergebnis der Widerklage des Steuerpflichtigen A in dem zwischen ihnen geführten Rechtsstreit verwiesen. Für den Fall des Obsiegens müsse die Antragstellerin das erhaltene Honorar für die Anfertigung der Buchhaltung zurückzahlen. Wenn aber eine Buchhaltung nicht bezahlt sei, es also keinen Anspruch auf die Gegenleistung gebe, könne dieses nur bedeuten, dass die Leistung nicht erbracht sei. Eine nicht erbrachte Leistung könnte sie aber nicht herausgeben müssen. Wenn der Widerkläge...