Entscheidungsstichwort (Thema)
Schutzbereich des § 30a AO im Rahmen der steuerlichen Außenprüfung
Leitsatz (redaktionell)
Für rechtswidrig ermittelte Daten besteht grundsätzlich keine Verwertungsbefugnis nach § 194 Abs. 3 AO. Die Außenprüfung überschreitet die ihr zugewiesenen Aufgaben, wenn sie ohne sachlichen Zusammenhang mit der Prüfung gezielt nach Kontrollmaterial (hier: Transaktionen von Bankkunden nach Luxemburg) sucht. In den Schutzzweck des § 30a Abs. 3 AO fallen auch interne Zwischenkonten einer Bank, soweit sie nicht anonymisierte Gegenbuchungen zu Geschäftsvorfällen auf legitimationsgeprüften Kundenkonten enthalten. Kontrollmitteilungen können im Schutzbereich des § 30a Abs. 3 AO gefertigt werden, wenn dafür ein hinreichender Anlass besteht. Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist davon erst auszugehen, wenn die Feststellungen den konkreten Verdacht einer Steuerverkürzung begründen.
Normenkette
AO § 30a Abs. 3
Tatbestand
Die Antragstellerin (Astin.) wehrt sich gegen die vom Antragsgegner ( Ag.) beabsichtigte Weiterleitung von Kontrolldaten über Auslands-Transaktionen ihrer Kunden.
Im Zuge einer Außenprüfung bei der Astin. erbat der Prüfer eine Aufstellung der Überweisungen an die ... Bank Luxemburg über 100.000 DM im zweiten Halbjahr 1993. Die Astin. lehnte dies ab, da die steuerlichen Verhältnisse der Bank nicht berührt würden. Darauf erwiderte der Prüfer schriftlich, eine Aufstellung werde nicht verlangt. Er werde jedoch im Verlauf der Prüfung ausgewählte, nicht geschützte Konten sichten, um zu beurteilen, ob im Einzelfall die Fertigung einer Kontrollmitteilung angebracht erscheine. Und weiter wörtlich: "Zu gegebener Zeit werde ich um Vorlage der Konten bitten, die ich für prüfungsrelevant halte (z. B. bestimmte CpD-Konten und sicherlich auch aufgrund der Erfahrungen betreffend Ihre Kunden aus dem Zeitraum 1. 7. 1992 bis 30. 6. 1993 das Giroausgangskonto ... Bank für den Zeitraum 1. 7. bis 31. 12. 1993). Die in Ihrem Schreiben bezeichnete Aufstellung würde die steuerlichen Verhältnisse / Besteuerungsgrundlagen Ihrer Bank nicht berühren. Sie fiele in den Bereich Kontrollmitteilungen, zu deren Fertigung die Finanzverwaltung berechtigt ist."
Mit Schreiben vom 21. Dezember 1999 verlangte der Prüfer Einsicht in das interne Zwischenkonto "Devisen Auslandsabteilung". Dieses Konto sei dem ... Bank Verrechnungskonto vorgeschaltet worden. Wörtlich führte er u. a. aus: "Die Betriebsprüfung wird anhand des Kontos zunächst feststellen, ob die weitergeleiteten Kundengelder, für die sich die ... (Astin.) als Auftraggeber verstand, zu Konten weisen, für die Legitimationsprüfungen (§ 154 Abs. 2 AO) durchzuführen waren und ggf. ob diese Prüfungen durchgeführt worden sind. Die Finanzverwaltung ist frei in der Auswahl dahingehender Prüfungshandlungen. Die Überprüfung darauf, ob eine Bank den Verpflichtungen nach § 154 Abs. 2 AO genügt hat, erstreckt sich naturgemäß auf die Feststellung von Namen und Anschriften von Kunden / Verfügungsberechtigten in Bezug auf geführte Konten. Solche Legitimationsprüfungskontrollen sind zulässig; Sie können Ihren Kunden insofern keinen Schutz gewähren."
Bei der Sichtung des Zwischenkonto-Ausdrucks "Devisen Auslandsabteilung" für den Zeitraum 1. Juli bis 31. Dezember 1993 wählte der Prüfer - nach Festlegung eines Schwellenwerts von 100.000 DM - aus über 200 Ein- und Ausgangsvorgängen 19 Fälle für eine Belegsichtung aus. In 9 Fällen sollen Kontrollmitteilungen gefertigt und - nach dem Ergebnis einer Besprechung vom 13. November 2000 - nach Ablauf einer Stillhaltefrist bis zum 22. November 2000 an die Wohnsitzfinanzämter der betroffenen Kunden weitergeleitet werden.
Die Astin. behauptet, auf dem Konto "Devisen Auslandsabteilung" seien generell Transaktionen ihrer Kunden ins Ausland gebucht worden. Die Buchungen enthielten die ausdrückliche Angabe des Kunden bzw. des legitimationsgeprüften Kontoinhabers / Anweisenden. Auch Transaktionen aus dem Ausland seien über das Konto gebucht worden. Dabei seien keine Daten anonymisiert worden; das Konto diene dazu, bankintern einen Überblick über Auslandstransaktionen zu erhalten und vor allem der internen Revision die Transaktionen übersichtlich, nachvollziehbar und leicht nachprüfbar zu gestalten (vgl. Eidesstattliche Versicherung der Justitiarin der Astin. vom 17. November 2000).
Die Astin. meint, die Buchungen auf dem Konto "Devisen Auslandsabteilung" unterlägen bei der gebotenen funktionalen Betrachtungsweise dem Schutz des § 30a Abs. 3 Abgabenordnung - AO - (unter Hinweis auf: Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs - BFH/NV - 1998, 424 und Hamacher Der Betrieb - DB - 1996, 2460, 2464). Die Anfertigung von Kontrollmitteilungen sei auch deshalb unzulässig, weil eine Rasterfahndung vorliege. Für die angestellten Ermittlungen fehle ein Zusammenhang mit der Betriebsprüfung. Es gebe auch keinen hinreichenden Anlass für eine gezielte Suche von Überweisungen nach Luxemburg. Die Überweisung von Geld ins Ausland ...