Revision eingelegt (BFH VIII R 28/11)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerliche Abziehbarkeit eines Verlustes aus der Rückzahlung einer Inhaberschuldverschreibung
Leitsatz (amtlich)
1. Einkünfteerzielungsabsicht liegt nicht vor, wenn zum Zeitpunkt der Ausübung einer Option, die zur Anschaffung einer Inhaberschuldverschreibung führt, feststeht, dass das Ergebnis aus der Anschaffung von Option und Inhaberschuldverschreibung und der Rückzahlung (inkl. Zinscoupon) aus der Inhaberschuldverschreibung insgesamt negativ ist. Die Anschaffungskosten für die Anschaffung des Optionsscheins sind als Anschaffungsnebenkosten der Inhaberschuldverschreibung in die Beurteilung einzubeziehen.
2. Der Verlust aus der Einlösung einer Kapitalforderung nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 u. Abs. 2 Nr. 4 c EStG mit einer garantierten Mindestrückzahlung ist nur hinsichtlich des Teils steuerbar, der der garantierten Mindestrückzahlung zuzuordnen ist.
3. Nach Sinn und Zweck des § 46 FGO kommt eine Klage ohne Vorverfahren nur bei pflichtwidrigem Verhalten des Finanzamtes in Betracht
Normenkette
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2 Nr. 4c, § 2; FGO § 46
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die steuerliche Abziehbarkeit eines Verlustes aus der Rückzahlung einer ISV im Jahr 2007.
Der Kläger (Kl.) erzielte im Streitjahr u.a. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und gewerblichen Beteiligungen. Er erwarb am 8. Dezember 2005 einen ausschließlich auf effektive Lieferung gerichteten Kauf-Optionsschein, der von der Bank X, Luxemburg, ausgegeben worden war (Optionsschein I). Der Kaufpreis für Optionsschein I (Laufzeitende: 27. Dezember 2006) betrug 227.500 €. Die Ausübung von Optionsschein I war zweimal monatlich möglich (jeweils am 1. und 10. Geschäftstag). Im Fall der Ausübung von Optionsschein I war der Kl. berechtigt, gegen Zahlung von weiteren 30.000 € eine von der Bank Y, Deutschland, ausgegebene Inhaberschuldverschreibung zu erwerben (ISV I), deren Auszahlungsprofil an die Wertentwicklung des DAX gekoppelt war.
ISV I wurde am 14. Dezember 2005 (also zeitlich später als Optionsschein I) zu einem Nennbetrag von 250.000 € begeben, hatte eine Laufzeit von 15 Monaten (Fälligkeit 23. März 2007) und war mit 1 % verzinst. Der Rückzahlungsbetrag von ISV I hing von der Wertentwicklung des DAX innerhalb eines vom 14. Dezember 2005 (Stand: 5310 Punkte) bis zum 8. Dezember 2006 dauernden Beobachtungszeitraums ab.
Szenario 1: Bewegte sich der DAX innerhalb des Beobachtungszeitraums in Übereinstimmung mit den Erwartungen der Analysten zwischen 4726 Punkten und 5894 Punkten, wurde ISV I bei Fälligkeit zu 277.500 € zurückgezahlt.
Szenario 2: Sobald der DAX während des Beobachtungszeitraumes auf oder unter 4726 Punkte ("untere Barriere") fiel, betrug der Rückzahlungsbetrag 37.500 €.
Szenario 3: Erreichte oder überschritt der DAX im Beobachtungszeitraum 5894 Punkte ("obere Barriere"), erhielt der Investor 450.000 €.
Die Kapitalanlage vermittelte erhöhte Renditechancen (hier: 8,8 % Rendite im Fall einer Seitwärtsbewegung des DAX), dafür musste der Kl. gleichzeitig wirtschaftliche Risiken übernehmen (erhebliche Verluste bei Erreichen oder Unterschreiten der unteren Barriere).
Zur teilweisen Absicherung dieser Verlustrisiken erwarb der Kl. am 9. Dezember 2005 für 227.500 € einen weiteren Kauf-Optionsschein, der von Z., einer luxemburgischen, nicht zur X Bank Gruppe gehörenden Kapitalgesellschaft, begeben wurde (Optionsschein II). Im Fall einer Ausübung von Optionsschein II war der Kl. berechtigt, gegen Zahlung von 30.000 € eine von der X Bank AG ausgegebene ISV zu erwerben, deren Zahlungsprofil gegenläufig an die Wertentwicklung des DAX gekoppelt war und deren Ausstattungsmerkmale im Übrigen denen von ISV I spiegelbildlich entsprachen (ISV II):
Szenario 1: Bewegte sich der DAX innerhalb des Beobachtungszeitraums zwischen 4726 Punkten und 5894 Punkten, wurde die ISV zu 277.500 € zurückgezahlt.
Szenario 2: Fiel der DAX im Beobachtungszeitraum dagegen zuerst auf oder unter 4726 Punkte, wurden 450.000 € zurückgezahlt.
Szenario 3: Erreichte oder überschritt der DAX im Beobachtungszeitraum zuerst 5894 Punkte, erhielt der Investor 37.500 €.
Der Erwerb von Optionsschein II ermöglichte dem Kl., im Fall einer Seitwärtsbewegung bzw. eines moderaten Anstiegs / Sinkens des DAX eine Rendite von über 8,8 % (ohne Zinsen) auf das eingesetzte Kapital und damit mehr als das Dreifache der risikofreien Verzinsung zu erzielen, sowie gleichzeitig sein Verlustrisiko auf 13.750 € pro Optionsschein (vgl. dazu sogleich) zu begrenzen. Der Erwerb des zweiten Optionsscheins bezweckte daher, dem Kl. die Chance auf eine erhöhte Rendite im Fall der erwarteten Seitwärtsbewegung des DAX (Szenario 1) zu erhalten, gleichzeitig aber Verlustrisiken zu reduzieren (13.750 € pro Optionsschein, siehe unten).
Als wirtschaftliche "Gegenleistung" für die weitgehende Absicherung von Verlustrisiken gab der Kl. seine Gewinnchance für den Fall auf, in dem der DAX eine der i...