Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteuerberichtigung nach (Weiter-)Veräußerung eines baureif gemachten Grundstücks bei Erzielung von Hilfsumsätzen in der Planungsphase Voraussetzungen der berichtigungsneutralen Geschäftsveräußerung eines im Aufbau befindlichen Vermietungsunternehmens. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: XI R 10/22)
Leitsatz (redaktionell)
Die (Weiter-)Veräußerung eines baureif gemachten Grundstücks nebst dazugehöriger Planungsleistungen für den Bau von Vermietungsobjekten ist auch dann eine nur einmalige Verwendung des Grundstücks zur Ausführung eines Umsatzes, wenn der Grundstückseigentümer in der Planungsphase Hilfsumsätze aus der übergangsweisen Genehmigung der Aufstellung von Werbemedien auf dem Grundstück erzielt.
Die berichtigungsneutrale Geschäftsveräußerung eines im Aufbau befindlichen Vermietungsunternehmens setzt voraus, dass dieses bereits eine gewisse objektive Verfestigung erfahren hat. Die Herstellung der Baureife und der Abschluss von Gewerberaummietverträgen für ein noch zu erstellendes Objekt reicht hierfür jedenfalls dann nicht aus, wenn das objektiv zutage getretene Geschäftsmodell dem eines Bauträgers/Grundstücksentwicklers entspricht - Abgrenzung zu BFH, Urteile vom 12.08.2015 XI R 16/14, BStBl II 2020, 790 einerseits und vom 28.10.2010 V R 22/09, BFH/NV 2011, 854 andererseits.
Normenkette
UStG § 1 Abs. 1a, § 15a Abs. 1-2
Tatbestand
Die Beteiligten streiten aus Anlass der umsatzsteuerfreien Veräußerung unbebauter Grundstücke über die Rechtmäßigkeit einer Vorsteuerberichtigung gemäß § 15a Abs. 2 Umsatzsteuergesetz (UStG). Die Klägerseite wendet eine berichtigungsneutrale Geschäftsveräußerung im Ganzen im Sinne des § 1 Abs. 1a UStG ein und bestreitet auch im Übrigen das Vorliegen der Berichtigungsvoraussetzungen des § 15a Abs. 2 UStG.
Die klagende Kommanditgesellschaft ist durch Verschmelzungsvertrag vom 9.12.2021 i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Umwandlungsgesetz als übernehmender Rechtsträger Rechtsnachfolgerin der ursprünglichen Klagepartei (nachfolgend Klägerin) geworden. Die Verschmelzung wurde am 28.12.2021 in das Handelsregister eingetragen. Unternehmensgegenstand der Klägerin, die bis zum Jahre 2011 als X-GmbH firmierte, ist gemäß § 2 ihrer Satzung "der Erwerb, die Verwaltung und Veräußerung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten" und alle damit in Zusammenhang stehenden Geschäfte. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 22.09.2005 erwarb die Klägerin als Objektgesellschaft von der B-AG diverse unbebaute Grundstücke im Bereich A-Straße, B-Straße und C-Straße in D mit einer Gesamtgröße von ca. 7.491 qm zum Preis von 5.113.000 € (nachfolgend B-Grundstück). Die Eintragung des Eigentumswechsels im Grundbuch erfolgte am 7.12.2005. Die Vertragsparteien verzichteten ausdrücklich auf die Umsatzsteuerfreiheit des Grundstücksgeschäfts. In ihrer Umsatzsteuerjahreserklärung für 2005 machte die Klägerin aus der Bemessungsgrundlage für den Grundstücksumsatz gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 UStG in Höhe von 5.202.477 € Vorsteuern in Höhe von 832.396,40 € geltend.
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 1.10.2013 veräußerte die Klägerin eine näher definierte, noch zu vermessende Teilfläche aus dem B-Grundstück mit einer Größe von ca. 2.422 qm an die F-KG mit Sitz in M zum Preis von 7,2 Mio €. Die Vertragsparteien hielten unter Ziffer 3.1 fest, dass auf den vorgenannten Kaufpreis keine Umsatzsteuer anfalle. Unter Ziffer 5.1 des Vertrages ist Folgendes festgehalten: Der Verkäufer plant auf dem Vertragsgegenstand sowie der benachbarten derzeit im Eigentum des Verkäufers stehenden bzw. verbleibenden Grundstücksfläche […] entsprechend der Planung in der Anlage 5.1 der Bezugsurkunde den Neubau eines Quartiers mit Wohnungen, Gewerbeflächen, Mikroappartments und Tiefgarage sowie Wohnungen für Studenten und Auszubildende und beabsichtigt, für diesen Zweck eine Baugenehmigung zu erwirken. Unter Ziffer 5.2 ist vereinbart, dass der Vertrag in vollen Umfang erst mit der bestandskräftig erteilten Baugenehmigung wirksam werden sollte.
Mit weiterem notariell beurkundetem Vertrag vom 2.06.2015 veräußerte die Klägerin eine näher definierte, noch zu vermessende Teilfläche aus dem B-Grundstück in Größe von ca. 4.651 qm an die F-KG zum Preis von 17,5 Mio €. Die Vertragsparteien hielten unter Ziffer 3.1 fest, dass auf den vorgenannten Kaufpreis keine Umsatzsteuer anfalle. Unter Ziffer 5.1 der Vertragsurkunde ist auf die vorgenannte Bauplanung gemäß der Urkunde vom 1.10.2013 verwiesen und festgehalten: Für diesen Zweck ist der Verkäufer verpflichtet, entsprechend dem städtebaulichen Vertrag Anlage 5.1.b) eine Baugenehmigung zu erwirken. Einen entsprechenden Antrag, welcher der Bezugsurkunde in der Anlage 5.1.c) beigefügt ist, hat er bei der zuständigen Genehmigungsbehörde bereits erwirkt. Der Vertrag sollte gemäß Ziffer 5.2 erst mit der Erteilung der Baugenehmigung wirksam werden.
Mit weiterem notariell beurkundeten Vertrag vom 4.12.2015 veräußerte die Klägerin eine näher definierte Teilfläche des B-Grundst...