Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufwendungen zur Vermittlung einer nebenberuflichen außerplanmäßigen Professur an einer Universität im europäischen Ausland als Sonderbetriebsausgaben - Befugnis zur Änderung eines Steuerbescheides gemäß § 164 Abs. 2 AO
Leitsatz (amtlich)
1. Aufwendungen zur Vermittlung einer nebenberuflichen außerplanmäßigen Professur an einer Universität im europäischen Ausland können als Sonderbetriebsausgaben qualifiziert werden, wenn das die Aufwendungen auslösende Moment der betrieblichen Sphäre des Steuerpflichtigen zuzuordnen ist. Dies gilt jedenfalls dann, wenn es um eine auch nach deutschem Hochschulrecht zulässige Titelführung, die auf einer entsprechenden wissenschaftlichen Vorbildung des Steuerpflichtigen (hier: Habilitation) beruht, geht.
2. Der Betriebsausgabenabzug ist nicht gemäß § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG ausgeschlossen, wenn die Nebentätigkeit vor allem der außenwirksamen Darstellung einer besonderen wissenschaftlichen Kompetenz und der entsprechenden Positionierung des Berufsträgers im Wettbewerb mit konkurrierenden Freiberuflern dient - Abgrenzung zur Fallgestaltung FG Münster, Urteil vom 13.10.2017 4 K 1891/14 F, EFG 2017, 1949.
3. Die Befugnis zur Änderung eines Steuerbescheides gemäß § 164 Abs. 2 AO entfällt nicht bereits dann, wenn in einem vorangegangenen Einspruchsverfahren Abhilfe erteilt wurde, der Vorbehalt der Nachprüfung jedoch aufrechterhalten bleibt - Abgrenzung zur Fallgestaltung BFH, Urteil vom 5.06.2003 III R 26/00, BFH/NV 2003, 1529.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4, § 12 Nr. 1 S. 2; AO § 164 Abs. 1-2, § 176
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung von Aufwendungen zur Erlangung einer Professur als Sonderbetriebsausgaben.
Der xxxx geborene Kläger zu 2. (nachfolgend Kläger) ist Partner der Klägerin zu 1., welche eine fachärztliche Gemeinschaftspraxis in A betreibt. Der Kläger studierte an verschiedenen in- und ausländischen Universitäten Humanmedizin und war als PostDoc an einem renommierten medizinischen Lehrstuhl in Y-Land tätig. Im Jahr xxxx erhielt der Kläger die Approbation. Im Jahr xxxx wechselte er an den Lehrstuhl von K an der Universitätsklinik in M zum Zwecke des Erwerbs der Facharztqualifikation. Er war dort als wissenschaftliche Assistent und Leiter einer medizinischen Arbeitsgruppe auch forschend tätig. Im Jahr xxxx habilitierte er an der Universität M. Er erhielt die universitäre Lehrbefugnis für X-Medizin und wurde zum Privatdozenten ernannt. In dieser Eigenschaft ist er seit dem Jahre xxxx im Rahmen eines Lehrauftrags nebenberuflich an der medizinischen Fakultät der Universität M tätig. Im Haupterwerb führt er die fachärztliche Praxis in A.
Am 16.08.2013 vereinbarte der Kläger mit der O GmbH mit Sitz in Q (nachfolgend GmbH) einen "Wissenschaftsvertrag". Der Zweck des Vertrages ist in der Einleitung wie folgt beschrieben: "Auf der Grundlage einer intensiven wissenschaftlichen Beratung wird der Berater mit aktiver Unterstützung des Auftraggebers für ihn eine Professur, Gastprofessur, Honorarprofessur, außerplanmäßige Professur an einer Universität, Hochschule innerhalb der Europäischen Union (EU), außer Spanien, realisieren". Die Vertragsparteien vereinbarten ein Honorar von drei Raten à 10.000 €. Die letzte Rate sollte nach Abschluss des Ernennungsverfahrens/Übergabe der Urkunde fällig sein.
Zum Hintergrund des Vertragsschlusses führte der Kläger im Verwaltungsverfahren aus, sein wissenschaftlicher Mentor, K, werde voraussichtlich nur bis zum Jahr xxxx Direktor der X-Klinik in M sein. Er könne nicht sicher einschätzen, ob er auch vom nachfolgenden Klinikdirektor einen Lehrauftrag in Dermatologie erhalten werde. Deshalb habe er vorsorglich nach einer alternativen Position als nebenberuflicher Hochschullehrer an einer europäischen Universität, und zwar insbesondere auch verbunden mit der Berechtigung zur Führung eines Professorentitels, gesucht.
Die GmbH vermittelte dem Kläger mit Wirkung zum 1.12.2013 eine Nebentätigkeit an der X-Klinik der Universität R im Land V. Dort wird das Studium der Medizin auch im Rahmen eines deutschsprachigen Studiengangs angeboten. In dem in deutscher Sprache abgefassten Teil der Urkunde ist von einer Ernennung zum Gastprofessor die Rede. Im Hinblick auf ihre Vermittlungsleistung stellte die GmbH dem Kläger am 9.09.2013 ein Honorar in Höhe von 11.900 € incl. USt und am 12.12.2013 ein weiteres Honorar in Höhe von 10.000 € incl. USt in Rechnung. Die Klägerseite machte im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer (ESt) 2013 wegen der vorgenannten Rechnungen Sonderbetriebsausgaben in Höhe von insgesamt 21.900 € geltend.
Durch Feststellungsbescheid für 2013 vom 24.09.2015 lehnte das Finanzamt - der Beklagte (FA) - die Anerkennung der Aufwendungen mit folgender Begründung ab: "Die Kosten zur Erteilung der Professur von Herrn X werden nicht anerkannt, da kein Zusammenhang mit der GbR [=Klägerin zu 1.] besteht". Hiergegen erhoben die Kläger am 20.10.2015 Einspruch. Sie verwiesen auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom ...