Entscheidungsstichwort (Thema)
Kosten eines ausländischen Rechtsanwaltes als außergewöhnliche Belastung
Leitsatz (amtlich)
Die Kosten eines in einem Scheidungsfolgenverfahren beauftragten britischen Rechtsanwalts und die mit dem Verfahren in Zusammenhang stehenden Reisekosten sind als außergewöhnliche Belastungen gem. § 33 Abs. 1 EStG abzugsfähig, soweit sich der Steuerpflichtige dem Verfahren ohne jeden eigenen Gestaltungsspielraum zu stellen hatte, das Verfahren nicht mutwillig oder ohne Aussicht auf Erfolg war, die Höhe der vereinbarten Kosten nach landestypischen Gesichtspunkten angemessen sind und keine Kostenerstattung erfolgt.
Gegen den Nichtanwendungserlass des BMF vom 20.12.2011 (BStBl I 2011, 1286).
Normenkette
EStG § 33 Abs. 1; ZPO § 623 Abs. 1; BGB § 1564
Nachgehend
Tatbestand
Die Kläger begehren die Anerkennung von Anwaltskosten als außergewöhnliche Belastung.
Der Kläger war von August 1992 bis Januar 2006 mit A in Großbritannien verheiratet. Aus der Ehe sind zwei in 1994 und 1997 geborene Kinder hervorgegangen. In 2004 trennten sich die Eheleute. Sie schlossen am 29. Dezember 2004 eine privatschriftliche Vereinbarung zur Regelung der mit der Trennung zusammenhängenden Angelegenheiten. Die Ehe wurde am 24. Januar 2006 vor einem englischen Gericht geschieden. Im Hinblick auf die bestehende privatschriftliche Vereinbarung wurden keine weiteren, über die Scheidung hinausgehenden Regelungen getroffen. Seit Ende 2006 ist der Kläger in zweiter Ehe in Deutschland verheiratet.
Mit Datum vom 6. Februar 2009 erhielt der Kläger ein Anwaltsschreiben der Sy., mit welchem er aufgefordert wurde, umfangreiche Auskünfte zu erteilen. Der Kläger bemühte sich in der Folgezeit ohne Einschaltung des von seiner geschiedenen Ehefrau beauftragten Rechtsanwaltsbüros um eine gütliche Regelung der Angelegenheit (Schreiben des Klägers vom 15. Mai 2009). Schließlich kündigte die von der geschiedenen Ehefrau des Klägers beauftragte Kanzlei mit Schreiben vom 23. März 2010 die Fortführung des Verfahrens an. Der Kläger wurde im März 2010 vom zuständigen Gericht zur Abgabe einer eidesstattlichen Vermögenserklärung bis zum 4. Mai 2010 aufgefordert und zu einem anberaumten Termin am 8. Juni 2010 geladen.
Der Kläger suchte nunmehr einen Anwalt, der ihn in der Sache vertreten könnte. Maßgeblich hierbei waren im Wesentlichen Kenntnisse des Anwalts in der deutschen Sprache, praktiziertes Familienrecht und Rechtssicherheit im englischen und deutschen Recht. Dazu wandte sich der Kläger zunächst an die ihm bekannte Rechtsanwältin A, die in einem Außenbezirk X zu einem Stundensatz von 250 GBP zuzüglich Umsatzsteuer praktizierte, in der Sache aber nicht tätig werden konnte, da sie in einer anderen Angelegenheit zuvor die geschiedene Ehefrau des Klägers vertreten hatte. Frau A empfahl dem Kläger Rechtsanwalt B, mit welchem der Kläger am 16. Juni 2010 einen Anwaltsvertrag schloss. Dieser Vertrag sah u. a. eine Vergütung von 275 GBP zuzüglich Umsatzsteuer vor. Zwar bemühte sich der Kläger auch in örtlicher Nähe zum Gerichtsort Y in einen Anwalt zu finden. So sprach der von dem Kläger angesprochene Rechtsanwalt Mr. C zwar deutsch, kam aber für den Kläger deswegen nicht in Betracht, weil er sich nur im englischen Recht auskannte und kein Familienrechtler war. Der Stundensatz des Rechtsanwaltes N. hätte 205 GBP zuzüglich Umsatzsteuer betragen.
Streitig vor dem Gericht in Y waren Ansprüche auf Kindesunterhalt der Höhe nach, Fragen des Versorgungsausgleichs, Fragen des Unterhalts für die geschiedene Ehefrau des Klägers und Fragen des Vermögensausgleichs.
Im November 2010 fand in Y eine Verhandlung statt, im Rahmen derer die Forderungsklage der geschiedenen Ehefrau des Klägers auf die Zahlung von Kindesunterhalt reduziert und deutlich wurde, dass die Frage des Versorgungsausgleichs ggf. vor einem deutschen Gericht zu verhandeln sei. Das Erscheinen des Klägers zu dem Termin am 8. November 2010 war angeordnet (Ladung vom 28. September 2010: „You and your legal representative, if you have one, must attend the appointment.“). Letztlich schlossen die Beteiligten am 8. Oktober 2012 vor dem zuständigen Gericht einen Vergleich, wonach sich der Kläger verpflichtete, je Kind einen Monatsunterhalt in Höhe von 320 € zu entrichten. Alle anderen Zahlungsansprüche wurden ausgeschlossen. Die Pensionsberechnung findet in Deutschland statt. Die Kosten des Verfahrens wurden gemäß Ziffer 7 des Vergleichs gegeneinander aufgehoben („That there be no Order for Costs.“).
Mit der Einkommensteuererklärung für 2010 vom 4. November 2011 machten die Kläger außergewöhnliche Belastungen in Höhe von 20.853 € geltend. Das Finanzamt folgte den Klägern insoweit und wegen anderer Punkte nicht und erließ am 24. Januar 2012 einen Einkommensteuerbescheid für 2010, welchen es nach einem Einspruch der Kläger vom 5. Februar 2012 aus hier nicht streiterheblichen Gründen durch Bescheid vom 3. Augus...