Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeld: Anerkennung einer Berufsausbildung ohne Einbindung in eine schulische Mindestorganisation - Fernstudium
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Berufsausbildung ist auch dann anzuerkennen, wenn der Schüler nicht in eine schulische Mindestorganisation eingebunden ist.
2. Eine Mindeststundenanzahl für den Unterricht an einer schulischen Einrichtung ist bei Schulungsmaßnahmen im Inland nicht gefordert.
Normenkette
EstG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a; EStG § 63 Abs. 1 S. 2
Tatbestand
Streitig ist der Kindergeldanspruch der Klägerin für die Tochter A ab August 2016.
Mit Bescheid vom 07. Juli 2016 hat die Beklagte die Kindergeldfestsetzung für die Tochter A ab dem Monat August 2016 mit der Begründung aufgehoben, dass die besonderen Anspruchsvoraussetzungen für die Berücksichtigung volljähriger Kinder nicht vorliegen würden.
Mit Schreiben vom 18. Juli 2016 legte die Klägerin gegen diesen Bescheid form- und fristgerecht Einspruch ein. Sie vertrat die Auffassung, dass sie die für den Nachweis der Kindergeldberechtigung erforderlichen Unterlagen bereits mehrfach eingereicht habe. Ihre Tochter studiere seit dem Monat Mai 2016 Tierphysiotherapie am Institut C in G. Dieses Studium werde A voraussichtlich im Mai 2018 abschließen. Dies sei ein Fernstudium, bei dem jeweils an einem Wochenende im Monat Präsenzschulungen stattfinden würden, während die übrige Zeit auf das Selbststudium zu verwenden sei. Die Schule habe bescheinigt, dass mindestens 24 Wochenstunden erforderlich seien, um das Studium erfolgreich abschließen zu können. An den Präsenzwochenenden würden vereinzelt Lernkontrollen stattfinden, in denen der Stoff der zum Selbststudium zur Verfügung gestellten Unterlagen abgefragt werde. Eine Benotung dieser Lernkontrollen fände nicht statt.
Mit Entscheidung vom 20. September 2016 wies die Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass das Kind die besonderen Anspruchsvoraussetzungen zur Berücksichtigung volljähriger Kinder beim Kindergeld nicht erfülle. Zumindest seien die Voraussetzungen nicht durchgehend nachgewiesen worden. Als Berufsausbildung im Sinne von § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a) Einkommensteuergesetz -EStG- sei die Ausbildung für einen künftigen Beruf anzusehen, z.B. die Ausbildung für einen handwerklichen, kaufmännischen, technischen oder wissenschaftlichen Beruf. In Berufsausbildung befinde sich, wer sein Berufsziel noch nicht erreicht habe, sich jedoch ernsthaft auf dieses Berufsziel vorbereite. Die vom Kind absolvierten Ausbildungsmaßnahmen müssten konkret berufsbezogen sein; dies sei insbesondere nicht der Fall, wenn die Vermittlung nur allgemein nützlicher Fertigkeiten oder allgemeiner Lebenserfahrung oder die Herausbildung sozialer Eigenschaften im Vordergrund stehe. Die Ausbildung müsse darüber hinaus in ihrer zeitlichen Gestaltung einem von vornherein festgelegten Plan entsprechen. Die freie Selbstausbildung - zu welchem Ausbildungsziel auch immer - sei keine Berufsausbildung. Dies gelte auch dann, wenn der Auszubildende sich zeitweise nach Plan ausbilden lasse, weil es für die Anerkennung als Berufsausbildung nicht auf Teilabschnitte, sondern auf die Gesamtausbildung ankomme. Die Ausbildung müsse ernsthaft betrieben werden, damit sie berücksichtigungsfähig sei. Sie müsse Zeit und Arbeitskraft des Kindes dermaßen in Anspruch nehmen, dass ein greifbarer Bezug zu dem angestrebten Berufsziel hergestellt werden könne und Bedenken gegen die Ernsthaftigkeit ausgeschlossen würden. Bei Ausbildungsgängen, die keine regelmäßige Präsenz an einer Ausbildungsstätte erfordern (z. B. Universitäts- und Fachhochschulstudiengänge einschließlich der als Fernstudium angebotenen, anderen Fernlehrgänge), solle die Ernsthaftigkeit durch Vorlage von Leistungsnachweisen (,,Scheine", Bescheinigungen des Betreuenden über Einreichung von Arbeiten zur Kontrolle), die Aufschluss über die Fortschritte des Lernenden geben, nachgewiesen werden. Im vorliegenden Fall besuche das Kind eine Maßnahme, bei der an einem Wochenende im Monat Unterricht in Form von Präsenzunterricht angeboten werde. Im Übrigen finde die Ausbildung als freie Selbstausbildung statt. Nachweise darüber, dass tatsächlich festgelegter Lernstoff existiere und dieser zu bestimmten Zeiten erarbeitet sein müsse, habe die Klägerin nicht eingereicht. Nach Aktenlage könne nicht festgestellt werden, ob sich das Kind tatsächlich ernsthaft auf das Erreichen seines Berufszieles vorbereite.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Klägerin mit ihrer am 12. Oktober 2016 beim Schleswig-Holsteinischen Finanzgericht erhobenen Klage. Zur Begründung wiederholt sie im Wesentlichen die bereits im Einspruchsverfahren vorgebrachten Argumente. Darüber hinaus trägt sie vor, dass ihre Tochter A in ihrem Hause wohne und eine Ausbildung zur Tierphysiotherapie an dem Institut C in G absolviere. Das Kind habe diese Ausbildung mit Wirkung zum 07. Mai 2016 aufgenommen.
Zu dem Institut C, G, sei anzumerken, dass dies se...