rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Bindungswirkung einer gemäß § 12 GrEStG vorgenommenen Pauschbesteuerung

 

Leitsatz (redaktionell)

Die im Einvernehmen mit dem Steuerpflichtigen erfolgte Pauschbesteuerung nach § 12 GrEStG ist sowohl für den Steuerpflichtigen als auch für das Finanzamt bindend.

 

Normenkette

GrEStG § 12

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Festsetzung von Grunderwerbsteuer gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) wegen nachträglichen Bekanntwerdens von Tatsachen geändert und eine höhere Steuer festgesetzt werden konnte.

Die A KG war Eigentümerin folgender Grundstücke:

Größe

Einheitswert

in qm

in DM

D

18

x

E

14

y

F

2

z

Komplementärin der KG war die B GmbH, Kommanditistin war die Klägerin. Mit Bescheid vom 3. Mai 1989 hatte das beklagte Finanzamt (FA) für die genannten Grundstücke wegen eingetretener Anteilsvereinigung gemäß § 1 Abs. 3 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) Grunderwerbsteuer (GrESt) festgesetzt. Mit Vereinbarung vom 22. Februar 1990 wurde die B GmbH unter Zugrundelegung der Bilanz vom 31. Dezember 1989 auf die Klägerin verschmolzen, die Eintragung in das Handelsregister erfolgte am 27. April 1990.

Mit Schreiben vom 16. Mai 1990 teilte die Klägerin mit, dass ihr aufgrund der Verschmelzung das Vermögen der A KG angewachsen sei. Die Klägerin regte an, die GrESt-Bemessungsgrundlage gemäß § 12 GrEStG auf 280 Prozent des Einheitswertes zu schätzen, da für die exakte Ermittlung der Bemessungsgrundlage umfangreiche, arbeitsintensive und zeitaufwendige Berechnungen notwendig seien.

Mit Bescheid vom 4. Juli 1990 setzte das FA die GrESt für das Grundstück wie folgt fest:

Bemessungsgrundlage

GrESt

bei Anwachsung

bei Anteilsvereinigung

Differenz

2 Prozent

D

2,8 x

1,4 x

1,4 x

20

E

2,8 y

1,4 y

1,4 y

15

F

2,8 z

0,7 z

2,1 z

8

43

Mit Schreiben vom 2. Dezember 1994 informierte die Betriebsprüfungsstelle das FA, dass wegen des Erwerbs sämtlicher KG-Anteile durch die Klägerin zum 1. Dezember 1988 aus ertragsteuerlichen Gründen (Ergänzungsbilanz) eine Wertermittlung der Grundstücke habe erfolgen müssen, dies sei im Zuge der Fertigung der KG-Steuererklärungen für 1988 in 1991 geschehen. Hieraus habe sich per 31. Dezember 1989 ein Steuerbilanzwert i. H. v. ... DM ergeben. Das FA teilte den Steuerbilanzwert nach dem Verhältnis der Einheitswerte auf die Grundstücke auf und änderte die GrESt-Festsetzung vom 4. Juli 1990 mit Bescheid vom 15. Dezember 1994 wie folgt:

Bemessungsgrundlage

GrESt

bei Anwachsung

bei Anteilsvereinigung

Differenz

2 Prozent

D

5 x

1,4 x

3,6 x

53

E

5 y

1,4 y

3,6 y

39

F

5 z

0,7 z

4,3 z

18

110

Mit ihrem gegen den Änderungsbescheid gerichteten Einspruch machte die Klägerin geltend, dass die Voraussetzungen für eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO nicht vorlägen. Erfolge der Erwerb eines Grundstücks durch Erwerb aller Geschäftsanteile durch Anwachsung, so sei die auf das Grundstück entfallende Gegenleistung nach der für den Erwerb der Gesellschaftsanteile aufzuwendenden Gesamtgegenleistung zu bemessen. Dem FA seien bei Festsetzung der GrESt alle erforderlichen Tatsachen bekannt gewesen. Zudem habe das FA entsprechend dem Vorschlag der Klägerin eine Pauschalierung gemäß § 12 GrEStG vorgenommen. Im Verfahren nach § 12 GrEStG würden die Beteiligten bewusst auf eine exakte Ermittlung der Bemessungsgrundlage verzichten. Werde bewusst von weiteren Ermittlungen Abstand genommen, könne ein bestandskräftiger Bescheid nicht nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geändert werden. Wollte man eine exakte Aufteilung der Gesamtgegenleistung vornehmen, könnte sich ein geringer Anteil als das 2,8-fache des Einheitswertes ergeben, da die A KG seinerzeit Tochterkapitalgesellschaften gehabt und über erhebliche immaterielle Wirtschaftsgüter verfügt habe.

Mit Einspruchsentscheidung vom 1. Dezember 1995 wies das FA den Einspruch, soweit er das Grundstück D betraf, als unbegründet zurück und führte u. a. Folgendes aus: Bemessungsgrundlage für die GrESt sei der auf die Grundstücke entfallende Anteil an der Gesamtgegenleistung. Mit Zustimmung des Steuerpflichtigen könne der Berechnung der GrESt der Verkehrswert des Grundstücks zugrundegelegt werden. Diese Möglichkeit beruhe auf der Überlegung, dass kein Erwerber einer Firma für das Betriebsgrundstück mehr zahle als es tatsächlich wert sei. Notfalls dürfe auf die Hilfskonstruktion „280 Prozent des Einheitswertes“ zurückgegriffen werden. Die Klägerin habe mit ihrer Darstellung vom 16. Mai 1990 suggeriert, dass der Sachverhalt vollständig dargestellt worden sei. Aus den Angaben habe geschlossen werden müssen, dass ein Verkehrswert nicht vorhanden und nur sehr schwierig zu ermitteln sei und nur für Zwecke der GrESt gebraucht werde. Erst durch die Mitteilung der Betriebsprüfung sei bekannt geworden, dass aus ertragsteuerlichen Gründen ohnehin der Verkehrswert ermittelt worden sei.

Am 3. Januar 1996 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie beantragt,

den GrESt-Bescheid vom 15. Dezember 1994 - soweit er das Grundstück D betrifft - in der Fassung der Einspruchsentschei...

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