Entscheidungsstichwort (Thema)
Ergänzungsbescheid: Vervollständigung eines lückenhaften Feststellungsbescheids, bewusst oder unbewusst unterbliebene Feststellung, Auslegung eines Feststellungsbescheides, Einkünfte i.S. von § 2a EStG
Leitsatz (redaktionell)
1. Ergänzungsbescheide gem. § 179 Abs. 3 AO 1977 dürfen einen lückenhaften Feststellungsbescheid vervollständigen, nicht aber Unrichtigkeiten des Feststellungsbescheids korrigieren oder die in dem ursprünglichen Feststellungsbescheid getroffenen Feststellungen ändern.
2. § 179 Abs. 3 AO 1977 macht keinen Unterschied, ob die notwendige Feststellung durch das FA bewusst oder unbewusst unterblieben ist.
3. Ob eine notwendige Feststellung in einem Feststellungsbescheid enthalten ist, ist durch Auslegung des Feststellungsbescheids zu ermitteln. Dabei kommt es nicht darauf an, was die Finanzbehörde mit ihrer Erklärung gewollt hat; vielmehr ist entscheidend, wie der Adressat selbst nach den ihm bekannten Umständen den materiellen Gehalt der Erklärung unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen konnte.
4. Hier: Rechtmäßiger Erlass von Ergänzungsbescheiden mit dem Inhalt, dass es sich bei den festgestellten Einkünften um solche i.S.d. § 2a EStG handelt.
Normenkette
AO 1977 § 179 Abs. 3; EStG § 2a
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob das beklagte Finanzamt (FA) wegen unterbliebener Feststellungen Ergänzungsbescheide (§ 179 Abs. 3 Abgabenordnung -AO-) erlassen durfte.
Dem Rechtsstreit liegt folgender Sachverhalt zu Grunde: Die Kläger (Kl.) und der Beigeladene (Beigel.) waren Eigentümer eines Grundstücks in Paraguay. Aus der Vermietung des Grundstücks wurden Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (VuV) erzielt. Nach dem Akteninhalt wurde das Objekt am 02. Mai 1990 veräußert. Für die Streitjahre liegen Erklärungen zur gesonderten und einheitlichen Feststellung nebst Einnahme-Überschuss-Rechnungen vor. Die Einkünfte aus VuV wurden durch Bescheide vom 15. März 1984 (1983), 26. März 1985 (1984) und 17. Juli 1986 (1985) in der erklärten Höhe einheitlich und gesondert festgestellt und die Verluste (1983: x DM, 1984: y DM, 1985: z DM) den Kl. und dem Beigel. entsprechend dem Beteiligungsverhältnis zu je einem Viertel zugerechnet. Die Bescheide wurden bestandskräftig.
Auf eine Anfrage des für den Beigeladenen früher zuständigen Finanzamts A ergänzte das FA mit getrennt für die Streitjahre ergangenen Bescheiden vom 20. November 1986 die in den Bescheiden vom 15. März 1984 (1983), 26. März 1985 (1984) und 17. Juli 1986 (1985) getroffenen Feststellungen gemäß § 179 Abs. 3 AO dahingehend, dass es sich bei den festgestellten Verlusten um Einkünfte i.S. des § 2 a des Einkommensteuergesetzes (EStG) handle. Dagegen erhoben die Gesellschafter Einspruch und führten zur Begründung u.a. aus, dass die Ergänzungsbescheide rechtlich nicht wirksam ergangen und deshalb aufzuheben seien, weil die Feststellung, ob ein Verlust i.S. des § 2 a EStG vorliege, im Feststellungsbescheid zu treffen sei. Es handle sich insoweit nicht um eine zusätzliche notwendige Feststellung i.S. des § 179 Abs. 3 AO, sondern um eine materiell-rechtliche Feststellung. Die Ergänzungsbescheide seien aufzuheben, weil diese Feststellungen in den bestandskräftigen Feststellungsbescheiden 1983 bis 1985 nicht getroffen worden und diese Bescheide auch nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen seien.
Der Einspruch wurde als unbegründet zurückgewiesen. Das FA führte u.a. aus: Die strittigen Feststellungsbescheide, mit denen die Anwendung des § 2 a EStG auf die Einkünfte aus VuV festgestellt worden sei, seien zu Recht ergangen. Soweit in einem Feststellungsbescheid eine notwendige Feststellung unterblieben sei, könne sie gemäß § 179 Abs. 3 AO in einem Ergänzungsbescheid nachgeholt werden. Die Feststellung, ob ein Verlust unter § 2 a EStG falle, sei im Feststellungsbescheid zu treffen (Hessisches Finanzgericht -FG- in Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 1989, 579). Deshalb sei die Feststellung, dass es sich bei den festgestellten Einkünften aus VuV um negative ausländische Einkünfte i.S. des § 2 a EStG handle, als notwendig i.S. des § 179 Abs. 3 AO anzusehen. Diese Rechtsfolge ergebe sich auch aus dem Zweck dieser Vorschrift, die aus verwaltungsökonomischen Gründen von der höchstrichterlichen Rechtsprechung als Option eingeschätzt werde, um das Feststellungsverfahren in mehreren sich ergänzenden Verwaltungsverfahren durchführen zu können (Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs -BFH/NV- 1990, 750). Für den Streitfall sei es deshalb nicht relevant, das die Feststellungsbescheide nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen und bei Ergehen der Ergänzungsbescheide bereits bestandskräftig gewesen seien.
Mit der dagegen erhobenen Klage begehren die Kl. die Aufhebung der gegen sie erlassenen Ergänzungsbescheide.
Das Gericht hat den Gesellschafter B zum Verfahren beigeladen (s. Beschluss vom 23. September 1999). Zur Begründung tragen die Kl. vor: Die strittigen E...