Revision eingelegt (BFH IV R 12/22)

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfassungsmäßigkeit der Anwendungsregelung des § 52 Abs. 10 Satz 4 zur rückwirkenden Anwendung des § 5a Abs. 4 Satz 5 bis 7 EStG für alle Wirtschaftsjahre ab 1999

 

Leitsatz (amtlich)

Gegen den in § 52 Abs. 10 Satz 4 EStG enthaltenen Anwendungsbefehl, welcher die Anwendung des § 5a Abs. 4 Satz 5 bis 7 EStG für alle Wirtschaftsjahre nach dem 31. Dezember 1998 regelt, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken, da es sich nicht um eine echte Rückwirkung handelt.

Der Gesetzgeber stellt mittels der neu eingefügten Sätze 5 bis 7 des § 5a Abs. 4 EStG sicher, dass die bestehende, über Jahrzehnte geübte Verwaltungspraxis, formal in Gesetzesform gegossen wird und für alle Wirtschaftsjahre nach dem 31. Dezember 1998 anwendbar ist.

 

Normenkette

EStG § 5a Abs. 4 Sätze 5-7, § 52 Abs. 10 S. 4

 

Nachgehend

BFH (Entscheidung vom 20.03.2024; Aktenzeichen IV R 12/22)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Höhe der Beteiligungseinkünfte der Klägerin.

Die Klägerin hielt eine Beteiligung an der A GmbH und Co KG, eingetragen im Handelsregister Abteilung A des Amtsgerichts C, welche sie mit Vertrag vom 07. Mai 2005 unentgeltlich von ihrem Vater übertragen bekommen hatte. Die Eintragung ins Handelsregister erfolgte am xx.xx.2005. Der Klägerin wurde seitdem auch der seit 1999 für den Vater festgestellte Unterschiedsbetrag wegen des Übergangs zur Tonnagebesteuerung als Rechtsnachfolgerin zugerechnet.

Für das Jahr 2012 hat die Gesellschaft den Wechsel von der Tonnagebesteuerung zur Gewinnermittlung nach § 5 Einkommensteuergesetz (EStG) auf den 01. Januar 2012 beantragt und das Schiff im gleichen Jahr veräußert.

Die Feststellungserklärung für die Schifffahrtsgesellschaft für 2005 wurde am 04. Januar 2007 beim Beklagten eingereicht.

Mit Bescheid für 2012 über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 22. April 2015, der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 Abgabenordnung -AO-) erging und nach § 165 Abs. 1 Satz 2 AO teilweise vorläufig war, rechnete das beklagte Finanzamt der Klägerin daraufhin einen aufgelösten Unterschiedsbetrag im Sinne des § 5a Abs. 4 Satz 1 EStG nach § 5a Abs. 4 Satz 3 EStG bzw. nach § 5a Abs. 5 Satz 3 EStG in Höhe von … € den laufenden Einkünften hinzu.

Ausweislich der Eintragung im Handelsregister vom xx.xx.2014 ist die Klägerin aus der Gesellschaft ausgeschieden.

Mit Schreiben vom 02. Juli 2018 stellte die Klägerin einen Antrag auf Änderung des Bescheides über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 22. April 2015 mit dem Ziel, ihr den aufgelösten Unterschiedsbetrag in Höhe von … € nicht zuzurechnen. Zur Begründung führte sie aus, dass der Unterschiedsbetrag ausweislich des Urteils des Finanzgerichts Hamburg vom 19. Dezember 2017, 2 K 277/16, welches sich mit einer einschränkenden Auslegung des Begriffs "Ausscheiden" in § 5 a Abs. 4 Satz 3 Nr. 3 EStG beschäftigte, bereits durch den die Anteile übertragenden Vater in 2005 hätte versteuert werden müssen.

Mit Bescheid vom 01. August 2018 lehnte der Beklagte die Änderung des Bescheides über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 22. April 2015 ab.

Mit Schreiben vom 06. August 2018 legte die Klägerin form- und fristgerecht Einspruch ein, in welchem sie eine Verfahrensruhe gemäß § 363 Abs. 2 AO bis zur höchstrichterlichen Entscheidung in dem unter Aktenzeichen IV R 4/18 vor dem Bundesfinanzhof (BFH) anhängigen Revisionsverfahren beantragte.

Mit Schreiben vom 26. Februar 2020 beantragte die Klägerin die Wiederaufnahme des Rechtsbehelfsverfahrens, da der BFH das anhängige Revisionsverfahren IV R 28/19 mit Urteil vom 28. November 2019 entschieden habe. Der Beklagte verwies darauf, dass die BFH-Entscheidung noch nicht im Bundessteuerblatt Teil 2 (BStBl. II) veröffentlich worden sei. Daraufhin stimmte die Klägerin einer weiteren Verfahrensruhe zu.

Am 8. April 2021 erhob die Klägerin Klage beim Schleswig-Holsteinischen Finanzgericht.

Nach Rechtshängigkeit wies der Beklagte den Einspruch mit Entscheidung vom 08. September 2021 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, dass der Unterschiedsbetrag nach § 5 Abs. 4 EStG der Klägerin zuzurechnen sei. Nach § 5 a EStG sei der auf den Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr entfallende Gewinn auf unwiderruflichen Antrag des Steuerpflichtigen unter im Einzelnen näher geregelten Voraussetzungen nach der Tonnage zu ermitteln. Zum Schluss des letzten, der Tonnagebesteuerung vorausgehenden Wirtschaftsjahres sei für jedes unmittelbar dem Betrieb der Handelsschiffe dienende Wirtschaftsgut der Unterschiedsbetrag zwischen Buchwert und Teilwert gesondert und - bei Mitunternehmerschaften - einheitlich festzustellen (§ 5 a Abs. 4 Sätze 1 und 2 EStG). Zweck der Feststellung des Unterschiedsbetrages nach § 5 a Abs. 4 Satz 1 und 2 EStG sei es, diejenigen stillen Reserven, die sich vor dem Übergang zur Tonnagebesteuerung angesammelt hätten, festzuh...

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