Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Anspruch auf Kindergeld für ein Ausbildungsplatz suchendes Kind, das einer Vollzeitbeschäftigung nachgeht
Leitsatz (redaktionell)
Ein Anspruch auf Kindergeld nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe c besteht nicht, solange ein Ausbildungsplatz suchendes Kind einer Vollzeiterwerbstätigkeit nachgeht, auch wenn dem keine berufsqualifizierende Ausbildung vorangegangen ist (gegen Erlass des BfF vom 4. Februar 2003, BStBl I 2003, 128; Änderung der DA-Fam EStG)
Normenkette
EStG § 63 Abs. 1 S. 2, § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 a, Sätze 2, 7-8
Tatbestand
Die Klägerin (Klin.) erstrebt die Festsetzung von Kindergeld (KiG) für ihre Tochter A für den Zeitraum August bis Dezember 2003. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beklagte (Bekl.) die Festsetzung zu Recht wegen eigener Einkünfte der Tochter abgelehnt hat.
Die Klin. ist Mutter der als 1. von drei Kindern im September 1981 geborenen Tochter A. Diese besuchte in der Zeit vom 27. August 1999 bis zum 09. Januar 2002 eine Berufsfachschule mit der Fachrichtung Gesundheit und Ernährung. Am 17. April 2002 nahm A eine Vollzeiterwerbstätigkeit auf, die bis zum 13. Juli 2003 andauerte. Für den Zeitraum Januar bis Juli 2003 betrug ihr Brutto-Verdienst 6.909,63 €. Neben ihrer Tätigkeit bewarb sich A in 2002, verstärkt ab Ende 2002 / Anfang 2003 um einen Ausbildungsplatz (Ausbildungsplatz-Absagen). Seit dem 01. August 2003 befindet sich A in einer Berufsausbildung zur Hotelfachfrau. Die Bruttoausbildungsvergütung betrug für das 1. Ausbildungsjahr (bis Juli 2004) monatlich 380 €.
Mit Schreiben der Prozessbevollmächtigten (PB) vom 12. Dezember 2002 beantragte die Klin. - wieder neu - die Gewährung von KiG mit der Begründung, A suche einen Ausbildungsplatz und habe sich auch ausbildungsplatzsuchend beim Arbeitsamt gemeldet. Diesen Antrag auf Gewährung von KiG lehnte der Bekl. mit Bescheid vom 12. Februar 2003 für das Kalenderjahr 2003 mit der Begründung ab, die Einkünfte und Bezüge des Kindes würden nach den vorliegenden Unterlagen bei Berücksichtigung des Arbeitnehmer-Pauschbetrages (Werbungskosten -WK-) mehr als den Grenzbetrag von 7.188 € betragen.
Hiergegen legte die Klin. fristgemäß Einspruch ein und verwies zur Begründung auf die Ausbildungsplatzbemühungen ihrer Tochter A.
Mit Bescheid vom 25. August 2003 wies der Bekl. den Einspruch als unbegründet zurück. A sei, in Fortsetzung der Entscheidung für das Jahr 2002, in dem die Ausbildungsplatzwilligkeit anerkannt worden sei (gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 a Abgabenordnung -AO- geänderter Bescheid über KiG-Festsetzung für das gesamte Jahr 2002), von Januar bis Juli 2003 ebenfalls als ausbildungswilliges Kind zu berücksichtigen, dass eine Ausbildung mangels Ausbildungsplatzes noch nicht beginnen könne (§32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 c Einkommensteuergesetz -EStG-). Ab August 2003 seien die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a EStG (Berufsausbildung) erfüllt. Der Anspruch auf KiG scheitere jedoch daran, dass der Grenzbetrag für eigene Einkünfte und Bezüge des Kindes im Jahr 2003 in Höhe von 7.188 € überschritten sei. Anzurechnen seien 6.909,63 € Arbeitnehmer-Einkünfte (Januar bis Juli 2003) sowie 1.900 € (5 x 380 €) Ausbildungsplatzvergütung, somit insgesamt 8.809,63 €. Nach Abzug des Arbeitnehmer-Pauschbetrages von 1.044 € - höhere WK seien nicht geltend gemacht bzw. nachgewiesen worden - verbleibe ein zu berücksichtigendes Einkommen von 7.765,63 €, das über den Grenzbetrag von 7.188 € liege mit der Folge, dass für alle Anspruchmonate innerhalb des Kalenderjahres kein Anspruch auf KiG bestehe.
Gegen die ablehnende Entscheidung des Bekl. hat die Klin. mit am 26. September 2003 eingegangenen Schriftsatz Klage erhoben. Sie vertritt unter Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 19. Oktober 2001 IV R 39/00 (Bundessteuerblatt -BStBl- II 2002, 481) die Auffassung, dass die von A während ihrer Vollzeiterwerbstätigkeit (Januar bis Juli 2003) erzielten Einkünfte bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge im Rahmen der Prüfung, ob ein KiG-Anspruch bestehe, außer Betracht zu bleiben hätten. Soweit sich die Familienkasse in ihrer Einspruchsentscheidung auf den § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 c EStG beziehe, sei dieser Tatbestand nicht gegeben. Aufgrund der Vollzeiterwerbstätigkeit fehle es an einer Unterhaltssituation, die typischerweise derjenigen entspreche, in der sich das Kind während der Ausbildung befände. Dem könne auch nicht entgegengehalten werden, dass die Vollzeiterwerbstätigkeit nur dann nicht anspruchschädlich sei, wenn die vorangegangene Ausbildung berufsqualifizierend gewesen sei. Hierfür gäbe es in der BFH-Rechtsprechung keinen Hinweis.
Die Klin. beantragt, den ablehnenden Bescheid des Bekl. vom 12. Februar 2003 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 25. August 2003 aufzuheben und den Bekl. zu verpflichten, von August 2003 bis einschließlich Dezember 2003 KiG zu ihren Gunsten für das Kind A festzusetzen.
Der Bekl. beantragt, die Klage abzuweisen.
Er ist der Auffassung, dass die ...