Leitsatz (amtlich)
1. Wird eine Vorratsgesellschaft gegründet, befreit die bei Verwendung des Firmenmantels entspr. § 8 Abs. 2 GmbHG nochmals abzugebende Versicherung der Bewirkung des in § 7 Abs. 2 und 3 GmbHG bezeichneten Teils der Stammeinlage (BGH NZG 2003, 170 ff.) nicht von der Einhaltung der Kapitalaufbringungsvorschriften bereits bei Anmeldung der Vorratsgesellschaft zur Eintragung in das Handelsregister selbst.
2. Gegen die Verpflichtung zur Erbringung des in § 7 Abs. 2 GmbHG bezeichneten Teils der Stammeinlage kann ein Gesellschafter auch nicht mit Einverständnis der Gesellschaft aufrechnen. Einer danach unzulässigen Aufrechnung mit einem bereicherungsrechtlichen Rückzahlungsanspruch eines Gesellschafters steht es gleich, wenn dieser das ihm sofort als Darlehen ausgezahlte Stammeinlagenkapital unter der auflösenden Rechtsbedingung der bereits wirksam erbrachten Stammeinlage zurückzahlt und bei Unwirksamkeit der ursprünglichen Stammeinlagenerbringung die Rückzahlung als Zahlung auf die Stammeinlage gelten soll sowie der Darlehensrückzahlungsanspruch der Gesellschaft mit dem Anspruch des Gesellschafters auf Rückerstattung nicht wirksam erbrachter Stammeinlageleistungen verrechnet wird.
3. Zahlungen auf die Stammeinlage müssen mit hinreichend eindeutiger Tilgungsbestimmung versehen sein und sind grundsätzlich bedingungsfeindlich. Auch die Zufügung einer Rechtsbedingung ist jedenfalls dann unzulässig, wenn eine Klärung der in Bezug genommenen Rechtslage in einem der Rechtsfindung dienenden Verfahren und in überschaubarem Zeitraum nicht sichergestellt ist.
Normenkette
GmbHG § 7 Abs. 2, § 19 Abs. 2, 5
Verfahrensgang
LG Kiel (Aktenzeichen 16 O 41/01) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 12.10.2001 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen III des LG Kiel wird zurückgewiesen.
Von den Gerichtskosten des Berufungsverfahrens und den außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren fallen der Beklagten zu 1) 2 % und der Beklagten zu 2) 98 % zur Last. Ihre eigenen außergerichtlichen Kosten tragen die Beklagten jeweils selbst.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der klagende Insolvenzverwalter begehrt von den Beklagten, den Gründern der späteren Insolvenzschuldnerin als seinerzeitiger Vorrats-GmbH, Zahlung der halben Stammeinlage von 25.000 DM.
Schon vor notarieller Gründung der Vorrats-GmbH hatten die Beklagte zu 2) und die Beklagte zu 1) – eine Frau S. etwas mehr als die Hälfte der Stammeinlage auf ein Gesellschaftskonto eingezahlt. Wenige Tage späte gewährte die GmbH i.G. der Beklagten zu 2) ein unverzinsliches, aber jederzeit zur Rückzahlung anforderbares Darlehen über 25.000 DM gegen Übernahme sämtlicher Gründungskosten. und Bankgebühren. Nach Eintragung in das Handelsregister zahlten die Beklagte eine „Zweite Hälfte Stammeinlage” und veräußerten die GmbH-Anteile an eine Frau J. Zuvor hatte die Beklagte zu 2) 25.000 DM mit dem Verwendungszweck „Darlehensrückzahlung” auf ein Gesellschaftskonto gezahlt und mit dieser eine „Vereinbarung über Leistungsbestimmungen” geschlossen, in der es u.a. wie folgt heißt:
„§ 2
Leistungsbestimmung
1. Das in § 1 genannte Darlehen ist wegen des beabsichtigten Verkaufs der Geschäftsanteile an der Gesellschaft sofort fällig und von der Gesellschafterin i.H.d. Valuta von DM 25.000 zurückzuzahlen. Mit der Zahlung dieses Betrages ist das Darlehensverhältnis zwischen den Vertragsparteien erloschen. Die Gesellschafterin verpflichtet sich ggü. der Gesellschaft, heute die Zahlung des vorgenannten Betrages vorzunehmen.
2. Für den Fall, dass aus Rechtsgründen die am 14./15.10.1999 erfolgte Einzahlung der ersten Hälfte des Stammkapitals durch die Gesellschafterin und die Mitgesellschafterin S. i.H.v. insgesamt Euro 12.782,30 (= DM 25.000), wovon Euro 255,65 auf die Einzahlungsverpflichtung der Mitgesellschafterin S. entfielen, ganz oder teilweise unwirksam sein sollte, erfolgt die Zahlung gem. Ziff. 1 als nochmalige Leistung der ersten Hälfte des Stammkapitals. Demgemäß zahlt die Gesellschafterin die von ihr gem. Ziff. 1 geschuldeten DM 25.000 auch mit der Leistungsbestimmung, damit ihre Verpflichtung und die Verpflichtung der Frau S. zur Einzahlung der ersten Hälfte des Stammkapitals zu erfüllen. Von den DM 25.000 (= 12.782,30) werden daher Euro 255,65 für Frau S. zur Erfüllung eines möglicherweise noch nicht erbrachten Teils ihrer Verpflichtung zur Einzahlung der ersten Hälfte des Stammkapitals geleistet.
§ 3
Verrechnung
1. Für den Fall, dass die am 14./15.10.1999 erfolgte erstmalige Einzahlung der ersten Hälfte des Stammkapitals durch die Gesellschafterin i.H.v. Euro 12.526,65 und i.H.v. Euro 255,65 durch die Gesellschafterin S. aus Rechtsgründen ganz oder teilweise unwirksam sein sollte, erkennt die Gesellschaft ggü. der Gesellschafterin und der Mitgesellschafterin an, ihnen gem. § 812 BGB und/oder aus sonstigen Gründen die Rückzahlung der Einzahlungsbeträge i.H.v. Euro 12.526,65 und Euro 255,65, insgesamt somit Euro 12.782,30, zu sch...