Kein Automatismus: Auch in diesem Fall ist aber zu beachten, dass L weder weiß noch wissen kann, ob LE später einen Direktanspruch geltend machen wird (ebenso wie er in der dem EuGH vorgelegten Konstellation weder weiß noch wissen kann, ob LE schon einen Direktanspruch geltend gemacht hat; s. oben VI.1.). So ist nämlich im Zeitpunkt der Steuerkorrektur durch L gar nicht gesagt, dass LE später einen Direktanspruch geltend macht bzw. geltend machen kann. Die Frage, ob ihm ein Direktanspruch zusteht, stellt sich nämlich für LE regelmäßig erst dann, wenn er später erkennt, dass er die MwSt-Beträge zu Unrecht an L gezahlt hat oder (sofern er vorsteuerabzugsberechtigt ist) wenn das FA (LE) ihm einen Vorsteuerabzug, den er geltend gemacht hat, rückwirkend mit der Begründung aberkennt, dass die an L gezahlten MwSt-Beträge Steuerbeträge i.S.d. § 14c UStG darstellen.
Spätere Kenntnis: Der erstgenannte Fall der späteren Kenntnis muss gar nicht zwingend eintreten. Schließlich verfolgen nicht alle Steuerpflichtigen über Jahre hinweg zurück, ob die von ihnen an ihre Lieferanten gezahlten MwSt-Beträge korrekt sind oder eventuell zu hoch. Selbst wenn sie das im Einzelfall erkennen, ist denkbar, dass sie – abhängig von den Beträgen, die in Frage stehen – den Aufwand scheuen und keinen Direktanspruch geltend machen.
Versagung des Vorsteuerabzugs: Auch der letztgenannte Fall der Versagung des Vorsteuerabzugs muss nicht zwingend eintreten. Führt L nämlich eine Steuerkorrektur gem. § 14c Abs. 1 UStG durch, ist gar nicht gesagt, dass LE seinen Vorsteuerabzug rückwirkend verliert. Es besteht, anders als in den Fällen des § 14c Abs. 2 UStG, keine Verknüpfung der Steuerkorrektur des L mit der Rückgängigmachung eines von LE geltend gemachten Vorsteuerabzugs. LE wäre zu einer Korrektur der Vorsteuer allenfalls verpflichtet, wenn er wüsste, dass die MwSt-Beträge, die L ihm in Rechnung gestellt hat, Steuerbeträge i.S.d. § 14c UStG wären. Das muss er aber gar nicht zwingend wissen. Selbst dann nicht, wenn L eine Steuerkorrektur durchführt. Von dieser muss LE nämlich gar nicht unbedingt Kenntnis erlangen. In den Fällen des § 14c Abs. 1 UStG würde er hiervon lediglich dadurch erfahren, dass L ihm korrigierte Rechnungen ausstellt (§ 14c Abs. 1 S. 2 UStG). In den Fällen, in denen L beim unrichtigen Steuerausweis gutgläubig war, ist für die Steuerkorrektur allerdings die Berichtigung des Steuerbetrags gegenüber dem LE nicht erforderlich.
Keine Korrektur von Amts wegen: Auch von Amts wegen wird die Vorsteuer bei LE nicht unbedingt rückwirkend versagt, wenn L eine Steuerkorrektur gem. § 14c Abs. 1 UStG durchführt. Dafür müsste das FA (L) erst einmal wissen, dass L eine Steuerkorrektur durchgeführt hat, um dies dem FA (LE) mitzuteilen. Das ist nicht zwingend der Fall.
Ausschluss des Direktanspruchs: Selbst wenn das FA (L) entsprechende Kenntnis hätte und dies dem FA (LE) mitteilen würde, könnte dieses aber den Vorsteuerabzug des LE nicht mehr rückgängig machen, wenn dessen Veranlagungen bereits bestandskräftig wären. Auch dann käme es also zu keiner Berichtigung des Vorsteuerabzugs bei LE und damit auch nicht dazu, dass LE einen Direktanspruch geltend macht. Einen Direktanspruch des LE gäbe es nach Auffassung der Finanzverwaltung ebenfalls nicht, wenn LE die betreffenden Leistungen des L nicht für sein Unternehmen bezogen hätte.