Kurzbeschreibung
Überblick über Voraussetzungen und Rechtsfolgen der Mängelansprüche beim Werkvertrag (Bauverträge nach §§ 650a - 650h BGB und Verbraucherbauverträge nach §§ 650i - 650n BGB sowie Werkverträge nach der Verdingungsordnung für Bauleistungen werden hier nicht behandelt)
Mängelansprüche bei Werkvertrag – das System
Voraussetzungen für alle Mängelansprüche sind zunächst das
1. Vorliegen eines Werkvertrags (geschuldet ist die Herstellung eines Werkes bzw. die Herbeiführung eines versprochenen Erfolges: Hausbau, Autoreparatur, Gutachtenerstellung)
2. Vorliegen eines Sach- oder Rechtsmangels an dem Werk
2.1 Sachmängel i.S.d. § 633 Abs. 2 BGB liegen vor, wenn
- das Werk nicht die zwischen Werkbesteller und Werkunternehmer vereinbarte Beschaffenheit hat,
oder mangels Beschaffenheitsvereinbarung, wenn
- das Werk sich nicht für die im Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet,
- das Werk sich nicht für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Werken der gleichen Art unüblich ist und die der Besteller nach der Art des Werkes nicht erwarten kann,
- ein anderes als das bestellte Werk oder eine andere Anzahl als die bestellte hergestellt wird.
2.2 Rechtsmängel i.S.d. § 633 Abs. 3 BGB liegen vor, wenn Dritte in Bezug auf das Werk Rechte haben und diese geltend machen können.
3. Folgende Rechte stehen dem Besteller bei Vorliegen einer der genannten Mängel zu:
3.1 Anspruch auf Nacherfüllung (§ 634 Nr. 1, § 635 BGB)
Erst wenn die Nacherfüllung scheitert, unmöglich, unzumutbar ist oder verweigert wird, kann der Besteller die folgenden Ansprüche geltend machen:
3.2 Selbstvornahme und Aufwendungsersatz (§ 634 Nr. 2, § 637 BGB)
oder
3.3 Rücktritt (§ 634 Nr. 3, §§ 636, 323 und § 326 Abs. 5 BGB)
oder
3.4 Minderung (§ 634 Nr. 3, § 638 BGB)
Kumulativ oder alternativ
Mängelansprüche des Bestellers im Einzelnen
1. Nacherfüllung (Primäranspruch)
Ist das Werk mangelhaft, gilt der Vorrang der Nacherfüllung (§ 634 Nr. 1, § 635 BGB), d.h., der Besteller muss grundsätzlich vor der Geltendmachung anderer Rechte den Verkäufer auffordern, eine Nacherfüllung vorzunehmen.
Dabei hat der Unternehmer die freie Wahl zwischen den zwei Nacherfüllungsvarianten
- Mangelbeseitigung oder
- Herstellung eines neuen Werkes
Die für die Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen trägt allein der Unternehmer (z.B. Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten, vgl. § 635 Abs. 2 BGB). Allerdings darf der Unternehmer die Nacherfüllung verweigern, wenn diese nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich oder unzumutbar ist (§ 635 Abs. 3, § 275 Abs. 2, 3 BGB).
2. Selbstvornahme, Rücktritt oder Minderung
Die Mängelansprüche "Selbstvornahme", "Rücktritt" und "Minderung" kann der Besteller grundsätzlich immer erst dann geltend machen, wenn
- eine zuvor vom Besteller gesetzte angemessene Frist zur Nacherfüllung erfolglos verstrichen ist.
Der Nacherfüllungsanspruch kann aber auch ausgeschlossen sein bzw. darf "übersprungen" werden. Eine vorherige Fristsetzung zur Leistung oder Nacherfüllung ist dann entbehrlich. Für die einzelnen Mängelansprüche gilt:
2.1 Besonderheiten bei der Selbstvornahme (§ 634 Nr. 2, § 637 BGB)
Eine Selbstvornahme ist immer dann ohne vorherige Fristsetzung zur Leistung oder Nacherfüllung möglich, wenn
Achtung: Das Recht zur Selbstvornahme entfällt, wenn der Unternehmer die Nacherfüllung wegen unverhältnismäßig hoher Kosten zu Recht verweigert hat (§ 637 Abs. 1 BGB).
Selbstvornahme bedeutet, dass der Besteller den Mangel selbst beheben kann und die dafür erforderlichen Aufwendungen vom Unternehmer ersetzt bekommt. Hierfür kann er nach § 637 Abs. 3 BGB auch einen Vorschuss verlangen.
2.2 Besonderheiten beim Rücktritt (§ 634 Nr. 3, §§ 636, 323 und § 326 Abs. 5 BGB)
Der Rücktritt vom Vertrag ist immer dann ohne vorherige Fristsetzung zur Leistung oder Nacherfüllung möglich, wenn
- eine Nacherfüllung fehlgeschlagen ist (§ 636 BGB),
- der Unternehmer die Nacherfüllung wegen unverhältnismäßig hoher Kosten verweigert (§ 636, § 635 Abs. 3),
- eine Nacherfüllung für den Besteller unzumutbar ist (§ 636 BGB),
- der Unternehmer eine Nacherfüllung von vornherein ernsthaft und endgültig verweigert (§ 636, § 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB),
- eine termin- oder fristgerechte Leistung für den Besteller wesentlich war (§ 636, § 323 Abs. 2 Nr. 2 BGB),
- besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen den sofortigen Rücktritt rechtfertigen (§ 636, § 323...