1.1 Inhalt und Bedeutung
Rz. 1
§ 196 AO schreibt vor, dass die Finanzbehörde den Umfang der Außenprüfung durch eine Prüfungsanordnung bestimmt, und verlangt, dass die Anordnung schriftlich oder elektronisch zu erteilen und mit einer Rechtsbehelfsbelehrung nach § 356 AO zu versehen ist. Aus der Vorschrift ergibt sich, dass die Verpflichtung des Stpfl. zur Duldung einer Außenprüfung im Einzelfall der Konkretisierung durch einen darauf gerichteten Verwaltungsakt bedarf.
1.2 Verhältnis zu anderen Vorschriften
Rz. 2
Verhältnis zu § 193 AO: Gegenüber wem eine Prüfungsanordnung ergehen darf, ergibt sich nicht aus § 196 AO, sondern aus den Vorschriften, die die Verpflichtung zur Duldung einer Außenprüfung in abstrakter Form begründen, in erster Linie also aus § 193 AO.
Verhältnis zu § 194 AO: Aus § 194 Abs. 1 S. 2 AO ergibt sich, dass der durch die Prüfungsanordnung zu bestimmende Umfang der Außenprüfung eine oder mehrere Steuerarten, einen oder mehrere Besteuerungszeiträume umfassen oder sich auf bestimmte Sachverhalte beschränken kann.
Verhältnis zu § 197 AO: § 197 Abs. 1 AO regelt Einzelheiten – insbesondere den Zeitpunkt – der Bekanntgabe der Prüfungsanordnung. § 197 Abs. 3 S. 1 AO schafft die Möglichkeit, bereits mit der Prüfungsanordnung die Vorlage von aufzeichnungs- oder aufbewahrungspflichtigen Unterlagen zu verlangen; dabei handelt es sich um ein Mitwirkungsverlangen i. S. v. § 200 AO, das nur äußerlich mit der Prüfungsanordnung verbunden ist. Die in § 197 Abs. 4 S. 1 AO vorgesehene Mitteilung der voraussichtlichen Prüfungsschwerpunkte an den Stpfl. lässt den durch die Prüfungsanordnung bestimmten Prüfungsumfang unberührt; sie stellt gem. § 197 Abs. 4 S. 2 AO keine Einschränkung des Prüfungsumfangs auf bestimmte Sachverhalte i. S. d. § 194 AO dar.
Verhältnis zu §§ 200, 200a AO: Da die Regelungen des § 200 AO die allgemeinen Vorschriften über die Mitwirkung des Stpfl. im Besteuerungsverfahren für den Fall einer Außenprüfung ergänzen und modifizieren, entstehen die Mitwirkungspflichten nach dieser Vorschrift erst mit der Bekanntgabe der Prüfungsanordnung gem. § 196 AO. Letztere bildet den Rahmen für die dem Stpfl. nach § 200 AO auferlegten Pflichten und steckt damit auch die Grenzen für die Zulässigkeit qualifizierter Mitwirkungsverlangen i. S. d. § 200a AO ab.
1.3 Anwendungsbereich
Rz. 3
§ 196 AO gilt für alle Arten von Außenprüfungen unabhängig davon, ob es sich um eine erstmalige Prüfungsanordnung, eine Ergänzungs- oder Erweiterungsanordnung oder eine Erstreckungsanordnung i. S. v. § 194 Abs. 2 AO handelt.
Eine Ausnahme von dem Erfordernis der Prüfungsanordnung sieht das Gesetz nur für den Fall vor, dass Feststellungen im Rahmen einer gesetzlich vorgesehenen Nachschau Anlass geben, zu einer Außenprüfung überzugehen. In diesem Fall reicht es aus, auf den Übergang zur Außenprüfung "schriftlich hinzuweisen". Wegen der damit verbundenen Regelungswirkung ist dieser Hinweis zwar ebenso wie die Prüfungsanordnung als Verwaltungsakt zu qualifizieren und unterliegt nach der Verwaltungsauffassung den für diese geltenden inhaltlichen Anforderungen. Die sich aus § 197 Abs. 1 AO für die Prüfungsanordnung ergebenden Erfordernisse finden jedoch keine Anwendung, so dass die Wirkungen der Außenprüfung mit dem Übergang eintreten. Soll die Außenprüfung allerdings über den Umfang der Nachschau hinausgehen, also z. B. andere Steuerarten oder andere Zeiträume betreffen, bedarf es einer Prüfungsanordnung i. S. v. § 196 AO.
Einer Prüfungsanordnung bedarf es auch nicht bei Fahndungsprüfungen i. S. v. § 208 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und 3 AO, da es sich dabei nicht um Außenprüfungen i. S. d. §§ 193ff. AO handelt.