2.1 Bedeutung der Prüfungsanordnung
Rz. 4
Der Wortlaut des § 196 AO bringt die Bedeutung der Prüfungsanordnung nur unvollständig zum Ausdruck. Mit der Prüfungsanordnung bestimmt die Finanzbehörde nicht nur den Umfang der Außenprüfung, sondern sie konkretisiert damit die im Gesetz in abstrakt-genereller Form umschriebene Pflicht zur Duldung von Außenprüfungen auf den Einzelfall. Mit der Prüfungsanordnung wird dem Stpfl. aufgegeben, die Außenprüfung in dem in ihr näher beschriebenen Umfang zu dulden. Die Prüfungsanordnung stellt damit die Rechtsgrundlage und unerlässliche Voraussetzung für die Durchführung einer Außenprüfung dar. Eine ohne wirksame Prüfungsanordnung oder außerhalb des darin festgelegten Prüfungsumfangs durchgeführte Außenprüfung ist nicht nur unzulässig, sondern von vornherein nicht geeignet, die rechtlichen Wirkungen einer Außenprüfung auszulösen. Zugleich trifft die Prüfungsanordnung eine verbindliche Entscheidung über die Zulässigkeit der Außenprüfung, die diese künftigem Streit entzieht. Ist die Prüfungsanordnung unanfechtbar geworden, können Rechtsbehelfe gegen die aufgrund der Außenprüfung ergehenden Steuerbescheide nicht mehr darauf gestützt werden, dass die Prüfung ganz oder teilweise unzulässig gewesen sei.
Von der Prüfungsanordnung zu unterscheiden ist der Prüfungsauftrag, mit dem ein bestimmter Außenprüfer mit der Durchführung der Außenprüfung beauftragt wird. Der Prüfungsauftrag ist eine verwaltungsinterne Anweisung ohne Rechtswirkungen gegenüber dem Stpfl. Er hat daher keine Außenwirkung und ist kein Verwaltungsakt.
2.2 Teilbarkeit der Prüfungsanordnung
Rz. 5
Nach § 196 AO bestimmt die Finanzbehörde den Umfang der Außenprüfung in "einer" Prüfungsanordnung. Dies gilt auch für den Fall, dass die Außenprüfung – wie in § 194 Abs. 1 S. 2 AO vorgesehen und in der Praxis üblich ist – mehrere Besteuerungsarten und/oder Besteuerungszeiträume umfasst. Ungeachtet der äußerlichen Zusammenfassung enthält die Prüfungsanordnung in diesem Fall für die verschiedenen Steuerarten und Besteuerungsarten selbständige Regelungen i. S. v. § 118 AO, die – weil sie auch getrennt voneinander hätten getroffen werden können – einem jeweils eigenen rechtlichen Schicksal zugänglich sind. Daher lassen rechtliche Mängel, die nur einzelne Steuerarten oder Besteuerungszeiträume betreffen – wie z. B. das Fehlen der örtlichen Zuständigkeit der erlassenden Behörde – die Rechtmäßigkeit und den rechtlichen Bestand der Prüfungsanordnung im Übrigen unberührt. Aus dem gleichen Grund kann die Einlegung oder Rücknahme von Rechtsbehelfen gegen die Prüfungsanordnung auf einzelne Steuerarten oder Besteuerungszeiträume beschränkt werden.
Nur die in diesem Sinne bestehende Teilbarkeit des Verwaltungsakts ist auch gemeint, wenn in neueren Entscheidungen des BFH und in der Literatur davon die Rede ist, dass für jede Steuerart bzw. jeden Besteuerungszeitraum ein "eigenständiger" Verwaltungsakt bzw. "eine besondere Prüfungsanordnung" ergehe. Diese Wortwahl darf nicht zu dem Fehlschluss verleiten, dass jede Steuerart und jeder Besteuerungszeitraum Gegenstand einer im Rechtssinne selbständigen Außenprüfung sei. Die Zusammenfassung mehrerer Steuerarten und Besteuerungszeiträume in einer Prüfungsanordnung hat vielmehr zur Folge, dass diese Gegenstand einer einheitlichen Außenprüfung sind.
Bedeutung hat dies insbesondere für gesetzliche Regelungen, die Rechtsfolgen für die Steuern anordnen, "auf die sich die Außenprüfung erstreckt". Diese treten für die in der Prüfungsanordnung bezeichneten Steuerarten und Besteuerungszeiträume unabhängig davon ein, ob ihr jeweiliger Anknüpfungspunkt bei allen oder nur bei einzelnen von ihnen erfüllt ist. So hängt der Eintritt der Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 4 S. 1 AO nicht davon ab, bei welcher der unter die Prüfungsanordnung fallenden Steuern vor Ablauf der Festsetzungsfrist mit der Prüfung begonnen wurde. Ebenso wenig kommt es für die Hinausschiebung der Ablaufhemmung nach § 200a Abs. 4 und 5 AO darauf an, auf welche der in der Prüfungsanordnung genannten Steuern sich das qualifizierte Mitwirkungsverlangen bezog, wegen dessen Nicht- oder Schlechterfüllung ein Mitwirkungsverzögerungsgeld festgesetzt wurde oder im Zusammenhang mit dem ein Verwaltungsakt mit Einspruch oder Klage angefochten wurde.