2.1.2.1 Angemessene Zeit vor Prüfungsbeginn
Rz. 16
Die Prüfungsanordnung, der voraussichtliche Prüfungsbeginn und die Namen der Prüfer sind dem Stpfl. angemessene Zeit vor Beginn der Prüfung bekannt zu geben. Hierdurch soll es dem Stpfl. ermöglicht werden, sich ohne unzumutbaren Aufwand auf die Prüfung einzustellen und die erforderlichen organisatorischen Vorkehrungen (z. B. Bereitstellung von Räumen und Freihaltung von Terminen) zu treffen. Obwohl der Wortlaut des § 197 Abs. 1 S. 1 AO nicht zwischen den verschiedenen Bekanntgabegegenständen unterscheidet, hat deren rechtliche Selbständigkeit zur Folge, dass der Begriff der Angemessenheit für jeden von ihnen gesondert zu beurteilen ist.
Rz. 17
Prüfungsbeginn i. S. d. § 197 Abs. 1 S. 1 AO ist der Zeitpunkt, zu dem Prüfungshandlungen unter Einbeziehung des Stpfl. beginnen. Die Aufnahme des Aktenstudiums durch den Prüfer an Amtsstelle reicht dafür nicht aus, selbst wenn darin bereits ein Beginn der Prüfung i. S. d. § 171 Abs. 4 S. 1 AO zu sehen sein kann. Dies gilt auch dann, wenn das FA dem Stpfl. mitteilt, dass die Prüfung bereits begonnen habe.
Das auf § 197 Abs. 3 AO gestützte Verlangen zur Vorlage von aufzeichnungs- oder aufbewahrungspflichtigen Unterlagen stellt ebenfalls noch keinen Beginn der Prüfung dar. Daraus, dass dieses Verlangen "mit" der – nach § 197 Abs. 1 S. 1 AO angemessene Zeit vor Beginn der Prüfung bekannt zu gebenden – Prüfungsanordnung erfolgt, ergibt sich, dass es sich dabei um eine von dem Prüfungsbeginn zu unterscheidende Vorbereitungsmaßnahme handeln muss. Das Gleiche gilt auch für die Auswertung der übermittelten Daten, solange sie ohne Einbeziehung des Stpfl. geschieht.
Rz. 18
Welche Frist vor Beginn der Prüfung angemessen ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Entsprechend ihrem Zweck (s. Rz. 16) muss sie so bemessen sein, dass sich der Stpfl. sachgerecht auf die Prüfung vorbereiten kann. Demgegenüber braucht dem Stpfl. keine Gelegenheit gegeben zu werden, bisher nicht erfüllte oder vernachlässigte Pflichten nachzuholen.
Nach § 5 Abs. 4 S. 2 BpO sind in der Regel bei Großbetrieben 4 Wochen und in anderen Fällen 2 Wochen angemessen. Dabei handelt es sich um eine Ermessensrichtlinie, von der die Finanzbehörden nach dem Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung nicht ohne triftige Gründe abweichen dürfen. Der drohende Ablauf der Festsetzungsfrist reicht hierfür im Allgemeinen nicht aus.
Unterhält der zu prüfende Stpfl. mehrere Betriebe, gilt die 4-Wochen-Frist für ihn auch dann, wenn es sich nur bei einem dieser Betriebe um einen Großbetrieb handelt. Demgegenüber gilt die 4-Wochen-Frist bei der Prüfung von konzernangehörigen Unternehmen nur für die Betriebe, die selbst die Merkmale eines Großbetriebs erfüllen.
Eine kürzere als die sich aus § 5 Abs. 4 S. 2 BpO ergebende Frist kann angemessen sein, wenn dem Stpfl. die bevorstehende Prüfung vorab mündlich oder telefonisch angekündigt wurde und dieser davon ausgehen musste, dass die Prüfung zu dem angekündigten Zeitpunkt auch beginnen würde.
Rz. 19
Die Regelung des § 197 Abs. 1 S. 1 AO gilt grundsätzlich auch für Prüfungsanordnungen, die den Prüfungszeitraum erweitern. Hier kann die Übergabe der Prüfungsanordnung aber regelmäßig mit dem Beginn der Außenprüfung zusammenfallen, da der Stpfl. keine (neuen) organisatorischen Maßnahmen zu deren Vorbereitung treffen muss. Gleiches gilt für den Fall, dass eine neue Prüfung begonnen wird, bevor die bisherige Prüfung abgeschlossen ist (Anschlussprüfung). Auch in diesem Fall braucht der Stpfl. keine über die für die bisherige Prüfung hinausgehenden organisatorischen Maßnahmen zu treffen, sodass sich seine Belastung nicht wesentlich erhöht.
Rz. 20 einstweilen frei