Dr. Zacharias-Alexis Schneider
3.1.1 Grundlagen
Rz. 4
Die Bestellung eines Vertreters gem. § 81 AO setzt voraus, dass ein Vertreter des Beteiligten nicht vorhanden ist, die Finanzbehörde nicht gem. § 156 Abs. 2 AO von der Verfahrensdurchführung absieht und ein Bestellungsgrund i. S. d. § 81 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 AO vorliegt.
Eine Bestellung eines Vertreters von Amts wegen kommt hierbei nach § 81 Abs. 1 S. 1 AO nur für ein anhängiges oder konkret beabsichtigtes steuerliches Verwaltungsverfahren in Betracht. Eine rein vorsorgliche Vertreterbestellung kann durch das berechtigte Interesse an einem zügigen und störungsfreien Verwaltungsverfahren nicht gerechtfertigt werden und ist daher unzulässig. Beteiligte am Verwaltungsverfahren sind die in § 78 AO genannten Personen oder Rechtssubjekte.
Rz. 5
§ 81 AO findet nach Abs. 1 S. 1 nur Anwendung, wenn ein handlungsfähiger Vertreter für den Beteiligten nicht vorhanden ist. Vertreter i. S. dieser Regelung sind alle Personen, die befugt sind, für den Beteiligten in Steuersachen rechtsverbindlich zu handeln, also einerseits die gesetzlichen Vertreter bzw. rechtlich gleichgestellte Vermögensverwalter oder Verfügungsberechtigte, sowie nach § 80 AO gewillkürte Vertreter. Auch soweit Betreuer oder Pfleger bestellt sind, kommt eine Vertreterbestellung nach § 81 AO nicht in Betracht. Das Vorhandensein eines Empfangsbevollmächtigten i. S. d. § 123 AO oder eines Beistandes i. S. d. § 80 Abs. 4 AO schließt dagegen die Bestellung eines Vertreters von Amts wegen nicht aus, da in diesen Fällen eine vollumfängliche Vertretung des Beteiligten nicht gewährleistet ist.
Ist ein Vertreter dem Grunde nach vorhanden, jedoch seinerseits i. S. d. § 81 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 AO verhindert, findet die Norm analoge Anwendung.
3.1.2 Beteiligte ohne gesetzliche Vertretung
Rz. 6
Nach § 79 AO haben für den handlungsunfähigen Beteiligten die gesetzlichen Vertreter zu handeln. Diese haben nach § 34 AO die eigene steuerliche Pflicht und die steuerlichen Pflichten des Vertretenen zu erfüllen. Sie sind aber insoweit nicht Verfahrensbeteiligte. Die Verfahrensbehinderung durch das Fehlen eines gesetzlichen Vertreters für handlungsunfähige – bekannte – Beteiligte kann nicht über § 81 AO beseitigt werden. Insbesondere ist die Finanzbehörde nicht befugt, entsprechend § 57 ZPO einen "Verfahrenspfleger" zu bestellen.
Die Finanzbehörde hat, sofern sie nicht nach § 156 Abs. 2 AO von der Durchführung des Besteuerungsverfahrens absehen kann, insoweit nur die Möglichkeit, für die natürliche Person bei Minderjährigen eine Vormundschaft, bei Volljährigen eine Betreuung bzw. für eine juristische Person die Bestellung eines Notvorstands bei der ordentlichen Gerichtsbarkeit anzuregen.
3.1.3 Beteiligte ohne gewillkürte Vertretung (Bevollmächtigte)
Rz. 7
§ 81 AO greift nur ein, wenn für den handlungsunfähigen Beteiligten ein "sonstiger" Vertreter, also auch ein Bevollmächtigter, nicht vorhanden ist. Der Beteiligte hat die freie Vertreterauswahl. Durch § 81 AO kann die Finanzbehörde dieses Recht nicht beschränken und dem Beteiligten einen zusätzlichen Vertreter aufzwingen. Eine Doppelvertretung kann durch § 81 AO nicht erreicht werden. Ein Vertreter i. d. S. ist nicht vorhanden, wenn eine ordnungsgemäße Vertreterbestellung fehlt bzw. der Umfang der Vertretungsmacht gesetzlich oder rechtsgeschäftlich beschränkt ist. Eine nur vorübergehende und kurzfristige Verhinderung des sonstigen Vertreters genügt dagegen nicht für die Eröffnung des Anwendungsbereichs des § 81 AO.