Rz. 150
Das Erreichen der mit dem Einsatz der RMS verbundenen Ziele (Rz. 138) ist anders als die in § 88 Abs. 5 S. 3 AO gesetzlich vorgegebenen Mindestanforderungen nicht Voraussetzung für den Einsatz eines RMS.
Im Einzelnen handelt es sich um folgende Vorgaben:
- eine ausreichende Zufallsauswahl, um ein Entdeckungsrisiko zu erzeugen;
- eine Aussteuerung zur Prüfung der entsprechenden Sachverhalte durch Amtsträger, wenn bestimmte Risikofilter anschlagen;
- die Möglichkeit, dass ein Amtsträger Steuerfälle unabhängig von der maschinellen Risikobewertung zur umfassenden Überprüfung auswerten kann;
- die regelmäßige Überprüfung der RMS auf ihre Zielerfüllung.
Die Entwicklung des Anteils vollautomatisch veranlagter Steuerbescheide wird über den Erfolg des Vorhabens zur Modernisierung der Besteuerung zu entscheiden haben. Während die Aussteuerung zur vollständigen oder teilweisen personellen Überprüfung quantifizierbar ist, sind Erkenntnisse hinsichtlich der Qualität der Rechtsanwendung und der Quote entdeckter Steuerverkürzungsversuche wohl kaum zu erlangen.
Rz. 151
Durch die Mindestanforderungen des § 88 Abs. 5 S. 3 AO wird das Verifikationsprinzip unter den besonderen Bedingungen der Risikoprüfung im Rahmen maschineller Vollzugssteuerung gesetzlich verankert.
Rz. 152 einstweilen frei
6.3.1 Gewährleistung einer hinreichenden Zufallsauswahl (Abs. 5 S. 3 Nr. 1)
Rz. 153
Auch und gerade im Rahmen des Einsatzes von RMS muss sichergestellt werden, dass strukturell der Gefahr fehlerhafter Steuererklärungen durch ein taugliches Verifikationskonzept wirksam begegnet wird und unzulängliche Erklärungen der Stpfl. mit einem angemessenen Entdeckungsrisiko verbunden sind. Nach dem Untermaßverbot dürfen auch bei risikobasierter Rechtsanwendung keine strukturell kontrollfreien Räume entstehen. Deshalb stellt die Vorgabe einer hinreichenden Zufallsauswahl sicher, dass generalpräventiv auch "unverdächtige" Fälle geprüft werden. Damit verbleibt jedem Erklärungsverhalten eines Stpfl. ein gewisses Entdeckungsrisiko.
Die Zufallsaussteuerung ist Ausdruck des Rechtsgedankens des § 85 AO, der verlangt, dass grds. jeder Fall geprüft werden muss und es keinen generellen Verzicht auf den Steuervollzug geben darf.
Einer näheren Untersuchung zu unterziehen ist die Frage, ob der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit, der neben der Deklaration auch die Verifikation der gemachten Angaben fordert, eine Mindestquote personell überprüfter Steuerfälle notwendig macht. Die Ziff. 1 und 3 des § 88 Abs. 5 S. 3 AO legen dies nahe, wenn der personellen Überprüfung durch den Gesetzgeber eine Bestandsgarantie gegeben wird. Man wird zumindest eine hinreichend große Zufallsauswahl fordern müssen, um ein nicht berechenbares und nachweisbares Entdeckungsrisiko zu erzeugen.
Rz. 154
Die Zufallsaussteuerung führt naturgemäß dazu, dass aufgrund der tatsächlichen Überprüfung eines Stpfl. gegenüber anderen, nicht geprüften Stpfl., eine Ungleichbehandlung entsteht. Diese Folge ist aber unvermeidbar und im Rahmen einer Gesamtabwägung die freiheitsschonendste Möglichkeit, um notwendige Entdeckungsrisiken zu gewährleisten und damit im Interesse einer funktionierenden Generalprävention möglichst viele Stpfl. zur Steuerehrlichkeit anzuhalten.
Rz. 155 einstweilen frei
Rz. 156
Wird der Fall zur zufälligen Prüfung durch einen Amtsträger ausgesteuert, so gibt bereits das Gesetz eine umfassende Prüfung des Steuerfalls in § 88 Abs. 5 S. 3 Nr. 1 AO vor. Die Überprüfung richtet sich dann wie üblich nach den Grundsätzen des § 88 Abs. 1 und 2 AO.
6.3.2 Prüfung der ausgesteuerten Sachverhalte (Abs. 5 S. 3 Nr. 2)
Rz. 157
Ein wichtiger Aspekt des automatisierten Risikomanagements sind die grundlegenden Aussteuerungsparameter (vgl. Rz. 140). Dabei soll die computergestützte Fallauswahl nicht allein rechnerische, sondern auch logische Unstimmigkeiten aufdecken. Dies birgt zugleich aber die Gefahr, dass die Aussteuerungskriterien zu einer "black box" aus Algorithmen werden, die weder anhand der Bindung an Recht und Gesetz überprüfbar, noch die Effektivität des Rechtsschutzes zu wahren geeignet sind.
Rz. 158
Wenn ein Fall zur Bearbeitung durch einen Amtsträger ausgesteuert wurde, sind die nach den konkreten Umständen des Einzelfalls gebotenen Ermittlungen und Prüfungen personell durchzuführen. Aussteuerungsgrund kann je nach Sachlage eine punktuelle oder auch eine umfassende Ermittlung und/oder Überprüfung sein. In Betracht kommt etwa die Festlegung bestimmter, durch Kennzahlen in den Erklärungsvordrucken zu steuernder Prüfungsschwe...