Rz. 8

Behördliche Fristen i. S. d. Abs. 1 sind Fristen, die die Finanzbehörde gesetzt hat und die ihr gegenüber eingehalten werden sollen. Nicht gemeint sind dagegen die Fristen, die die Behörde selbst einzuhalten hat.[1] Die Berechtigung der Finanzbehörde zur Fristsetzung ist meist nicht besonders im Gesetz vorgesehen[2], ergibt sich jedoch daraus, dass der Finanzbehörde die Anforderung der Erfüllung von Pflichten gegenüber Beteiligten oder Dritten eröffnet wird. Das gilt insbesondere für die Auskunfts-, Duldungs- und Mitwirkungspflichten allgemeiner oder besonderer Art.[3]

Wenn die Finanzbehörde Lauf und/oder Dauer der Frist selbst bestimmen kann, so ist die Verlängerungsbefugnis für diese Fristen an sich selbstverständlich.

 

Rz. 9

Die Präklusionsfrist nach § 364b AO, die das FA im außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren zur Begründung des Einspruchs setzen kann, ist eine behördliche Frist. Deswegen ist sie auch nach § 109 AO verlängerbar. Die von der Lit. aus § 364b Abs. 2 S. 3 AO abgeleiteten Bedenken sind m. E. haltlos. Die Anwendbarkeit des § 109 AO ist für § 364b AO nicht ausdrücklich ausgeschlossen worden. Eine Gesetzeslücke kann nicht angenommen werden. Auch sind die Regelungen der §§ 109 und 110 AO nebeneinander anwendbar[4], sodass selbst für ein grundsätzliches Nacheinander von § 109 und § 110 AO[5] kein Grund besteht. Die Auffassung der Verwaltung[6], die eine Fristverlängerung für unzulässig hält, wenn der Verlängerungsantrag erst nach Fristablauf gestellt wird, wird vom Gesetz nicht getragen. Auch steht die Regelung des § 364b Abs. 2 S. 1 AO, dass die nach Fristablauf vorgebrachten Erklärungen und Beweismittel nicht zu berücksichtigen sind, der rückwirkenden Fristverlängerung nicht im Weg.[7] Mit der Rückwirkung des § 109 Abs. 1 S. 2 AO werden bewusst die durch den Fristablauf eingetretenen Rechtsfolgen beseitigt. Die Anweisung in AEAO, zu § 364b Nr. 4, VwA 1 kann nur als Anweisung für die Ermessensausübung wirken.

[1] Ebenso Söhn, in HHSp, AO/FGO, § 109 AO Rz. 18.
[2] So aber z. B. in § 31 ErbStG für die Abgabe einer ErbSt-Erklärung.
[3] Z. B. Auskunfts- und Vorlagepflichten nach §§ 93, 97 AO.
[5] So Linssen, INF 1996, 100, 102 m. w. N.
[6] AEAO, zu § 364b Nr. 4, VwA 1.
[7] Ebenso v. Wedel, in Beermann/Gosch, AO/FGO, § 364b AO Rz. 31 f..

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Steuer Office Excellence enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge