1.1 Angleichung an das VwVfG
Rz. 1
Die Vorschriften über die Verwaltungsakte sind im Lauf der Beratungen zur AO an die entsprechenden Bestimmungen des VwVfG v. 25.5.1976 angeglichen worden. Damit sollte deutlich gemacht werden, dass auch das Steuerverfahren trotz aller Besonderheiten ein öffentlich-rechtliches Verwaltungsverfahren ist und daher grundsätzlich den Bestimmungen über das allgemeine Verwaltungsrecht unterliegt. Rspr. und Lit. zu § 35 VwVfG – der auf § 25 Abs. 1 MRVO und § 23 Abs. 1 EGGVG zurückgeht- können daher auch zur Auslegung der §§ 118ff. AO herangezogen werden. Die AO weicht vom VwVfG nur insoweit ab, als Besonderheiten des Steuerverfahrens dies erfordern. Eine gleichlautende Bestimmung ist in § 31 SGB X enthalten.
Im Zollrecht findet sich eine entsprechende Bestimmung in Art. 5 Nr. 39 UZK, die inhaltlich den Begriffsmerkmalen des § 118 AO entspricht. Eine Entscheidung in diesem Sinne ist die Handlung der Zollbehörden auf dem Gebiet des Zollrechts zur Regelung eines Einzelfalls mit Rechtswirkung für die betreffenden Person(en). Der UZK enthält darüber hinaus in Art. 22 bis 37 UZK detaillierte Vorschriften zu verschiedenen zollrechtlichen Entscheidungen. In der Sache bestehen keine Unterschiede zwischen dem VA-Begriff und dem zollrechtlichen Begriff der Entscheidung.
Rz. 1a
Entscheidung i. S. d. Art. 5 Nr. 39 UZK ist auch bei der Nacherhebung von Einfuhrumsatzsteuer ein Verwaltungsakt nach § 118 AO.
1.2 Geltungsbereich der §§ 118ff. AO
Rz. 2
Die §§ 118ff. AO gelten als allgemeine Vorschriften grundsätzlich für alle Verwaltungsakte, die im Rahmen des Besteuerungsverfahrens ergehen. Für Verwaltungsakte, die keine Steuerbescheide sind und auch nicht wie Steuerbescheide behandelt werden, gilt das unbeschränkt. Die §§ 118ff. AO sind aber grundsätzlich auch auf Steuerbescheide und solche Bescheide, die wie Steuerbescheide behandelt werden, anwendbar. Im Bereich dieser Bescheide ist die Geltung der §§ 118ff. AO jedoch teilweise ausgeschlossen.
1.3 Bedeutung des Verwaltungsakts
Rz. 3
Der Verwaltungsakt ist eines der Mittel, mit dem die Behörde im Verwaltungsverfahren die Erreichung der durch das materielle Recht gesetzten Zwecke anstrebt und das Verwaltungsrechtsverhältnis zum Bürger gestaltet, indem ein Einzelfall gegenüber dem Bürger entschieden wird. Da der Steuerverwaltung als einer Eingriffsverwaltung die anderen Rechtsinstitute des Verwaltungshandelns (öffentlich-rechtlicher Vertrag, verwaltungs-privatrechtliches und fiskalisch-bürgerlich-rechtliches Handeln) regelmäßig versperrt sind, stellt der Verwaltungsakt das Kernstück des Steuerverwaltungsverfahrens dar, mit dem die Finanzbehörde den durch die Steuergesetze vorgeschriebenen Zweck, die Durchsetzung der dem Gesetz entsprechenden Besteuerung, zu erreichen versucht. Soweit mit dem Verwaltungsakt ein Tun, Dulden oder Unterlassen des Adressaten verlangt wird, bildet der Verwaltungsakt die Grundlage der Vollstreckung (vgl. Rz. 17a). Regelmäßig wird im Steuerrecht ein Verwaltungsakt zur Festsetzung und Durchsetzung von Geldforderungen (Steuerbescheid) erlassen. Der Verwaltungsakt hat in diesen Fällen Titelfunktion. Eine Abgrenzung zu schlicht hoheitlichem Handeln hat dagegen im Steuerrecht weniger Bedeutung und wird regelmäßig nur bei der Ermittlung und Durchsetzung der Steuerforderung relevant.
Der Verwaltungsakt ist für die Finanzbehörde regelmäßig die einzige Form, in der ihr Verwaltungshandeln rechtliche Wirkung erlangt. Zum Beispiel eines öffentlich-rechtlichen Vertrags im Steuerrecht, der eine Ausnahme darstellt, vgl. Erl. bei Schwarz, in Schwarz/Pahlke, AO/FGO, zu § 224a AO.
1.4 Übersicht über die Regelung
Rz. 3a
§ 118 AO enthält die Definition des Verwaltungsakts; die Vorschrift hat insofern praktische Bedeutung, als dass das Handeln der Behörde eingeordnet wird.
Die Frage, ob ein Verwaltungsakt vorliegt, der wirksam ist, bestimmt sich dagegen nach § 125 AO. Inhalt und Bestimmtheit des Verwaltungsakts sind geregelt in den für alle Verwaltungsakte geltenden §§ 119–121 AO und in dem nur für Steuerbescheide und gleichgestellte Bescheide geltenden § 157 AO.
Das Entstehen des Verwaltungsakts in zeitlicher Hinsicht (Wirksamwerden) regelt § 124 AO i. V. m. §§ 122, 123 AO.
Die §§ 126–130, 133 AO behandeln Fragen von fehlerhaften Verwaltungsakten einschließlich der Beendigung ihrer Wirksamkeit; § 131 AO und ebenfalls § 133 AO behandeln die Beendigung der Wirkungen eines rechtmäßigen (fehlerfreien) Verwaltungsakts; § 132 AO enthält entsprechende Regelungen für das Rechtsbehelfsverfahren.