Rz. 6

Wegen der aus Art. 19 Abs. 4 GG folgenden Rechtsschutzfunktion soll die Begründungspflicht dem Stpfl. die Möglichkeit geben, zu prüfen, ob und mit welcher Begründung er gegen den Verwaltungsakt Rechtsmittel einlegt. Vor diesem Hintergrund muss dem Stpfl. mit der Begründung deutlich gemacht werden, auf welche Aspekte die Finanzverwaltung ihre Entscheidung stützt. Der Umfang der Begründung kann daher variieren. Jedenfalls muss aus der Begründung aber ersichtlich sein, auf welche Rechtsgrundlage die Verwaltung den Verwaltungsakt stützt.

 

Rz. 7

Ein Begründungsmangel liegt nicht schon vor, wenn die Begründung bloß kurz, lückenhaft oder in der Sache fehlerhaft ist, wohl aber – vgl. auch § 126 Abs. 3 AO – beim Fehlen jeglicher Ausführungen. Eine unterbliebene Begründung kann in der Einspruchsentscheidung und sogar noch bis zum Abschluss der Tatsacheninstanz eines finanzgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.[1] Hat sich aber der VA bereits vor der Einlegung des Einspruchs (etwa durch Zeitablauf) gem. § 124 Abs. 2 AO erledigt, ist eine Heilung nach § 126 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 FGO nicht mehr möglich.[2]

Das FA kann sich daher darauf beschränken, die ihre Entscheidung – d. h. den Tenor des Verwaltungsakts – maßgebend tragenden Erwägungen bekannt zu geben.[3] Dabei ist das Maß der erforderlichen Begründung jeweils im Einzelfall unter Berücksichtigung der jeweiligen individuellen Verständnisfähigkeit des Inhaltsadressaten oder Betroffenen zu bestimmen.

Zur Begründung des Verwaltungsakts gehört insbesondere die Bekanntgabe der Besteuerungsgrundlagen, auf denen der Steuerbetrag beruht.[4] Dem Stpfl. darf nicht aufgebürdet werden, nach einer Rechtsgrundlage zu suchen, um ggf. Rechtsmittel einzulegen.[5] Darüber hinaus muss die Finanzverwaltung in ihrer Begründung darlegen, warum die Voraussetzungen dieser Rechtsgrundlage aus ihrer Sicht erfüllt sind. Insbesondere bei Ermessensentscheidungen ist insoweit eine ausführlichere Begründung notwendig, um die Ermessensentscheidung für den Stpfl. verständlich zu machen.

 

Rz. 8

Bei einem Haftungsbescheid braucht der Name des Steuerschuldners nicht angegeben zu werden, wenn aus sonstigen mitgeteilten Umständen klar ersichtlich ist, für welchen Sachverhalt der Haftende in Anspruch genommen wird.[6]

Bei Verwaltungsakten, bei denen der Behörde kein Ermessensspielraum zusteht, wird die Behörde daher regelmäßig die rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen angeben müssen, von denen sie bei ihrer Entscheidung ausgegangen ist. Eine Angabe der maßgeblichen Gesetzesvorschrift kann nur genügen, wenn sich die Regelung des Verwaltungsakts aus dieser Gesetzesvorschrift klar und ohne die Notwendigkeit einer Auslegung ergibt.

Der Umfang der Begründungspflicht beschränkt sich auf die Aspekte, die für ein Verständnis der Entscheidung der Finanzverwaltung erforderlich sind. Darüber hinausgehend müssen keine Ausführungen in die Begründung aufgenommen werden. So muss sich die Begründung eines Steuerbescheids im Zusammenhang mit einer Steuerhinterziehung nicht auf strafrechtliche Aspekte beziehen, die keinen Einfluss auf die Festsetzung der Steuer haben.[7] Ausführungen zu strafrechtlichen Aspekten, aus denen sich ergibt, ob die Voraussetzungen des § 370 AO erfüllt sind, sind daher nicht erforderlich.

Bei Ermessensentscheidungen ist darüber hinaus die Angabe der wesentlichen Ermessensgesichtspunkte (Abwägung der Interessen des Beteiligten mit denen der Allgemeinheit) erforderlich, da sonst der Betroffene nicht ersehen kann, weshalb die Behörde gerade diese Ermessensentscheidung getroffen hat. Ohne eine solche Begründung der Ermessensentscheidung kann der Betroffene i. d. R. seine Rechte nicht angemessen wahrnehmen.[8] Ist aber die Steuer von einem Gesamtschuldner (etwa wegen Festsetzungsverjährung) nicht mehr zu erlangen, so entfällt mangels einer Auswahlmöglichkeit eine Ausübung des Ermessens bei der Auswahl des in Anspruch zu Nehmenden.[9]

Auch formelhafte Ausführungen über Billigkeit und Zweckmäßigkeit der Entscheidung reichen nicht aus; erforderlich ist eine den Umständen des Einzelfalls gerecht werdende individuelle Abwägung, die durch allgemeine, bei einer Vielzahl von Ermessensentscheidungen anwendbaren Ausführungen nicht ersetzt werden kann.[10]

 

Rz. 9

Die Begründung muss keine Erwägungen enthalten, auf die sich die Entscheidung des FA nicht stützt. Daher müssen keine rechtlichen Gesichtspunkte erörtert werden, die der Auffassung der Finanzverwaltung entgegenstehen.[11] Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Fürsorgepflicht des FA. Das FA braucht daher nicht alle Rechtsmeinungen darzulegen und sich dann für eine zu entscheiden. Sofern die Entscheidung für den Stpfl. verständlich ist, kann er die Aspekte, die seiner Meinung nach nicht richtig sind, angreifen. Es obliegt dem Stpfl., abweichende Rechtsmeinungen, die ihm zur Begründung seiner Auffassung zur Verfügung stehen, heranzuziehen. Ggf. muss er dazu professionelle Hilfe in Anspruch nehmen.

Dieser Grundsatz wird m. E. aber dann eingeschränkt...

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