Rz. 1
§ 126 AO entspricht § 45 VwVfG bzw. § 41 SGB X. Danach können bestimmte Verfahrens- und Formfehler nachträglich geheilt werden; die in dieser Vorschrift genannten Fehler sind meist nicht so schwerwiegend, dass es das Rechtsschutzinteresse des Beteiligten verlangen würde, den Verwaltungsakt ohne Rücksicht auf die materielle Richtigkeit aufzuheben. Ist der Verfahrens- oder Formfehler geheilt, so ist die in diesem Fehler liegende Rechtsverletzung für den Bestand des Verwaltungsakts unbeachtlich. Der Verwaltungsakt gilt aber nicht als von Anfang an rechtmäßig, vielmehr bleibt er bis zum Zeitpunkt seiner Heilung rechtswidrig. Das könnte für Amtshaftungsansprüche von Bedeutung sein.
Die Aufzählung der Fälle, in denen eine Heilung erfolgen kann, in Abs. 1 ist abschließend. Andere Fehler des Verwaltungsakts können nicht geheilt werden.
Rz. 1a
Die Heilung ist auch bei den in Abs. 1 genannten Fällen nur möglich, wenn der Verwaltungsakt nicht nichtig ist. Ein Fehler macht den Verwaltungsakt nach § 125 AO nur nichtig, wenn er besonders schwerwiegend und offenkundig ist. Ein solcher schwerwiegender und offenkundiger Fehler entzieht sich der Heilung.
Die Heilung setzt weiter voraus, dass der Verwaltungsakt nach § 124 AO wirksam geworden ist. Ein mangels Bekanntgabe nicht wirksamer Verwaltungsakt kann nicht geheilt werden.
Rz. 2
Abs. 1 Nr. 1 regelt den Fall, dass ein Verwaltungsakt nur auf Antrag erlassen werden darf, dieser Antrag aber nicht gestellt wurde. Wird der Antrag nachträglich gestellt, ist eine Aufrechterhaltung des Verwaltungsakts gerechtfertigt. Diese Vorschrift erfasst jedoch nicht den Fall, dass der Antrag erst nach Ablauf einer gesetzlichen Ausschlussfrist gestellt wird; dieser Mangel kann nicht geheilt werden. Andererseits erfasst die Vorschrift nicht den Fall, dass ein Antrag zwar gestellt, das Antragsschreiben aber nicht unterschrieben ist. Ein Antrag liegt vor, wenn er von dem Wissen und Wollen des Stpfl. erfasst wird; eine Unterschrift ist zur Wirksamkeit des Antrags auch dann nicht erforderlich, wenn der Antrag die Form einer Steuererklärung hat.
Nr. 2 lässt auch die Nachholung einer erforderlichen Begründung zu; ob eine Begründung erforderlich war, richtet sich nach § 121 AO. Von dieser Vorschrift erfasst wird auch der Fall, dass zwar eine Begründung gegeben wurde, diese aber unrichtig war; dann ist das Nachschieben einer richtigen Begründung möglich, allerdings nur bis zu der zeitlichen Grenze des Abs. 2; ist die Begründung fehlerhaft, fehlt die erforderliche, d. h. die richtige Begründung.
Zur Begründung gehört auch die Angabe der Gesetzesvorschrift, auf die sich der Verwaltungsakt stützt. Ist die falsche Rechtsnorm angegeben, handelt es sich um eine falsche und daher fehlende Begründung; dies fällt unter § 126 AO.
Eine in sich unklare, unverständliche Begründung ist ebenfalls als fehlende Begründung zu behandeln. Eine fehlerhafte Begründung ist keine fehlende Begründung im Sinne des § 126 AO.
Die Nachholung der Begründung darf nicht den sachlichen, persönlichen oder zeitlichen Regelungsbereich des Verwaltungsakts ändern.
Nach Nr. 3 kann auch die Anhörung eines Beteiligten und damit die Gewährung rechtlichen Gehörs nachgeholt werden; dem Rechtsstaatsprinzip ist Genüge getan, wenn der Beteiligte überhaupt im Lauf des Verwaltungsverfahrens angehört wird. Zum Erfordernis der Gewährung des rechtlichen Gehörs vgl. § 91 AO.
Bei Nr. 4 und 5 ist eine Aufrechterhaltung des Verwaltungsakts gerechtfertigt, da nach der Heilung alle Voraussetzungen für den Erlass des Verwaltungsakts vorliegen und er nunmehr mit gleichem Inhalt wieder erlassen werden könnte. Beide Fallgruppen werden im Steuerrecht nur selten vorkommen; ein Beispiel für die notwendige Mitwirkung einer Behörde bietet etwa § 191 Abs. 2 AO, da die Berufskammer als Körperschaft des öffentlichen Rechts unter den Begriff der Behörde in Nr. 5 fällt.