Rz. 1
§ 138b AO wurde durch das Gesetz zur Bekämpfung der Steuerumgehung und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften eingeführt. Die Vorschrift regelt eine Mitteilungspflicht an das FA für "Finanzdienstleister", wenn durch sie eine Beziehung eines inländischen Stpfl. zu Gesellschaften außerhalb der EU und EFTA herstellt oder vermittelt wird.
Ein mitteilungspflichtiger Sachverhalt ist gegeben,
- wenn der Finanzdienstleister aktiv beteiligt ist, wenn der inländische Stpfl. entweder allein oder zusammen mit nahestehenden Personen i. S. d. § 1 Abs. 2 AStG erstmals unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss auf die gesellschaftsrechtlichen, finanziellen oder geschäftlichen Angelegenheiten einer Drittstaat-Gesellschaft ausüben kann oder
- wenn der inländische Stpfl. zur Drittstaat-Gesellschaft eine Beziehung erlangt, wodurch dieser eine unmittelbare Beteiligung von mindestens 30 % am Kapital oder am Vermögen erlangt und der "Finanzdienstleister" diese Beziehung hergestellt oder vermittelt hat und über frühere miteinzubeziehende Erwerbe Kenntnis hat oder Kenntnis darüber haben musste.
Eine vorsätzliche oder leichtfertige Verletzung der Mitteilungspflicht nach § 138b AO kann als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße von bis zu 25.000 EUR geahndet werden.
Rz. 2
Anlass für die Einführung der Regelung war die journalistische Veröffentlichung der sog. "Panama-Papers", durch die sich herausstellte, dass in erheblichem Umfang Domizil- oder Briefkastengesellschaften in niedrig besteuernden Drittländern mithilfe eines panamaischen Offshore-Dienstleisters gegründet worden waren. Die geschaffenen Strukturen wurden zur Verschleierung von Zahlungsflüssen und von Vermögensverhältnissen genutzt und dienten der Steuerhinterziehung oder Steuerumgehung.
Durch § 138b AO sollen der Finanzverwaltung Kenntnisse über die Beteiligung bzw. Einflussnahme inländischer Stpfl. in Bezug auf Drittstaaten-Gesellschaften verschafft werden. Die Finanzverwaltung kann die tatsächlichen Verhältnisse nur zutreffend besteuern, wenn sie auch die erforderlichen Kenntnisse darüber hat; insofern dient die Regelung der Sicherstellung einer gleichmäßigen Besteuerung.
Die Vorschrift ergänzt die Mitteilungspflichten inländischer Stpfl. gem. § 138 Abs. 2 AO. In Bezug auf dieselben Sachverhalte werden mehrere Personen zur Anzeige verpflichtet – der an der Drittstaaten-Gesellschaft erstmals beteiligte oder darauf Einfluss nehmende inländische Stpfl. und das Finanzdienstleistungsinstitut, das die Beziehung hergestellt oder vermittelt hat. Durch § 138b AO werden insbesondere die Anzeigepflichten inländischer Stpfl. nach § 138 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 und Nr. 4 AO ergänzt. Insoweit wird ein Kontrollmechanismus durch die Verpflichtung mehrerer Anzeigeverpflichteter geschaffen. Indem auch "Finanzdienstleister" Mitteilungspflichten unterliegen, vergrößert sich das Entdeckungsrisiko für inländische Stpfl. , mit der Steuerumgehung und -verkürzung dienenden Gestaltungen bzw. der Nutzung von funktionslosen Domizil- oder Briefkastengesellschaften aufzufallen. Ob tatsächlich das Sinn und Zweck der Regelung tatsächlich erreicht wird, wird z. B. aufgrund der Einschränkung des Kreises der Anzeigeverpflichteten kritisch gesehen, der auf Finanzdienstleister i. S. d. § 2 Abs. 1 Nr. 1–3 und 6 des GwG beschränkt ist. Nicht betroffen von den Mitteilungspflichten sind etwa Rechtsanwälte, Notare, Steuerberater und Steuerbevollmächtigte, Dienstleister oder Treuhänder, die Beziehungen zu Drittstaatengesellschaften für Stpfl. herstellen oder vermitteln. Denkbar ist jedoch, dass die der mitteilungsverpflichtete Personenkreis durch zukünftige Gesetzgebungsmaßnahmen erweitert wird, wie im Gesetzgebungsverfahren bereits erörtert wurde. Längerfristig könnte zudem ein internationaler Informationsaustausch angestrebt werden, so dass sich grenzüberschreitend die Steuerbehörden verpflichten, der Regelung des § 138b AO entsprechende Regelungen auf die im jeweiligen Hoheitsgebiet ansässigen Stpfl. anzuwenden und die Ergebnisse an andere Staaten zu melden.
Rz. 3
Die Regelung ist erstmals auf Sachverhalte anzuwenden, die nach dem 31.12.2017 verwirklicht worden sind. Bei Dauersachverhalten, die bereits vor dem 31.12.2017 bestanden und über diesen Stichtag andauern, besteht keine Mitteilungspflicht.