2.1 Bestehen einer gesetzlichen Pflicht
Rz. 3
Die Buchführungs- und Aufzeichnungspflicht muss sich aus einem Gesetz ergeben, d. h. nach § 4 AO aus einer Rechtsnorm. Hierbei muss es sich um solche Rechtsnormen handeln, die in der Bundesrepublik Deutschland Geltung haben. Dies kann ein Gesetz im formellen oder materiellen Sinne sein, sodass auch Verordnungen die jeweilige Pflicht begründen können. Unerheblich ist, ob es sich hierbei um bundes- oder landesrechtliche Rechtsnormen handelt. Kommunale Steuersatzungen sind hingegen nur dann ausreichend, wenn sie auf einer landesrechtlichen Ermächtigung der Kommune beruhen. Hat sich jemand zur Buchführung vertraglich verpflichtet, fällt diese Verpflichtung nicht unter § 140 AO, da keine gesetzliche Verpflichtung besteht.
Rz. 4
Ob auch ausländische Rechtsnormen über § 140 AO zu einer steuerlichen Pflicht nach der AO transformiert werden können, war und ist umstritten, aber letztlich wohl abzulehnen, obwohl der BFH in der Zwischenzeit diese Ansicht vertritt. Unstrittig unter den Begriff der Rechtsnorm fällt aber eine Richtlinie der EU, wenn diese unmittelbar anzuwendendes Recht ist. In einer Entscheidung v. 25.6.2014 hat der BFH bereits allerdings entschieden, dass für einen atypisch stillen Beteiligten an einer ausländischen Kapitalgesellschaft, die nach den ausländischen Rechtsnormen zur Bilanzierung verpflichtet ist, kein Wahlrecht im Inland zur Überschussrechnung besteht. Welche Konsequenzen sich aus dieser Entscheidung im Hinblick auf die Buchführungspflicht ergeben, war noch offen. In einem weiteren Verfahren hat sich der BFH zu dieser Frage nicht geäußert, da sie seiner Ansicht nach nicht entscheidungsrelevant war.
Deutlich wurde der BFH dann jedoch in einer weiteren Entscheidung vom 14.11.2018. Hiernach soll bei einer ausländischen Immobilienkapitalgesellschaft, die nach liechtensteinischem Recht zur Buchführung verpflichtet ist, eine solche Pflicht auch im Inland bestehen. Die ausländische Norm soll nur dann keine Wirkung entfalten, wenn sie gegen den allgemeinen Rechtsgrundsatz des ordre public verstößt. Diese Rechtsauffassung überzeugt nicht, obwohl der BFH sie in der Zwischenzeit bestätigt hat.
Rz. 5
Verwaltungsanordnungen oder sonstige Richtlinien (z. B. Richtlinien zur Organisation der Buchführung v. 11.11.1937, Ministerialblatt für Wirtschaft 1937, 240) ohne Normcharakter können eine Rechtspflicht zur Buchführung mit den daraus resultierenden Folgen insbesondere bei Verletzung der Pflichten nicht begründen.
Rz. 6
Soweit Land- und Forstwirte zwecks Inanspruchnahme staatlicher Förderungsmittel nach den einzelbetrieblichen Förderungsprogrammen der Bundesregierung oder der Landesregierungen verpflichtet sind, für einen bestimmten Zeitraum Bücher zu führen und Abschlüsse zu machen und der zuständigen Landwirtschaftsbehörde alljährlich den Buchführungsabschluss in der vorgeschriebenen Form vorzulegen (sog. Auflagenbuchführung), begründet diese allein auf Verwaltungsvorschriften beruhende Verpflichtung für sich allein keine Buchführungspflicht i. S. v. § 140 AO.
2.2 Rechtspflicht
Rz. 7
Aufgrund des Gesetzes muss der Stpfl. Bücher und Aufzeichnungen zu führen haben, d. h., es muss eine Rechtspflicht auferlegt werden. Sollvorschriften sind nicht ausreichend, um eine solche zu begründen.