4.1 Normadressat
Rz. 19
Die Buchführungs- und Aufzeichnungspflicht besteht für den Adressaten der jeweiligen Rechtsnorm bzw. dessen gesetzlichen Vertreter. Die Pflichtenstellung geht auf einen Gesamt- oder Einzelrechtsnachfolger des Steuerpflichtigen über. Im Fall der Insolvenzeröffnung über das Vermögen des Normadressaten bleibt diese Rechtspflicht erhalten, sie ist jedoch von einem Insolvenzverwalter zu erfüllen.
Rz. 20
Bei der Buchführungs- und Aufzeichnungspflicht handelt es sich nicht um eine höchstpersönliche Pflicht (s. Vor §§ 140–148 AO Rz. 19). Der Stpfl. kann sich deshalb, insbesondere wenn er nicht über die erforderlichen Kenntnisse verfügt, einer geeigneten Hilfsperson als Erfüllungsgehilfen bedienen. Allerdings hat sich der Stpfl. ggf. schuldhaft pflichtwidriges Verhalten dieses Erfüllungsgehilfen entsprechend § 278 S. 1 BGB zurechnen zu lassen, ohne sich insoweit exkulpieren zu können. Die Führung von Büchern und Aufzeichnungen ist, sofern diese vom Stpfl. nicht im eigenen Betrieb erfolgt, Hilfeleistung in Steuersachen, die nur eingeschränkt erlaubt ist.
4.2 Beginn und Ende der Buchführungspflicht
Rz. 21
Anders als nach § 141 Abs. 2 AO sind Beginn und Ende der Buchführungs- oder Aufzeichnungspflicht i. S. v. § 140 AO nicht von einem Handeln der Finanzbehörde abhängig. Beides richtet sich ausschließlich nach den die Rechtspflicht begründenden Vorschriften. Für Kaufleute z. B. beginnt die Buchführungspflicht nach § 1 HGB schon durch die Aufnahme des Handelsgewerbes bzw. mit der Eintragung ins Handelsregister. Für juristische Personen des Privatrechts beginnt die Pflicht zwar grundsätzlich erst mit Eintragung in das Handelsregister, da die Gesellschaft als solche erst mit der Eintragung entsteht. Allerdings ist zu beachten, dass auch schon die Vorgesellschaft grundsätzlich buchführungspflichtig ist. Fraglich kann der Beginn der Buchführungspflicht bei einem gewerblichen Grundstückshändler sein.
Rz. 22
Die Buchführungs- und Aufzeichnungspflicht endet kraft Gesetzes mit dem Wegfall der pflichtbegründenden Rechtsstellung bzw. bei Kaufleuten kraft Eintragung mit der Löschung im Handelsregister. Vorübergehende, insbesondere saisonbedingte Veränderungen des Unternehmens haben hingegen keinen Einfluss auf die Kaufmannseigenschaft und damit auch auf die Buchführungspflicht.
4.3 Mindesterfordernisse
Rz. 23
Unabhängig von Einzelbestimmungen in den jeweiligen Gesetzen geben die §§ 145–147 AO Mindesterfordernisse hinsichtlich der technischen Durchführung und Aufbewahrung der Buchführung. Eine besondere Form der Buchführung ist allerdings nicht gesetzlich vorgeschrieben. Die Mindesterfordernisse müssen aber in jedem Fall, gleichgültig welche Aufzeichnungsform der Stpfl. im Einzelfall wählt, erfüllt sein. Sind die Aufbewahrungsfristen nach den allgemeinen Gesetzen kürzer als die steuerrechtlichen, so sind die kürzeren Fristen auch für das Steuerrecht maßgeblich. Die handelsrechtlichen Aufbewahrungsfristen der §§ 257ff. HGB decken sich aber im Wesentlichen mit den steuerlichen Aufbewahrungsfristen des § 147 AO. Die in der Vergangenheit geplante Verkürzung zumindest der handelsrechtlichen Aufbewahrungsfristen ist hierbei vorerst gescheitert. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten. Ein Auseinanderfallen der steuerlichen und der handelsrechtlichen Aufbewahrungsfristen wäre gleichwohl als wenig sinnvoll anzusehen.