4.1 Ermittlung der Bezugsgröße
Rz. 19
Nach § 141 Abs. 1 AO kann die Höhe des Umsatzes, des Gewinns oder des Vermögens Anknüpfungspunkt für die Begründung der Buchführungspflicht sein. Diese Bezugsgrenzen für die Begründung der Pflicht zur Buchhaltung sind alternativ zu sehen. Die Überschreitung bereits eines einzigen Werts begründet grundsätzlich die Buchführungspflicht. Auch das einmalige Überschreiten rechtfertigt es nach dem Wortlaut des § 141 AO für die Finanzbehörde nicht, eine Befreiung gem. § 148 AO zu erteilen. Die Verwaltung ist nicht befugt, das einmalige Überschreiten der gesetzlich gezogenen Grenzen für unbeachtlich zu erklären oder das Folgejahr abzuwarten, um zu sehen, ob die Voraussetzungen auch dann erfüllt sind. Allerdings sieht der AO-Anwendungserlass vor, dass bei einem nur einmaligen Überschreiten der Grenzen auf Antrag eine Befreiung nach § 148 AO gewährt werden soll, sodass sich ein Stpfl. gegenüber der Finanzverwaltung auf den AO-Anwendungserlass berufen kann, da dieser ein Ausdruck der Selbstbindung der Verwaltung ist.
Rz. 19a
Die Bezugsgröße ist nach dem jeweiligen Einzelsteuergesetz zu ermitteln. Die Grenzen gelten auch nach der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens weiter, da nach der Eröffnung die Buchführungspflicht nicht erlischt, sondern nur auf den Insolvenzverwalter übergeht.
4.2 Gewerbliche Unternehmer
4.2.1 Umsatz
Rz. 20
Bei gewerblichen Unternehmern ergibt sich die Buchführungs- und Bilanzierungspflicht stets, wenn der Umsatz mehr als 800.000 EUR betragen hat. Maßgeblich ist zunächst grundsätzlich der steuerbare Umsatz. Dies ist nach der Neufassung des Gesetzes durch das Gesetz zur Modernisierung der der Entlastung von Abzugsteuern und der Bescheinigung der Kapitalertragsteuer der Gesamtumsatz nach § 19 Abs. 3 UStG. Nach Ansicht des BFH sind zudem auch die nicht steuerbaren Auslandsumsätze einzubeziehen. Die Höhe des Umsatzes ist ggf. zu schätzen. Die Umsatzgröße von nunmehr 600.000 EUR stimmt mit der Umsatzgröße nach § 241a HGB überein, der – allerdings nur für Einzelkaufleute – die Möglichkeit eröffnet, auf einen handelsrechtlichen Jahresabschluss zu verzichten. Auch dieser Wert wurde durch das Wachstumschancengesetz angehoben.
Rz. 21
Zugrunde zu legen ist für § 141 Abs. 1 Nr. 1 AO der Umsatz in dem jeweiligen Betrieb (s. Rz. 13ff.). Aus der Objektbezogenheit der Buchführungspflicht folgt, dass die Umsätze aus mehreren Betrieben nicht zusammengerechnet werden dürfen. Der für die Feststellung der Buchführungspflicht erhebliche Zeitraum ist das Kj. Bei abweichendem Wirtschaftsjahr muss der maßgebliche Umsatz aus den Voranmeldungen des Kalenderjahres ermittelt werden. Bei einem Dauerverlustbetrieb einer juristischen Person des öffentlichen Rechts soll allein das Überschreiten der Umsatzgrenze nicht zu einer Buchführungspflicht führen, wenn dieser mangels Gewinnerzielungsabsicht nicht als gewerbliches Unternehmen anzusehen ist.
4.2.2 Gewinn
Rz. 22
Bei gewerblichen Unternehmern wird eine Buchführungspflicht auch dann begründet, wenn ein Gewinn aus Gewerbebetrieb von mehr als 80.000 EUR vorliegt. Die entsprechende handelsrechtliche Grenze bei einer Anwendung des § 241a HGB beträgt einen Jahresüberschuss von 80.000 EUR. Auch diese gilt nach § 241a HGB allerdings nur für Einzelkaufleute. Die beiden Bezugsgrößen des Erfolgs, der Gewinn aus Gewerbebetrieb nach Steuerrecht und der Jahresüberschuss nach Handelsrecht sind damit an dieser Stelle nicht aufeinander abgestimmt.
Rz. 23
Der Gewinn ist zu beziehen auf das Wirtschaftsjahr. Maßgeblich ist der nach § 4 Abs. 3 EStG bzw. bei freiwillig buchführenden Gewerbetreibenden der nach § 5 EStG ermittelte steuerliche Gewinn. Nach ...