2.1 Grundsatz der Gestaltungsfreiheit
Rz. 12
§ 145 Abs. 2 AO gibt die allgemeine Grundlage für die an Aufzeichnungen zu stellenden Anforderungen. Die technische Durchführung der Aufzeichnungen hat sich an dem Zweck zu orientieren, den diese für die Besteuerung erfüllen sollen. Der Aufzeichnungspflichtige hat für zweckentsprechende Gestaltung Sorge zu tragen. Darüber hinaus können aber, soweit nicht weitere Anforderungen normiert sind, seitens der Finanzbehörde keine Ansprüche gestellt werden. Der Aufzeichnungspflichtige hat demgemäß hinsichtlich der Art und Weise der Aufzeichnungen eine weitgehende Gestaltungsfreiheit.
Rz. 13
Die Freizügigkeit in der technischen Gestaltung gilt in gleicher Weise für die Buchführung. § 145 Abs. 1 AO nennt den Zweck der Buchführung für die Besteuerung, nämlich einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und die Vermögenslage des Unternehmens zu vermitteln. Hierbei muss die technische Durchführung so gestaltet sein, dass dieser Überblick von einem sachverständigen Dritten in angemessener Zeit gewonnen werden kann (s. Rz. 15). Darüber hinausgehende Anforderungen, soweit nicht in §§ 146, 147 AO Sonderregelungen getroffen sind, können nicht gestellt werden. Durch die Orientierung am Zweck schafft das Gesetz eine Zumutbarkeitsgrenze. Der Entscheidungsspielraum des Buchführungspflichtigen hinsichtlich der Systemwahl (einfache oder doppelte Buchführung), aber auch der technischen Ausgestaltung (z. B. Loseblatt-, Durchschreibebuchführung, Offene-Posten-Buchführung, DV-gestützte Buchführung usw.) wird nicht eingeschränkt. Gleiches gilt für die handelsrechtliche Buchführung nach §§ 238ff. HGB.
2.2 Grundsatz der Übersichtlichkeit
2.2.1 Verfolgbarkeit der Geschäftsvorfälle
Rz. 14
Der Zweck der Buchführung, einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Vermögenslage des Unternehmens zu geben (s. Rz. 13), erfordert zwangsläufig die Übersichtlichkeit des Buchführungswerks. § 145 Abs. 1 S. 2 AO bestimmt, dass die einzelnen Geschäftsvorfälle in ihrer Entstehung und Abwicklung verfolgbar sein müssen. Die Verfolgbarkeit muss vom Beleg bis zur Bilanz des jeweiligen Wirtschaftsjahres und umgekehrt durch das jeweilige Buchführungssystem gewährleistet sein.
2.2.2 Überschaubarkeit für sachverständige Dritte
Rz. 15
Die Darstellung der Geschäftsvorfälle und der Vermögenslage muss nach § 145 Abs. 1 S. 1 AO so gestaltet sein, dass sich ein sachverständiger Dritter innerhalb angemessener Zeit einen Überblick verschaffen kann. Diese Formulierung findet sich auch in § 238 Abs. 1 S. 2 HGB. Im Hinblick auf die Kompliziertheit des Buchführungswesens ist für den Grundsatz der Übersichtlichkeit nicht auf das Laienverständnis abzustellen, sondern auf den fachlichen Sachverstand von Personen, die aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit mit derartigen Fragen befasst sind. Sachverständige Dritte i. d. S. sind also vornehmlich Buchhalter, die Angehörigen der steuerberatenden Berufe, Wirtschaftsprüfer sowie die für Kontrollzwecke eingesetzten Amtsträger der Finanzbehörde, insbesondere die zur Außenprüfung eingesetzten Betriebsprüfer. Maßgeblich ist insoweit ein durchschnittlicher Sachverstand. Allerdings führen allein Steuerrechtskenntnisse für sich allein noch nicht dazu, dass Sachverstand angenommen werden kann. Gleiches gilt für den Bereich des Handelsrechts.
Rz. 16
Der überprüfende sachverständige Dritte muss in der Lage sein, sich diesen Überblick über die Geschäftsvorfälle und die Vermögenslage allein und ohne fremde Hilfe zu verschaffen. Er muss die Geschäftsvorfälle aufgrund des Buchführungswerks in ihrer Entstehung und Abwicklung, also über den Beleg bis zur Bilanz und umgekehrt (s. Rz. 8), ohne Schwierigkeiten und eindeutig verfolgen können. Auch die Inventur gehört hierzu.
Rz. 17
Der Grundsatz der Übersichtlichkeit wird aber nicht dadurch verletzt, dass einzelne Nachfragen beim Buchführungspflichtigen oder dessen Beauftragten erforderlich werden. Das Grundprinzip des Buchführungswerks muss jedoch eindeutig festliegen und überschaubar sein, sodass jeder Geschäftsvorfall nachvollzogen werden kann. Es müssen auch Maschinendiagramme, Programme und ausreichende Laufzeiten ...