1 Allgemeines
Rz. 1
§ 146 AO konkretisiert die steuerrechtlichen Anforderungen an die Führung von Büchern und sonstigen Aufzeichnungen. Die Regelung geht im Wesentlichen zurück auf § 162 RAO. Die letzten wesentlichen Änderungen der Bestimmung sind durch das Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen v. 22.12.2016 und das Jahressteuergesetz 2020 v. 21.12.2020 erfolgt. Die letzte Änderung durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/514 des Rates vom 22.3.2021 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Modernisierung des Steuerverfahrensrechts vom 20.12.2022 hat die Verlagerung der digitalen Buchführung in mehrere Länder der EU oder Drittstaaten ermöglicht.
Die Regelung gibt einzelne Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung wieder. Bei diesen handelt es sich um Ordnungskriterien. Im Einzelnen normiert § 146 AO allgemeine Ordnungskriterien, den Ort der Aufbewahrung der Bücher und sonstigen Aufzeichnungen im Inland, Ausnahmen von dieser Pflicht zur Aufbewahrung im Inland, die Sprache der Buchungen, das Verbot von Veränderungen der Buchungen, die Zulässigkeit einer elektronischen Buchführung sowie die Anwendbarkeit der Ordnungsvorschriften bei freiwilliger Führung von Büchern und Aufzeichnungen. Zudem findet sich in § 146 Abs. 2c AO die Rechtsgrundlage für das Verzögerungsgeld.
Zu einzelnen Aspekten des § 146 AO hat sich die Finanzverwaltung geäußert.
Rz. 2
Nur bei Einhaltung der Ordnungskriterien kann die Beweiswirkung der Buchführung nach § 158 AO eingreifen. Steuerrechtliche Konsequenz eines Verstoßes gegen die einzelnen Ordnungskriterien ist insbesondere eine mögliche Schätzung der Besteuerungsgrundlagen. Die Einhaltung der Kriterien kann von der Finanzbehörde aber nicht mittels eines gesonderten Verwaltungsakts angeordnet werden, sodass eine Grundlage für die Erzwingung mittels eines Zwangsmittels nach §§ 328ff. AO nicht geschaffen werden kann. Der Verstoß gegen diese Ordnungskriterien kann ggf. als Steuergefährdung angesehen werden, wenn unrichtige Buchungen (s. Rz. 5) erfolgen.
Rz. 3
Grundlage einer ordnungsgemäßen Buchführung ist stets der Beleg für die einzelne Buchung. Fehlt der nach § 147 AO aufzubewahrende Beleg, ist die Buchführung nicht ordnungsgemäß. Einer der klassischen Merksätze der Buchführung lautet nicht ohne Grund: Keine Buchung ohne Beleg. Zur Aufbewahrungspflicht der Belege bei der Einnahme-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG vgl. BFH v. 15.4.1999, VI R 68/98, BStBl II 1999, 481; aber auch einschränkend BFH v. 12.2.2020, X R 8/18, BFH/NV 2020, 1045; FG München v. 24.2.2005, 11 K 4057/00, HI1608268; BFH v. 7.2.2008, X B 189/07, HI1936713 S. a. Dißars, in Schwarz/Pahlke/Keß, AO/FGO, § 147a Abs. 1 AO normiert eine besondere Pflicht zur Aufbewahrung von Aufzeichnungen bei Stpfl. mit "hohen" Überschusseinkünften. § 147a Abs. 2 AO beinhaltet nunmehr eine besondere Aufbewahrungspflicht für Unterlagen im Zusammenhang mit einer Gesellschaft in einem Drittstaat.
2 Allgemeine Ordnungskriterien
2.1 Vollständige Buchung
Rz. 4
Nach § 146 Abs. 1 S. 1 AO sind Buchungen und Aufzeichnungen vollständig vorzunehmen. Die Vorschrift kodifiziert damit einen wesentlichen Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung. Sämtliche Geschäftsvorfälle müssen aus dem Buchführungswerk lückenlos