Rz. 1
Die Vorschrift, eingefügt durch Art. 3 Nr. 3 des Steuerhinterziehungsbekämpfungsgesetzes v. 29.7.2009, begründet in Abs. 1 S. 1 erstmalig eine eigenständige Aufbewahrungspflicht für diejenigen Stpfl., die höhere Überschusseinkünfte beziehen (s. Rz. 4). In diesen Fällen ist die allgemeine Bestimmung des § 147 AO zur Aufbewahrung deshalb nicht anwendbar, da keine kodifizierte Aufzeichnungspflicht besteht. Faktisch oblag dem Stpfl. allerdings bereits zuvor eine Aufzeichnungsobliegenheit, zumindest in Form einer Belegsammlung, um den Nachweis der als Werbungskosten geltend gemachten Aufwendungen erbringen zu können oder eine Schätzung des Überschusses nach § 162 AO wegen mangelnder Nachvollziehbarkeit der Angaben zu vermeiden. Für diese "Aufzeichnungen" gelten allerdings die Regelungen der §§ 145, 146 AO hinsichtlich der Form und Ordnung nicht. Eine Aufzeichnungspflicht wird auch nicht durch § 147a Abs. 1 AO begründet, sondern diese Regelung verpflichtet lediglich zur Aufbewahrung dieser Unterlagen, um eine steuerliche Prüfbarkeit der Angaben zu ermöglichen.
Rz. 2
§ 147a Abs. 1 S. 6 AO eröffnet zudem der Finanzbehörde die Möglichkeit, bei einer Verletzung der im Verweis genannten Mitwirkungspflichten eine Aufbewahrungspflicht durch Verwaltungsakt zu begründen (s. Rz. 11). Nach § 22 Abs. 2 EGAO i. V. m. § 5 der SteuerhinterziehungsbekämpfungsVO v. 18.9.2009 war § 147a AO erstmals für Besteuerungszeiträume anzuwenden, die nach dem 31.12.2009 begonnen haben, wobei für die Höhe der Überschusseinkünfte (s. Rz. 5) der Besteuerungszeitraum 2009 maßgebend war. Durch das Gesetz zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb und zur Änderung weiterer Gesetze vom 25.6.2021 wurde hierbei der Verweis dahingehend geändert, dass nunmehr auf § 12 Abs. 3 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb verwiesen wird.
Rz. 2a
Die Regelung des § 147a Abs. 1 AO ist insgesamt sehr kritisch zu sehen, da der Gesetzgeber anscheinend bei vermögenden Personen ein erhöhtes Risiko einer Steuerhinterziehung sieht. Dies ist bedenklich. Anzumerken ist auch, dass hohe Einkünfte nicht zwingend mit einer erhöhten Komplexität einher gehen müssen, die es erforderlich machen, die Einkünfte auch in einem größeren Abstand von der Einreichung der Steuererklärung noch einer besonderen Prüfung zu unterziehen. Gleichwohl wird man trotz allem von einer Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung auszugehen haben. Diese Ansicht vertritt auch der BFH. Auch eine Vereinbarkeit mit Europarecht ist anzunehmen.
Rz. 2b
Durch das Gesetz zur Bekämpfung der Steuerumgehung und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften v. 23.6.2017 wurde der Regelung ein neuer Abs. 2 angefügt. Dieser steht im Zusammenhang mit der Bekämpfung von Steueroasen (zu Einzelheiten s. Rz. 19ff.). § 147a Abs. 1 und Abs. 2 AO steht nur bedingt in einem Sachzusammenhang. Insofern wäre es sinnvoller gewesen, die beiden Regelungen in unterschiedlichen Paragrafen zu normieren. Die Verfassungsmäßigkeit von § 147a Abs. 2 AO wird kritisch gesehen. Trotz einiger Mängel dürfte die Norm gleichwohl noch als verfassungsgemäß anzusehen sein.
Rz. 2c
Eine Änderung des § 147a AO ist durch das Gesetz zur Umsetzung der DAC 7 Richtlinie erfolgt. Die Änderungen sind Folgeänderungen aufgrund der Änderung des § 147 AO durch dieses Gesetz.
Die vorerst letzte Änderung erfolgte durch das Wachstumschancengesetz. Hierbei wurde der Verweis in § 147a Abs. 2 Satz 3 AO von § 147 Abs. 3 Satz 3 AO auf Satz 5 im Wege einer Folgeänderung angepasst. Zudem wird mit Wirkung ab 1.1.2027 der Betrag an positiven Einkünften nach § 147a Abs. 1 AO auf 750.000 EUR erhöht.