Rz. 3

Der Gesetzgeber hat im Steuerrecht vielfach den Begriff des bzw. der Angehörigen durch ähnliche Begriffe ersetzt. Insbesondere hat er durch Zusammensetzungen von Wörtern mit dem Wort "Angehörige" neue Begriffe gebildet. So ist der Begriff der Familienangehörigen wie in § 12 Nr. 1 EStG oder nächste Angehörige in § 58 Nr. 6 AO ein eigenständiger Begriff, wie auch der der nahestehenden Person.[1] An anderen Stellen sehen die Steuergesetze Erweiterungen oder Einengungen des Begriffs der Angehörigen i. S. d. § 15 AO vor, indem einzelne aus der Aufzählung der Angehörigen in § 15 AO ausgenommen oder die Gruppe der unter § 15 AO fallenden Personen durch Nennung weiterer Personengruppen oder durch enumerative Aufzählung der gemeinten Personen ausgedehnt wird. Als Beispiele seien § 32 EStG, § 3 GrEStG und § 15 ErbStG genannt.

All diese gesetzlichen Abweichungen sind durch den Sinn der abweichenden gesetzlichen Vorschrift begründet und begründen einen Vorrang vor der Regelung des § 15 AO.[2]

 

Rz. 4

Durch Auslegung hat die höchstrichterliche Rechtsprechung vielfach eine im Gesetz selbst nicht vorgesehene Modifikation des Angehörigenbegriffs nach § 15 AO vorgenommen, indem die Rechtsprechung für "nahe Angehörige" Besonderheiten gefordert hat. Hierunter sollen die Ehegatten, Kinder und Enkelkinder, Eltern, Großeltern, Geschwister, Schwiegereltern und Schwiegerkinder gehören. Dabei können die Kinder erwachsen oder minderjährig sein.[3]

In der Rechtsprechung wird insbesondere zu der Frage Stellung genommen, ob und unter welchen Voraussetzungen Miet-, Arbeits- und Darlehensverträge und ähnliche Schuldverhältnisse unter Angehörigen rechtsmissbräuchlich oder von besonderen Voraussetzungen wie z. B. von einer Schriftform abhängig sind. Da i. d. R. Angehörige i. S. d. § 15 AO gemeint sind, wird nicht immer deutlich, ob genau dieser Angehörigenbegriff gemeint ist oder ein engerer.[4] Auch in diesen Fällen kann nicht unmittelbar auf § 15 AO zurückgegriffen werden.[5]

[2] Ebenso Musil, in HHSp, AO/FGO, § 15 AO Rz. 5; Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 15 AO Rz. 2.
[4] Vgl. dazu die Zusammenstellungen von Schwarz, in Schwarz/Pahlke, AO/FGO, § 42 AO Rz. 96-112; weitere Beispiele bieten mehrere Entscheidungen des BFH v. 10.12.2003, IX R 44/98, BFH/NV 2004, 1265; BFH v. 10.12.2003, IX R 41/01, BFH/NV 2004, 1267; BFH v. 10.12.2003, IX R 22/03, BFH/NV 2004 ,1268 sowie BFH v. 17.12.2003, IX R 11/01, BFH/NV 2004, 1275 u. v. 17.12. 2003, IX R 60/01, BFH/NV 2004, 1276.
[5] Musil, in HHSp, AO/FGO, § 15 AO Rz. 5; Kister, in BeckOK AO, § 15 AO Rz. 8; Koenig/Koenig, AO, 3. Aufl. 2014, § 15 Rz. 2.

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