2.1 Verlobte (Nr. 1)
Rz. 5
Verlobte sind Personen, die ernsthaft ein Verlöbnis i. S. d. § 1297 BGB – unter Ausschluss einer Klage- oder Strafmöglichkeit – eingegangen sind. Das sind Personen, die einander versprochen haben, die Ehe miteinander einzugehen. Ein entsprechendes Versprechen für eine Lebenspartnerschaft führt zwar nicht zu einem Verlöbnis, da nicht das Eingehen einer Ehe versprochen wird.
Rz. 6
Mit der Entlobung endet die Angehörigeneigenschaft; Abs. 1 Nr. 1 ist nämlich nicht in Abs. 2 Nr. 1 erwähnt. Verlobte sind nur im Verhältnis zueinander Angehörige. Die Verwandten und Verschwägerten eines Verlobten sind dagegen nicht Angehörige des anderen Verlobten. Lebenspartnerschaften können seit dem 1.10.2017 nicht mehr neu begründet werden, so dass § 15 Abs. 1 Nr. 1 AO mit Wirkung ab 22.12.2018 (Rz. 1) angepasst wurde. Eine Lebenspartnerschaft kann gem. § 20a LPartG in eine Ehe umgewandelt werden.
2.2 Ehegatten und Lebenspartner (Nr. 2)
Rz. 7
Ehegatten sind Personen unterschiedlichen Geschlechts, die nach deutschem oder ausländischem Recht wirksam eine Ehe eingegangen sind. Die Ehe muss durch Eheschließung so zustande gekommen sein, dass sie als wirksam anerkannt wird. Nach deutschem Recht wird die Ehe gem. § 1310 Abs. 1 BGB dadurch geschlossen, dass die Eheschließenden vor dem Standesbeamten erklären, die Ehe miteinander eingehen zu wollen. § 1310 Abs. 2 und 3 BGB sehen einige Modifikationen vor. Die Erklärungen der Eheschließenden müssen gem. § 1311 BGB persönlich abgegeben werden. Für die Eheschließung Minderjähriger enthält das BGB in § 1303 einige Besonderheiten. Fehlt es an den Voraussetzungen einer wirksamen Ehe, sind bei dieser Nichtehe die Partner nicht Ehegatten. Etwas anderes gilt für die aufhebbare Ehe i. S. d. §§ 1313ff. BGB sowie die Heilung fehlerhafter Ehen i. S. d. § 1310 Abs. 3 BGB. Die Angehörigeneigenschaft bleibt nach Abs. 2 Nr. 1 bei Scheidung oder Aufhebung der Ehe bestehen.
Rz. 8
Lebenspartner in eingetragenen Lebenspartnerschaften sind durch das Gesetz zur Anpassung steuerlicher Regelungen an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts v. 18.7.2014 mit Wirkung v. 24.7.2014 in § 15 AO den Ehegatten gleichgestellt worden. Für einzelne steuerliche Regelungen hatte das Bundesverfassungsgericht bereits früher eine Gleichbehandlung angeordnet. Die Aufnahme in die Angehörigeneigenschaft fand jedoch erst ab 24.7.2014 statt.
Nach der Gleichstellung der Lebenspartner nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartG) mit den Ehegatten durch die "Ehe für alle" (Rz. 1) ist auch die formelle Gleichstellung von Ehen und Lebenspartnerschaften erreicht. Die Angehörigeneigenschaft in den Fällen des § 15 Abs. 1 Nr. 2, 3 und 6 AO bleibt gem. § 15 Abs. 2 Nr. 1 AO auch bei Auflösung der Ehe oder Lebenspartnerschaft erhalten (s. Rz. 23).
Rz. 9
Die in der Praxis immer mehr zunehmenden Fälle der heterogeschlechtlichen oder gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften sind keine Ehen oder Lebenspartnerschaften. Es mag im Hinblick auf die häufig lange Dauer solcher Gemeinschaften, häufig mit gemeinsamen Kindern, auf Anhieb ungerecht erscheinen, dass deren Partner gegenseitig nicht als Angehörige behandelt werden. Da für solche Paare rechtlich jederzeit eine Eheschließung möglich, aber nicht gewollt ist, kann die Nichtanerkennung der Angehörigeneigenschaft durch das Gesetz im Gegensatz zur Anerkennung bei den eingetragenen Lebenspartnerschaften nicht als Ungleichbehandlung gerügt werden.
2.3 Verwandte und Verschwägerte in gerader Line (Nr. 3)
Rz. 10
Verwandte in gerader Linie sind gem. § 1589 S. 1 BGB Personen, deren eine von der anderen abstammt, die also voneinander abstammen, z. B. Großeltern, Eltern und Enkel. Die nichteheliche Geburt führt zur Verwandtschaft auch mit dem Vater. Der Grad der Verwandtschaft ist bei gerader Linie ohne Bedeutung für die Angehörigeneigenschaft.
Rz. 11
Zu den Verwandten in gerader Linie gehört auch das durch Adoption angenommene Kind. Angenommene Minderjährige erhalten mit der Adoption die Rechtsstellung eines ehelichen Kindes des Annehmenden bzw. des annehmenden Ehepaares. Diese Rechtswirkung erstreckt sich auch auf die Verwandten und Verschwägerten des bzw. der Annehmenden. Zivilrechtlich soll jedoch mit der Annahme das Verwandtschaftsverhältnis des Kindes und seiner Abkömmlinge zu den bisherigen Verwandten erlöschen. Einer Neuregelung bedarf es für die AO nicht, weil § 15 Abs. 2 Nr. 2 AO die Verwandtschaft oder Schwägerschaft als fortbestehend ansieht (s. Rz. 26).
Rz. 12
Bei der Annahme eines Volljährigen an Kindes statt erstrecken sich gem. § 1770 Abs. 1 S. 1 BGB die Verwandtschaftswirkungen nicht auf die Verwandten des Annehmenden. In diesen Fällen wird auch der Ehegatte des Annehmenden nicht mit dem Angenommenen verwandt und auch nicht mit dessen Ehegatten verschwägert. Anders ist dies nur in den Ausnahmefällen des § 1772 BGB.
Rz. 13
Verschwägert in gerader Linie ist...