2.4.1 Steuerliche Folgen
Rz. 35
Die Anzeige- und Berichtigungspflicht nach § 153 Abs. 1 Nr. 1 AO ist eine aus dem Steuerpflichtverhältnis resultierende Pflicht, deren Erfüllung die Finanzbehörde mit Zwangsmitteln nach §§ 328ff. AO erzwingen kann. Die Festsetzung eines Verspätungszuschlags nach § 152 AO bei verspäteter Erfüllung der Korrekturpflicht kommt jedoch nicht in Betracht, da der Verspätungszuschlag an die Nichtabgabe oder verspätete Abgabe der "ersten" Steuererklärung anknüpft.
Rz. 36
Die Abgabe der Anzeige- und Berichtigungserklärung enthält zugleich die Zustimmung zur Änderung einer schon aufgrund der fehlerhaften Erklärung durchgeführten Steuerfestsetzung. Die ursprünglich fehlerhafte Steuererklärung hat auf die Dauer der Festsetzungsfrist nur dann einen Einfluss, wenn der Fehler vorsätzlich oder leichtfertig verursacht worden ist. Wird die Korrekturpflicht allerdings vorsätzlich nicht erfüllt und damit der Straftatbestand der Steuerhinterziehung durch Unterlassen verwirklicht (Rz. 40), so verlängert sich die Festsetzungsfrist hinsichtlich der hinterzogenen Steuern auf zehn Jahre.
Rz. 37
Der Beginn der Festsetzungsfrist ergibt sich aus der Abgabe der fehlerhaften Steuererklärung. Die Festsetzungsfrist für die betroffene Steuer wird, wenn eine Korrekturerklärung nach § 153 Abs. 1 AO abzugeben ist, nicht nach § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO gehemmt, da die Korrekturerklärung nach § 153 AO keine Anzeige i. d. S. ist. Der Ablauf der Festsetzungsfrist tritt nicht vor Ablauf eines Jahres nach Abgabe der Korrekturerklärung ein. Erfolgt die Abgabe der Korrekturerklärung bei einer unzuständigen Finanzbehörde, ist für den Ablauf der Frist nach § 171 Abs. 9 AO auf den Zugang bei der zuständigen Behörde abzustellen.
Rz. 38
Das pflichtwidrige Unterlassen der Korrektur führt nach § 169 Abs. 2 S. 2 AO zu einer Verlängerung der Festsetzungsfrist, soweit hierdurch eine Steuerhinterziehung vorliegt (Rz. 40). Eine nach Ablauf der Festsetzungsfrist bei der örtlich und sachlich zuständigen Finanzbehörde (Rz. 3) eingehende Erklärung hindert den Eintritt der Strafbarkeit nicht. Der Berichtigungspflichtige trägt das Risiko des nicht rechtzeitigen Zugangs.
Rz. 39
Soweit der Erklärungspflichtige nicht Steuerschuldner ist und das Unterlassen eine Steuerhinterziehung (Rz. 40) bewirkt, greift die Haftung nach § 71 AO ein. Die Haftung der in §§ 34, 35 AO genannten Personen bleibt unberührt.
2.4.2 Straf- und bußgeldrechtliche Folgen
Rz. 40
Hat der Erklärungspflichtige bereits durch die wissentliche Abgabe einer fehlerhaften Steuererklärung eine Steuerhinterziehung bewirkt, so besteht keine Korrekturpflicht. Somit hat das Unterlassen einer Berichtigung bzw. einer Selbstanzeige nach § 371 AO keine weitere strafrechtliche Bedeutung.
Rz. 41
Hat der Erklärungspflichtige demgegenüber bei Abgabe der fehlerhaften Steuererklärung nur ohne Verschulden, fahrlässig oder auch leichtfertig gehandelt, so begründet dies die gesetzliche Korrekturpflicht. Das Unterlassen der Anzeige und Berichtigung ist eine Tathandlung i. S. v. § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO. Die vorsätzliche Verletzung der Korrekturpflicht erfüllt den Straftatbestand der Steuerhinterziehung, auch wenn die Abgabe der mängelbehafteten Erklärung bereits eine leichtfertige Steuerverkürzung darstellt. Ist die Verkürzung noch nicht eingetreten, so liegt ein strafbarer Versuch vor.
Rz. 42
Die Nachholung der Korrektur kann, sofern kein Ausschlussgrund nach § 371 Abs. 2 AO vorliegt, als Selbstanzeige nach § 371 AO die Ahndung verhindern. Die Vornahme der Korrektur durch den Pflichtigen wirkt zugunsten eines Dritten, der zuvor pflichtwidrig seine Korrekturpflicht nach § 153 AO nicht erfüllt hat. Dieser Dritte kann aufgrund der "Fremdanzeige" nach § 371 Abs. 3 AO strafrechtlich nicht verfolgt werden.
Eine leichtfertige Steuerverkürzung nach § 378 AO durch leichtfertiges Unterlassen der Korrektur ist begrifflich nicht möglich, da § 153 Abs. 1 Nr. 1 AO Kenntnis der Voraussetzungen, also Vorsatz, verlangtEin Irrtum über das Bestehen der Korrekturpflicht ist ein Verbotsirrtum nach § 17 StGB.