Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 41
Zur bestimmten Bezeichnung der Steuer in dem Steuerbescheid gehört auch die Angabe, für welche Zeit (Zeitraum, Zeitpunkt) die Regelung erfolgt. So ist z. B. eine Regelung "ESt X EUR" nicht bestimmt genug und daher nichtig. Hinzu kommen muss die Angabe, für welchen Zeitraum (Vz) die Steuer festgesetzt wird (zeitlicher Regelungsbereich). Somit ist der zeitliche Regelungsbereich als Teil der Bestimmtheit der Steuer eine Unterart des sachlichen Regelungsbereichs. Wegen des durchaus selbstständigen Inhalts des zeitlichen Regelungsbereichs rechtfertigt sich jedoch eine gesonderte Darstellung. Die Beziehung der Steuerfestsetzung zu der Zeit, für die die Steuer festgesetzt wird, ergibt sich aus den jeweiligen Einzelsteuergesetzen.
Rz. 42
Die Steuer kann an einen einzelnen Vorgang anknüpfen und ist damit zeitpunktbezogen. Häufiger ist jedoch, dass die Steuer an alle steuerbaren Vorgänge anknüpft, die in einer bestimmten Periode verwirklicht worden sind; die Steuer ist dann zeitraumbezogen. Dieser Zeitraum kann das Kj. sein (z. B. ESt, KSt, GewSt, USt), es kann aber auch ein längerer Zeitraum sein. Es kann sich sogar um einen grundsätzlich unbegrenzten Zeitraum handeln (wie bei der Feststellung der Einheitswerte des Grundvermögens, der GrSt-Messbeträge und der KfzSt); die Steuerfestsetzungen entfalten dann Dauerwirkung.
Rz. 43
Dieser zeitliche Regelungsbereich ist bezogen auf die Steuerfestsetzung, besagt also, für welchen Zeitraum die Steuer festgesetzt wird; es handelt sich daher um den Steuerfestsetzungszeitraum. Daneben unterscheidet man den Bemessungszeitraum und den Ermittlungszeitraum. Der Bemessungszeitraum bestimmt, die Besteuerungsgrundlagen welchen Zeitraums materiell der Besteuerung zugrunde gelegt werden, der Ermittlungszeitraum gibt an, für welchen Zeitraum diese Besteuerungsgrundlagen ermittelt werden. Diese drei Zeiträume stimmen häufig überein (so z. B. bei der ESt), müssen dies aber nicht unbedingt.
Rz. 44
Innerhalb des gleichen zeitlichen Regelungsbereichs sowie des persönlichen und sachlichen Regelungsbereichs kann nur eine einzige Steuerfestsetzung mit dem gleichen Regelungsanspruch ergehen. Wird hiergegen verstoßen, liegt eine widerstreitende Steuerfestsetzung vor, die nach § 174 AO zu korrigieren ist. Mehrere Steuerfestsetzungen innerhalb des gleichen zeitlichen Regelungsbereichs sind jedoch möglich, wenn diese mehreren Steuerfestsetzungen im Verhältnis von Vorauszahlungsfestsetzung zu Jahressteuerfestsetzung oder erstmaligem Bescheid zu Änderungsbescheid zueinander stehen.
Rz. 45
Andererseits folgt aus dem Umfang des zeitlichen Regelungsbereichs, dass eine Steuerfestsetzung grundsätzlich Wirkung nur innerhalb dieses zeitlichen Rahmens entfaltet, nicht über den zeitlichen Regelungsbereich hinaus auf andere Zeiträume. Eine Steuerfestsetzung für einen bestimmten Zeitraum (Steuerfestsetzungszeitraum) trifft bindende Entscheidungen nur für diesen Zeitraum, nicht für andere Zeiträume. Bei der Entscheidung über die Steuerfestsetzung für einen Zeitraum sind daher weder Finanzverwaltung noch Stpfl. an die Entscheidungen für einen anderen (früheren oder späteren) Zeitraum oder an die Entscheidungen bezüglich einer anderen Steuerart gebunden. Die jahrelange Nichtheranziehung zur Steuer hindert deshalb die Steuerfestsetzung für einen laufenden Vz nicht. Das gilt auch, wenn die Besteuerungsgrundlagen für einzelne Zeiträume durch eine Außenprüfung überprüft worden sind, ohne dass die Handhabung beanstandet wurde. Eine Bindung an die Entscheidungen über die Steuerfestsetzung für einen anderen Zeitraum (also über den zeitlichen Regelungsbereich der Steuerfestsetzung hinaus) kann sich nur ausnahmsweise bei Vorliegen besonderer Umstände aus einer verbindlichen Zusage ergeben.