Prof. Dr. Gerrit Frotscher
2.1 Allgemeines
Rz. 5
Der Tatbestand des § 159 AO setzt voraus, dass Rechte auf den Namen des Stpfl. lauten oder er Sachen besitzt, von denen er behauptet, dass sie wirtschaftlich oder rechtlich einem anderen zuzurechnen sind. Die Zurechnung erfolgt grundsätzlich bei dem zivilrechtlichen Eigentümer, bei Rechten bei demjenigen, auf dessen Namen sie lauten. Hat der Stpfl. Sachen in Besitz, wird entsprechend § 1006 BGB vermutet, dass er Eigenbesitzer i. S. d. § 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 AO ist und die Sachen ihm steuerlich daher zuzurechnen sind. Dem kann der Stpfl. nur entgehen, wenn er nachweist, wem die Gegenstände tatsächlich gehören. Dazu muss er das Rechtsverhältnis nachweisen, aus dem sich die Zurechnung bei der anderen Person ergibt. Er kann die Zurechnung bei sich nur vermeiden, wenn er nachweist, dass unzweifelhaft ein Treuhandverhältnis, Vertretungsverhältnis oder Pfandverhältnis vorliegt. Für das Vorliegen dieser Rechtsverhältnisse ist der Stpfl. beweispflichtig. § 159 AO ist nicht anwendbar, wenn weder ein Treuhandverhältnis, Vertretungsverhältnis oder Pfandverhältnis vorliegt noch ein solches vom Stpfl. behauptet wird. In diesem Fall erfolgt die steuerliche Zurechnung nach § 39 AO unmittelbar bei dem Stpfl.
2.2 Treuhandverhältnisse
Rz. 6
Der Tatbestand des § 159 AO erfasst alle Arten von Treuhandverhältnissen, also sowohl die eigennützige als auch die uneigennützige Treuhand. Ebenso fallen folgende Arten der Treuhandschaft unter die Vorschrift:
- die Übertragungstreuhand, bei der das Treugut aus dem Eigentum des Treugebers in das des Treuhänders übertragen wird;
- die Erwerbstreuhand, bei der das Treugut von dem Treuhänder im eigenen Namen, aber im Auftrag und für Rechnung des Treugebers von einem Dritten erworben wird;
- die Vereinbarungstreuhand, bei der Treugeber und Treuhänder vereinbaren, dass ein Wirtschaftsgut, das sich im Eigentum des Treuhänders befindet, von diesem als Treugut für den Treugeber verwaltet werden soll.
Damit werden auch Sicherungseigentum und Sicherungsabtretung erfasst, die Treuhandabreden darstellen. Treugut können alle Arten von Rechten und Sachen sein. Zur Treuhand vgl. § 39 AO Rz. 66ff.
Rz. 7
Der Begriff der Treuhand ist gesetzlich weder durch das Zivilrecht noch durch das Steuerrecht definiert. Daher sind in der Praxis eine Vielzahl von verschiedenen Formen festzustellen. Da jedoch die Zurechnung der Wirtschaftsgüter aufgrund eines Treuhandverhältnisses von der bürgerlich-rechtlichen Zuordnung durch das rechtliche Eigentum abweicht, stellt die Rechtsprechung strenge Voraussetzungen für die steuerliche Anerkennung eines Treuhandverhältnisses auf. Für die Anerkennung eines Treuhandverhältnisses ist daher ein strenger Maßstab anzulegen.
Rz. 7a
Nach diesen Voraussetzungen für das Vorliegen eines steuerlich anzuerkennenden Treuhandverhältnisses ist, dass die Parteien sowohl im Außenverhältnis als auch im Innenverhältnis ihr Verhalten nach den Regeln über ein Treuhandverhältnis bestimmen. Im Außenverhältnis bedeutet dies, dass der Treuhänder die Rechtsmacht eines Eigentümers hat, also insbesondere eine nach außen wirkende uneingeschränkte Verfügungsmacht und Verwaltungsbefugnis, und diese auch tatsächlich ausübt. Bindungen im Innenverhältnis sind bei der Frage, ob im Außenverhältnis eine uneingeschränkte Verfügungsmacht und Verwaltungsbefugnis besteht, nicht zu berücksichtigen.
Rz. 8
Andererseits setzt ein Treuhandverhältnis im Innenverhältnis voraus, dass die dem Treuhänder zustehende Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis zugunsten des Treugebers in einer solchen Weise eingeschränkt ist, dass die rechtliche Inhaberschaft des Treuhänders mehr als formale, inhaltlich leere Rechtsstellung erscheint. Der Treugeber muss nach den vertraglichen Vereinbarungen und der tatsächlichen Durchführung das Treuhandverhältnis beherrschen. Dadurch muss zweifelsfrei und eindeutig erkennbar sein, dass der Treuhänder ausschließlich auf Rechnung des Treugebers handelt. Wesentlich ist dafür eine Weisungsbefugnis des Treugebers gegenüber dem Treuhänder. Außerdem muss der Treugeber jederzeit, u. U. nach einer angemessenen Kündigungsfrist, die Rückübertragung des Treuguts verlangen können. Handelt es sich bei dem Treugut um Geld, das der Treuhänder nach den Bestimmungen der Treuhandvereinbarung verwenden soll, sog. Verwendungstreuhand, ist eine Rückgabeverpflichtung nicht Voraussetzung der steuerlichen Anerkennung. Allerdings muss sich dann aus dem Treuhandvertrag ergeben, dass zumindest diejenigen Beträge, die nicht bestimmungsgemäß verwendet werden, zurückzuübertragen sind.
Rz. 9
Das Treuhandverhältnis muss zivilrechtlich wirksam vereinbart sein, auf einer klar nachweisbaren Vereinbarung beruhen und tatsächlich durchgeführt werden. Ist die Treuhandvereinbarung zivilrechtlich, z. B. wegen Formmangels, nicht wirksam, kann es zwar nach § 41 AO trotzdem steuerrechtlich anerkannt werden. Die zivilrechtliche Unwirksamkeit ist nur ein Indiz dafür, dass die Parteien das ...