Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 60
Grundsätzlich beginnt die Festsetzungsfrist auch bei der ErbSt und SchenkungSt nach § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO. Sie ist daher an die Abgabe der Steuererklärung geknüpft; vgl. insoweit Rz. 11ff. Abs. 5 enthält aber darüber hinaus eine besondere Anlaufhemmung, um den Besonderheiten der ErbSt und SchenkungSt Rechnung zu tragen.
Rz. 61
Für das Verhältnis der Anlaufhemmung nach Abs. 5 zu der nach Abs. 2 Nr. 1 ist von folgenden Grundsätzen auszugehen: Grundsätzlich stehen beide Hemmungstatbestände selbstständig nebeneinander und können daher auch jeweils selbstständig zur Hemmung führen. Hat die Finanzbehörde den Stpfl. innerhalb der Frist von 3 Jahren nach Abs. 2 Nr. 1 zur Abgabe einer ErbSt- oder SchenkungSt-Erklärung aufgefordert, richtet sich die Anlaufhemmung grundsätzlich nach Abs. 2 Nr. 1. Die Anlaufhemmung nach Abs. 5 soll es der Finanzbehörde ermöglichen, zu prüfen, ob eine ErbSt- oder SchenkungSt-Erklärung angefordert werden soll. Hat diese Prüfung zu der Anforderung einer entsprechenden Steuererklärung geführt, kann sich die Anlaufhemmung nur noch nach Abs. 2 Nr. 1 richten, weil dann der Steuerfall der Finanzbehörde bekannt ist, also nach den Tatbeständen des Abs. 5 die Anlaufhemmung regelmäßig geendet haben wird.
Rz. 62
Für den Fall, dass keine SchenkungSt-Erklärung eingereicht wird und die Finanzbehörde auch von dem Schenkungsfall keine Kenntnis erlangt, bedeutet dies, dass die Anlaufhemmung bis zum Eintritt eines der in Abs. 5 genannten Ereignisse fortdauert, auch wenn die 3-Jahres-Frist des Abs. 2 Nr. 1 bereits abgelaufen ist. Die 3-Jahres-Frist wird durch die weitergehende Anlaufhemmung des Abs. 5 für diese Fälle daher außer Kraft gesetzt.
Rz. 63
Erlangt die Finanzbehörde die Kenntnis von der Schenkung nach Ablauf der 3-Jahres-Frist des Abs. 2 Nr. 1 und fordert sie eine SchenkungSt-Erklärung an, tritt nicht zusätzlich (erneut) die Anlaufhemmung nach Abs. 2 Nr. 1 ein. Wird nach Ablauf der 3-Jahres-Frist, aber innerhalb der Festsetzungsfrist, die Steuererklärung angefordert, gilt daher die Anlaufhemmung beginnend mit dem Jahr, das auf das Entstehen der Steuer folgt, aber nicht eine weitere Anlaufhemmung; vgl. Rz. 16. Der Grund liegt darin, dass nach Abs. 2 Nr. 1 maximal eine Anlaufhemmung von 3 Jahren eintreten kann; ist diese Zeitspanne verstrichen, ist die Möglichkeit der Anlaufhemmung nach Abs. 2 Nr. 1 "verbraucht", es kann sich hieran keine erneute Anlaufhemmung anschließen. Für die Berechnung der Festsetzungsfrist ist dann die Anlaufhemmung des Abs. 5 vorrangig.
Wird die SchenkungSt-Erklärung innerhalb der Frist von 3 Jahren angefordert, greift die Anlaufhemmung nach Abs. 2 Nr. 1 bis zur Einreichung der Steuererklärung ein, aber wiederum maximal bis drei Jahre nach Ende desjenigen Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.