Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 136
Da der persönliche Umfang der Steuer- oder Zollfahndung nicht durch eine Prüfungsanordnung konkretisiert wird, richtet sich dieser Umfang nach den tatsächlichen Ermittlungen. Aus diesen tatsächlichen Ermittlungen muss sich ergeben, gegen wen die Prüfung gerichtet ist. Dies muss vor Ablauf der ungehemmten Festsetzungsfrist feststehen. Tritt danach in diesem Umfang in persönlicher Hinsicht Ablaufhemmung nach Abs. 5 ein, können einzelne Prüfungshandlungen auch später liegen. Nach Ablauf der ungehemmten Festsetzungsfrist kann der persönliche Umfang der Fahndungsprüfung nicht auf weitere beschuldigte Personen ausgedehnt werden. Zusätzlich muss der persönliche Umfang der Fahndungsprüfung für den Betroffenen innerhalb der ungehemmten Festsetzungsfrist erkennbar sein. Da für den Stpfl. der Umfang der Ablaufhemmung erkennbar sein muss, genügt nicht, dass er erkennen kann, dass gegen ihn eine Fahndungsprüfung begonnen hat, er muss auch erkennen können, welcher Sachverhaltskomplex Gegenstand der Fahndungsprüfung ist.
Demgegenüber wird jedoch auch die Ansicht vertreten, dass es ausreiche, dass der Betroffene erkennen könne, dass überhaupt eine Steuerfahndung gegen ihn begonnen habe. Es sei nicht erforderlich, dass der Betroffene bereits vor Ablauf der Festsetzungsfristen erkennen konnte, auf welche einzelnen Sachverhalte sich die Ermittlungen beziehen sollten. Diese Frage ist höchstrichterlich noch nicht entschieden.
Rz. 137
Die Ablaufhemmung tritt nur gegenüber derjenigen Personen ein, gegen die sich die Fahndungsmaßnahmen wegen der ihr zuzurechnenden Besteuerungsgrundlagen richten. Die Ablaufhemmung tritt nur ein, soweit sich die Ermittlungshandlungen gegen den Stpfl. bzw. ein Vertretungsorgan des Stpfl. richten. Ermittlungshandlungen, die sich gegen einen Dritten richten, führen nicht zur Ablaufhemmung gegenüber dem Stpfl. Bei zusammen veranlagten Ehegatten tritt die Ablaufhemmung nur gegenüber demjenigen Ehegatten ein, gegen den sich die Ermittlungshandlungen richten.
Wird eine Fahndungsprüfung bei dem oder den alleinigen Gesellschaftern einer GmbH wegen Steuern, die die Kapitalgesellschaft betreffen, begonnen, ist damit die Fahndungsprüfung erkennbar auch gegen die Kapitalgesellschaft eingeleitet. Prüfungen bei Dritten oder amtsinterne Ermittlungen, die der Betroffene nicht erkennen kann, genügen nicht. Das gilt auch, wenn die Prüfung bei einem Teilnehmer an der Steuerstraftat oder -ordnungswidrigkeit durchgeführt wird, etwa einem Mittäter oder Gehilfen. Eine Ausnahme besteht nur bei Steuerabzugspflichten. Nach Abs. 15 tritt die Festsetzungsverjährung gegenüber dem Stpfl. nicht ein, bevor die Festsetzungsfrist gegenüber dem Steuerabzugsverpflichteten abgelaufen ist (vgl. Rz. 205ff.). Über diese Vorschrift führt daher eine Fahndungsprüfung gegenüber dem Steuerabzugsverpflichteten nicht nur zur Hemmung der Festsetzungsfrist gegenüber diesem, sondern auch gegenüber dem Stpfl., für dessen Rechnung die Steuer einzubehalten und abzuführen war.
Rz. 138
Darüber hinaus muss die Handlung, die die Hemmung der Festsetzungsfrist bewirken soll, einer handlungsfähigen Person gegenüber vorgenommen werden. Daran fehlt es, wenn der Stpfl. handlungsunfähig ist; die Ablaufhemmung tritt dann nicht ein. Ist der Stpfl. nicht handlungsfähig, ist die Maßnahme, die die Ablaufhemmung auslösen soll, gegenüber dem gesetzlichen Vertreter vorzunehmen; vgl. auch § 171 Abs. 11 AO. Den Stpfl. trifft die objektive Beweislast dafür, dass er im maßgeblichen Zeitpunkt nicht geschäftsfähig war. Ist der Stpfl. nach § 112, 113 BGB beschränkt geschäftsfähig, muss die Fahndungsprüfung für ihn erkennbar sein, wenn der geprüfte Sachverhaltskomplex zu der Tätigkeit gehört, für die er geschäftsfähig ist.