Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 120
Liegen die in Rz. 117, 118 geschilderten Voraussetzungen vor, ermöglicht § 1 der VO zu § 180 Abs. 2 AO die gesonderte Feststellung in zwei Fallgruppen. In der ersten Fallgruppe kann die Feststellung erfolgen, wenn die Wirtschaftsgüter, Anlagen oder Einrichtungen von mehreren Personen betrieben, genutzt oder gehalten werden. Voraussetzung für diese Feststellung ist daher, dass mehrere Personen in einkunftswirksamer Weise in Beziehung zu den Wirtschaftsgütern, Anlagen und Einrichtungen stehen, ohne dass sie diese Einkünfte gemeinschaftlich beziehen; sonst läge ein Tatbestand des § 180 Abs. 1 Nr. 2a AO vor. Die Wirtschaftsgüter usw. sind also nicht allen gemeinschaftlich, sondern dem jeweiligen Stpfl. einzeln zuzurechnen bzw. die Einkünfte hieraus werden nicht gemeinschaftlich bezogen, sondern jeder Stpfl. zieht die positiven oder negativen Einkünfte unabhängig von den anderen. Die Feststellung wird ermöglicht, weil mehrere, wenn auch nicht gemeinschaftlich, beteiligt sind und die einheitliche Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen daher sinnvoller ist als die (grundsätzlich mögliche) Einzelermittlung der Besteuerungsgrundlagen für jeden Steuerpflichtigen.
Diese Voraussetzungen können auch bei einem Mietpool vorliegen. Bei einem Mietpool werden die Mieteinnahmen von mehreren Eigentümern gemeinsam verwaltet, die Mietverträge aber jeweils gesondert von den Eigentümern abgeschlossen, sodass keine gemeinsame Erzielung von Einkünften vorliegt. Festgestellt werden können, je nach dem Inhalt der jeweiligen Verträge, Mieteinnahmen, Rücklagen, Modernisierungsmaßnahmen und Aufwendungen.
Rz. 121
"Betrieben" werden Wirtschaftsgüter, Anlagen oder Einrichtungen, wenn diese an Dritte oder an die Stpfl. einkunftsrelevante Leistungen erbringen (Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr zum Zweck der Erzielung von Einnahmen).
Rz. 122
"Genutzt" werden die Wirtschaftsgüter, Anlagen und Einrichtungen, wenn die Leistungen weder Dritten noch den Eigentümern gegen Entgelt angeboten, sondern von den Eigentümern ohne Entgelt genutzt werden. Typischerweise liegt dann keine Einnahmeerzielungsabsicht vor. Zweck ist vielmehr die Inanspruchnahme der Nutzungen ohne Entgelt. Ein Beispiel hierfür ist etwa eine Laborgemeinschaft, die keine Einnahmen erzielt, sondern nur die Betriebsausgaben auf die Eigentümer nach einem bestimmten Schlüssel (z. B. Inanspruchnahme durch den jeweiligen Eigentümer) verteilt.
Rz. 123
"Halten" liegt vor, wenn die Wirtschaftsgüter ihrer Natur nach weder betrieben noch benutzt werden können, z. B. Wertpapiere, sonstige Vermögensverwaltung, auch Halten von Vieh usw.
Rz. 123a
Besondere Voraussetzungen an die Rechtsform, in der mehrere Personen die Wirtschaftsgüter, Anlagen oder Einrichtungen betreiben, nutzen oder halten, bestehen nicht. Es kann sich um eine Bruchteilsgemeinschaft, eine BGB-Gesellschaft oder eine EWiV handeln. Wesentlich ist lediglich, dass keine auf Gewinnerzielungsabsicht gerichtete gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeit vorliegt, weil dann eine Mitunternehmerschaft bestünde, für die eine gesonderte Feststellung nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO in Betracht kommt. Das Vorliegen einer Mitunternehmerschaft schließt also die gesonderte Feststellung nach der VO zu § 180 Abs. 2 AO aus.