Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 153
Das Feststellungsverfahren wird von der Finanzbehörde eingeleitet; die Einleitung liegt regelmäßig in der Aufforderung an die Beteiligten, eine Feststellungserklärung abzugeben. Eine Einleitung erfolgt auch auf Antrag eines Feststellungsbeteiligten; der Antrag liegt in einer unaufgeforderten Abgabe der Feststellungserklärung. Die Finanzbehörde entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen, ob ein zulässiges Feststellungsverfahren eingeleitet werden soll.
Rz. 154
Es liegt im pflichtgemäßen Ermessen der Finanzbehörde, ob sie ein Feststellungsverfahren durchführen will oder nicht. Diese Ermessensentscheidung ist nur rechtmäßig, wenn dabei nur die Aspekte berücksichtigt werden, derentwegen die Feststellung geschaffen worden ist. Bei der Ermessensentscheidung dürfen nur die Einheitlichkeit der Rechtsanwendung und die Erleichterung des Besteuerungsverfahrens berücksichtigt werden. Zu dieser Ermessensentscheidung vgl. Rz. 169. Die Ermessensentscheidung ist nach § 121 AO zu begründen; zu den Folgen einer fehlenden Begründung vgl. § 121 AO Rz. 5.
Nach BMF v. 2.5.2001, IV A 5 – S 0361 – 4/01, BStBl I 2001, 256, Tz. 4 soll in Fällen geringerer Bedeutung von einer Feststellung abgesehen werden; zu diesem Begriff vgl. Rz. 194ff.
Bei Bauherren- und Erwerbergemeinschaften soll ein Feststellungsverfahren i. d. R. durchgeführt werden, wenn die Einkünfte für mindestens drei Beteiligte festzustellen sind, und wenn der einzelne Beteiligte Werbungskosten (ohne Finanzierungs- und Notarkosten) von mehr als 2.500 EUR geltend macht.
Rz. 155
Hat die Verwaltung ein Feststellungsverfahren eingeleitet (z. B. durch Anforderung von Feststellungserklärungen), muss sie es durch einen der Bestandskraft fähigen Bescheid beenden, entweder durch einen Feststellungsbescheid oder durch einen Nichtfeststellungsbescheid nach § 4 der VO zu § 180 Abs. 2 AO.
Rz. 156
Die zuständige Finanzbehörde kann nach § 4 S. 2 der VO zu § 180 Abs. 2 AO feststellen, dass keine gesonderte Feststellung erfolgen wird; diese (negative) Feststellung ist Steuerbescheid und erwächst daher in Bestandskraft, die nur nach §§ 172ff. AO durchbrochen werden kann. Ob die Verwaltung einen solchen Bescheid erlassen will, liegt in ihrem Ermessen; sie wird ihn regelmäßig zu erlassen haben, wenn ein Beteiligter den Erlass eines Feststellungsbescheids nach § 1 der VO oder eines Nichtfeststellungsbescheids nach § 4 der VO beantragt hat.
Der Nichtfeststellungsbescheid nach § 4 der VO ist allen Beteiligten, auch denen nach § 6 der VO, bekannt zu geben; der Bescheid wirkt für und gegen alle Beteiligten, die alle Adressaten sind.
Rz. 157
Wird ein Antrag auf Feststellung nach § 1 der VO gestellt, kann die Verwaltung aber auch statt des Erlasses eines Nichtfeststellungsbescheids den Antrag ablehnen. Diese Ablehnung des Antrags hat ebenfalls die Wirkung eines Steuerbescheids, wirkt aber nur gegenüber dem Antragsteller. Grundsätzlich ist aber der Erlass eines Nichtfeststellungsbescheids wegen der damit verbundenen größeren Klarheit und Rechtssicherheit vorzuziehen. In Zweifelsfällen ist den Beteiligten zu raten, den Erlass eines Nichtfeststellungsbescheids zu beantragen.