Prof. Dr. Gerrit Frotscher
Rz. 5
Die Regelung im bisherigen § 183 AO galt bis 31.12.2023 für alle Gesellschaften und Gemeinschaften, bei denen das Einkommen nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG oder im Fall einer nur vermögensverwaltenden Tätigkeit unmittelbar bei den Feststellungsbeteiligten steuerlich zu erfassen war. Ab 1.1.2024 gilt die inhaltlich weitgehend gleiche Regelung für nichtrechtsfähige Personenvereinigungen i. S. d. § 14a Abs. 3 AO, also insbesondere Bruchteilsgemeinschaft, Gütergemeinschaft und Erbengemeinschaft. Bei einer BGB-Gesellschaft ist zu unterscheiden, ob sie zivilrechtlich rechtsfähig ist oder nicht. Eine zivilrechtlich nach § 705 BGB rechtsfähige BGB-Gesellschaft fällt unter § 183 AO (neu), während sich die Bekanntgabe an eine nach § 740 BGB nicht rechtsfähige BGB-Gesellschaft nach § 183a AO richtet. Eine BGB-Gesellschaft ist nach § 705 Abs. 2 BGB rechtsfähig, wenn sie nach dem gemeinsamen Willen der Gesellschafter am Rechtsverkehr teilnehmen soll. Nach § 705 Abs. 3 BGB wird dies vermutet, wenn der Gegenstand der Gesellschaft auf den Betrieb eines Unternehmens unter gemeinschaftlichen Namen gerichtet ist.
Das Gesetz unterscheidet für die Bekanntgabe zwischen BGB-Gesellschaften, die als Außengesellschaften nach dem Willen der Gesellschafter am Rechtsverkehr teilnehmen sollen und BGB-Gesellschaften, bei denen das als Innengesellschaft nicht der Fall sein soll. Diese Unterscheidung, die von den Umständen des Einzelfalls und dem Willen der Gesellschafter abhängt, kann schwierig zu treffen sein. Die Entscheidung wird auch dadurch erschwert, dass eine BGB-Gesellschaft konkludent, ohne schriftlichen Vertrag, gegründet werden kann. Andererseits kann eine Fehlentscheidung zur Unwirksamkeit der Bekanntgabe und damit zum Eintritt der Festsetzungsverjährung führen. Die Finanzverwaltung hat daher einige Indizien veröffentlicht, nach denen entschieden werden kann, ob eine Außen- oder eine Innengesellschaft vorliegt.
Folgende Indizien sprechen für das Vorliegen einer rechtsfähigen BGB-Gesellschaft:
- die Gesellschafter bezeichnen die Gesellschaft ausdrücklich als rechtsfähige BGB-Gesellschaft;
- es werden Miet- oder Pachtverträge mit Dritten im Namen der BGB-Gesellschaft abgeschlossen;
- es gibt sonstige Korrespondenz mit Dritten im Namen der BGB-Gesellschaft;
- Zahlung der Miete oder Pacht auf ein Bankkonto, das auf den Namen der BGB-Gesellschaft lautet;
- die BGB-Gesellschaft ist im Grundbuch als Eigentümerin einer Immobilie eingetragen;
- der Umfang der Vermietung und Verpachtung übersteigt den Rahmen einer üblichen privaten Vermögensverwaltung;
- die Miteigentümer sind weder Ehegatten, Lebenspartner noch u. U. Angehörige.
Entscheidend ist daher, ob die BGB-Gesellschaft im Rechtsverkehr nach außen hervortritt. Jedoch ist kein einzelnes Indiz allein maßgebend. Es muss vielmehr im Einzelfall die Bedeutung der jeweiligen Indizien gewichtet werden. In der Praxis dürfte dies zu erheblichem Streitpotential führen.
Rz. 6
Für rechtsfähige Personenvereinigungen enthält Art. 97 § 39 Abs. 3 EGAO eine Übergangsregelung für die Jahre 2024 und 2025. Danach können Verwaltungsakte und Mitteilungen, die mit der gesonderten und einheitlichen Feststellung zusammenhängen, nach dem 31.12.2023 und vor dem 1.1.2026 unter Anwendung des § 183 AO (alt) bekanntgegeben werden. Für diese Bekanntgaben ist also weiterhin die jetzt in § 183a AO kommentierte Fassung des Gesetzes maßgebend. Dabei kommt es nur auf den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Bekanntgabe nach § 124 AO an, nicht aber darauf, für welchen Zeitraum der Verwaltungsakt gelten soll. In diesem Fall gilt nach Art. 97 § 39 EGAO für die Einspruchsbefugnis noch § 352 AO in der alten Fassung.