3.2.1 Überblick

 

Rz. 9

Für Personen, die keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben und nicht unter die Sonderregelung des § 19 Abs. 1 S. 3 AO fallen, richtet sich die örtliche Zuständigkeit grundsätzlich nach Abs. 2. Die Vorschrift gilt sowohl für beschränkt Stpfl. i. S. d. § 1 Abs. 4 EStG als auch für solche Personen, die nach § 1 Abs. 3 EStG auf Antrag mit ihren inländischen Einkünften als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt werden. Handelt es sich bei diesen allerdings um Bezieher von Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit, für die das Betriebsstätten- FA des Arbeitgebers nach § 39 Abs. 2 EStG Lohnsteuerabzugsmerkmale gebildet hat, so ist dieses nach § 46 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. b 2. Halbs. EStG auch für die Veranlagung zuständig. Für Bezieher inländischer Einkünfte i. S. v. § 49 Abs. 1 Nr. 7 und 10 EStG (Auslandsrentner) ist die aufgrund von § 19 Abs. 6 AO erfolgte Zuständigkeitskonzentration zu beachten.

3.2.2 Belegenheit des Vermögens

 

Rz. 10

Nach § 19 Abs. 2 S. 1 AO richtet sich die Zuständigkeit in erster Linie danach, im Bezirk welches FA sich das Vermögen des Stpfl. bzw. – wenn dies auf mehrere FÄ zutrifft – der wertvollste Teil des Vermögens befindet. Nach der Verwaltungsauffassung kommt es dabei nur auf solche Vermögenswerte an, die zum Inlandsvermögen i. S. v. § 121 BewG gehören.[1] Abweichend von § 121 Nr. 4 BewG sollen Anteile an einer Kapitalgesellschaft mit Sitz oder Geschäftsleitung im Inland allerdings unabhängig von der Höhe der prozentualen Beteiligung des Stpfl. zu berücksichtigen sein.[2] Im Fall der Beteiligung an einer Grundbesitz verwaltenden Personengesellschaft soll es für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit auf die Belegenheit des Grundstücks ankommen.[3] Handelt es sich dabei allerdings um eine gewerblich geprägte Personengesellschaft i. S. d. § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG soll sich die örtliche Zuständigkeit für den beschränkt stpfl. Beteiligten in analoger Anwendung des § 18 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO nach dem Ort der Geschäftsleitung der Personengesellschaft richten.[4] Vermögenswerte, die in § 121 BewG nicht genannt werden, z. B. Bankguthaben oder Steuererstattungsansprüche, sind hiernach für die Zuständigkeitsbestimmung ohne Bedeutung.[5] Auch für die ggf. vorzunehmende Wertbestimmung der zu berücksichtigenden Vermögensgegenstände sind die Vorschriften des BewG maßgeblich.[6]

[5] Wackerbeck, in HHSp, AO/FGO, § 19 AO Rz. 17.
[6] Schmieszek, in Gosch, AO/FGO, § 19 AO Rz. 17; Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 19 AO Rz. 7; Koenig/Pätz, AO, 4. Aufl. 2021, § 19 Rz. 12.

3.2.3 Ausübung oder Verwertung einer Tätigkeit

 

Rz. 11

Hat der Stpfl. kein Vermögen im Inland, richtet sich die Zuständigkeit gem. § 19 Abs. 2 S. 2 AO danach, im Bezirk welches FA die Tätigkeit des Stpfl. im Geltungsbereich des Gesetzes vorwiegend ausgeübt oder verwertet wird oder worden ist. Als Tätigkeiten kommen dabei nur solche in Betracht, die zu inländischen Einkünften i. S. v. § 49 EStG führen.[1] Unterhält der Stpfl. für diese Tätigkeit im Inland eine Betriebsstätte, begründet der Ort der Betriebsstätte die örtliche Zuständigkeit des FA, in dessen Bezirk die Betriebsstätte belegen ist. Bei mehreren Betriebsstätten kommt es auf diejenige an, in der die Tätigkeit des Stpfl. überwiegend ausgeübt wird.[2]

Verwertet wird eine Tätigkeit dort, wo der Nutzen aus ihr gezogen wird.[3] Als Verwertungsakte kommen z. B. die Übertragung von Urheberrechten und gewerblichen Schutzrechten, die Einräumung von Lizenzen oder die Überlassung von Kenntnissen und Erfahrungen (Know-how) in Betracht.[4]

Ist weder der Ort der Ausübung noch derjenige der Verwertung feststellbar oder lässt sich der Ort des Vorwiegens nicht bestimmen, richtet sich die Zuständigkeit nach § 24 AO, ggf. i. V. m. § 25 AO.[5]

[3] BFH v. 12.11.1986, I R 24/84, BFH/NV 1988, 298; Wackerbeck, in HHSp, AO/FGO, § 19 AO Rz. 18; Schmieszek, in Gosch, AO/FGO, § 19 AO Rz. 17.
[4] Wackerbeck, in HHSp, AO/FGO, § 19 AO Rz. 18; Schmieszek, in Gosch, AO/FGO, § 19 AO Rz. 17; Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 19 AO Rz. 8.
[5] BFH v. 3.2.1993, I R 80-81/91, BStBl II 1993, 462; Wackerbeck, in HHSp, AO/FGO, § 19 AO Rz. 9; Schmieszek, in Gosch, AO/FGO, § 19 AO Rz. 17.

3.2.4 Wegzug ins Ausland (Abs. 2 S. 3)

 

Rz. 12

Hat ein Stpfl. seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland aufgegeben und erzielt er im Wegzugsjahr keine inländischen Einkünfte i. S. d. § 49 EStG, ist nach Abs. 2 S. 3 das FA örtlich zuständig, das nach den Verhältnissen vor dem Wegzug zuletzt örtlich zuständig war. Die durch das JStG 2020 v. 21.12.2020[1] eingeführte Regelung hat zur Folge, dass in Wegzugsfällen keine Abgabe an das nach Abs. 2 S. 1 oder 2 zuständige FA mehr erfolgt, sondern die Zuständigkeit des bisher mit dem Steuerfall befassten FA bestehen bleibt.[2] Damit soll aus Gründen der Verwaltungsökonomie vermieden werden, dass u. U. nur wegen eines einzigen Jahrs ohne Einkünfte i. S. v. § 49 EStG ein neues ...

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