5.4.1 Allgemeines
Rz. 62
Ergibt sich der Haftungstatbestand nicht aus Steuergesetzen, sondern nach anderen Vorschriften, so erlangt die Verwaltung nur insoweit einen rechtlichen und tatsächlichen Vorteil, als sie diesen Haftungsanspruch kraft eigenen Rechts geltend machen und zwangsweise durchsetzen kann. Im Übrigen behält der Haftungsschuldner aber seine Rechtsposition, wie sie ihm nach den Vorschriften des jeweiligen Rechtsgebiets zusteht.
5.4.2 Anwendung des § 191 Abs. 5 AO
Rz. 63
Aus der allgemeinen Formulierung des § 191 Abs. 5 AO ergibt sich, dass die absolute Grenze für die Geltendmachung des Haftungsanspruchs auch für Haftungsansprüche aus anderen Gesetzen gilt. Die Akzessorietät des Haftungsanspruchs bewirkt, dass dieser nicht mehr geltend gemacht werden kann, wenn die Festsetzungsverjährung oder Zahlungsverjährung des Primäranspruchs, für den die Haftung besteht, eingetreten ist.
5.4.3 Ausschluss durch Verjährung des Haftungsanspruchs
Rz. 64
Die Verjährung führt im Zivilrecht gem. § 222 Abs. 1 BGB nicht wie nach § 47 AO zum Erlöschen des Anspruchs, sondern nur zu einem Leistungsverweigerungsrecht. Dieses Leistungsverweigerungsrecht (Einrede der Verjährung) hindert jedoch für den Gläubiger die Durchsetzung des Anspruchs. Demgegenüber hat die Finanzverwaltung die Verjährung auch hier von Amts wegen zu berücksichtigen. Der fehlenden Durchsetzungsmöglichkeit nach Eintritt der Verjährung des Haftungsanspruchs trägt § 191 Abs. 4 AO dadurch Rechnung, dass dann auch ein Haftungsbescheid nicht mehr erlassen werden darf. Der Finanzbehörde wird der verfahrensmäßige Vorteil wieder entzogen.
Der Zeitpunkt des Verjährungseintritts ist nach den Vorschriften des Zivilrechts zu bestimmen. Die regelmäßige (relative) Verjährungsfrist beträgt nach § 195 BGB drei Jahre. Die absolute Verjährungsfrist beträgt nach § 196 bzw. § 197 BGB 10 bzw. 30 Jahre.
Die Fristen werden dabei nach den §§ 203ff. BGB gehemmt oder unterbrochen, § 191 Abs. 3 AO gilt insofern nicht
Für die Inanspruchnahme der Gesellschafter einer aufgelösten GbR bzw. Personenhandelsgesellschaft oder für ausgeschiedene Gesellschafter gilt § 159 HGB entsprechend, also für die "Nachhaftung" eine Frist von fünf Jahren. Die Frist beginnt in dem Zeitpunkt, in dem die Finanzbehörde von der Gesellschaftsauflösung bzw. dem Ausscheiden Kenntnis erlangt.. Werden erst nach der Auflösung der Gesellschaft Steuern fällig, beginnt die fünfjährige Verjährungsfrist erst ab Fälligkeit der Steuer zu laufen.. . Die Regelung des § 159 Abs. 4 HGB, wonach der Gesellschafter nach Auflösung der Gesellschaft zuvor vorgenommene Unterbrechungshandlungen gegen sich gelten lassen muss, findet dann auch für den Haftungsanspruch Anwendung. Ist der Haftungsbescheid einmal erlassen, so gelten hinsichtlich der Zahlungsverjährung aber nicht die zivilrechtlichen Vorschriften, sondern §§ 228ff. AO, denn auch wenn sich der Haftungsanspruch aus der Anwendung zivilrechtlicher Normen ergibt, ändert dies nichts daran, dass er ein Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis ist. Selbiges soll gelten, wenn der Steueranspruch bereits festgesetzt wurde, im Zusammenhang mit der Regelung des § 159 Abs. 4 HGB.