Rz. 5
Leistet der kraft Vertrags Einstandspflichtige nicht freiwillig, so ist der privatrechtliche Anspruch durch eine Entscheidung der ordentlichen Gerichte festzusetzen. Es muss erforderlichenfalls ein Mahnbescheid erwirkt oder Klage eingereicht werden.
Nicht zulässig wäre es demgegenüber, wenn die Finanzbehörde ihren Anspruch nach § 192 AO mittels Haftungsbescheides gem. § 191 AO durchzusetzen versuchen würde. Dieser Bescheid wäre rechtswidrig. Verweist ein Zivilgericht fälschlicherweise die Sache an das FG so ist dieses an den Verweisungsbeschluss gem. § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG gebunden.
Rz. 5a
Gläubigerin des vertraglichen Haftungs- oder Duldungsanspruchs ist die Gläubigerin des zugrunde liegenden Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis, also die Gebietskörperschaft, der die Ertragshoheit für den Steueranspruch nach Art. 106 GG zusteht. Da aber der Haftungsanspruch nach § 192 AO zum Vollstreckungsverfahren gehört, soll dann eine (entsprechende) Anwendung des § 252 AO mit der Folge der gesetzlichen Fiktion der Gläubigereigenschaft der Finanzbehörde, die die Steuer verwaltet, greifen. Nach anderer Meinung ist hinsichtlich der Beantwortung der Frage, wer berechtigt ist den Anspruch geltend zu machen, ohnehin ohne Rückgriff auf § 252 AO auf die Gebietskörperschaft, der die handelnde Behörde angehört, abzustellen, damit wird auf die die Steuer gem. Art. 108 GG verwaltende Gebietskörperschaft abgestellt. Letztlich sind beide Ergebnisse gleich und führen zu einer praktikablen praxisgerechten Lösung in dieser Frage.
Da die ZPO keine dem § 63 FGO entsprechende Regelung enthält, ist das FA bzw. die Finanzbehörde nicht selbst parteifähig im gerichtlichen Verfahren. Welche Behörde nach § 18 ZPO für die Gläubigerin vertretungsbefugt ist, richtet sich nach den jeweiligen Organisationsbestimmungen des Bundes- oder Landesrechts.
Rz. 6
Im Klageverfahren kann der vertragliche Haftungsschuldner bzw. Duldungspflichtige seine Einwendungen gegen den Anspruch geltend machen. Art und Umfang der Einwendungen richten sich jeweils nach der Rechtsnatur der vertraglichen Anspruchsgrundlage. Entgegen der Vorschrift des § 166 AO stehend dem Haftungsschuldner alle Einwendungen gegen den Primäranspruch zu. Allerdings können in diesem Zusammenhang abweichende vertragliche Vereinbarungen getroffen werden.
Nach anderer Meinung können Einwendungen gegen den dem Vertrag zugrunde liegenden Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis nach dessen bestandskräftiger Festsetzung nur hinsichtlich eines nachträglichen Erlöschens erhoben werden . Denn der freiwillige Vertragsabschluss schließe Einwendungen zur Existenz des Anspruchs regelmäßig aus. Zudem gilt auch bei § 192 AO der Grundsatz der Akzessorietät der Haftung. Ist also der Primäranspruch erloschen, kann die Finanzbehörde den Haftungsschuldner nicht mehr in Anspruch nehmen.
Die Stundung eines durch Bürgschaft gesicherten Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis nach Eintritt der Fälligkeit hebt die Haftung aus der Bürgschaft grundsätzlich nicht auf. Vielmehr wird die Stundung nach § 222 Satz 2 AO nur gegen Sicherheit von der Finanzbehörde gewährt, so dass die Bürgschaft gerade eine solche Sicherheit darstellt.
Rz. 7
Die von der Behörde erlangte gerichtliche Entscheidung ist Grundlage der Vollstreckung. Auch diese darf die Finanzbehörde nicht nach § 249 Abs. 1 AO kraft eigenen Rechts und nicht mit den eigenen Organen durchführen, sondern muss wiederum die ordentlichen Gerichte nach den Vorschriften der ZPO oder des ZVG in Anspruch nehmen. Vollstreckungsorgane sind der Gerichtsvollzieher und das Amtsgericht. Die Finanzbehörde wird vor einer gerichtlichen Geltendmachung, um die für sie nachteilige Kostenfolge bei sofortigem Anerkenntnis durch den Haftungsschuldschuldner gem. § 93 ZPO zu vermeiden, diesen zunächst zur Leistung auffordern. Diese Aufforderung ist kein Verwaltungsakt, da sich die Finanzbehörde hier auf zivilrechtlicher Ebene der Gleichordnung bewegt. Ebenfalls ist, da sich die Behörde nicht im Verwaltungsvollstreckungsverfahren befindet, die Ankündigung gegenüber dem Steuerschuldner, eine Verwertung einer Sicherheit wie einer Bürgschaft vornehmen zu wollen, kein Verwaltungsakt. Erlässt die Finanzbehörde dennoch ein entsprechende Leistungsgebot nach § 254 AO, ist dieses wegen Rechtswidrigkeit mit dem Einspruch anfechtbar. Was die Gerichtskosten anbelangt, so ist der Fiskus nach § 2 Abs. 1 GKG von diesen vor den ordentlichen Gerichten befreit.