1.3.1 Verhältnis zu Art. 37 Abs. 1, 183 ZK
Rz. 5
Art. 37 Abs. 1 ZK regelt die zollamtliche Überwachung von Waren, die in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht werden. Nach der Definition des Art. 4 Nr. 13 ZK besteht die zollamtliche Überwachung aus allgemeinen Maßnahmen der Zollbehörden, um die Einhaltung des Zollrechts und ggf. der sonstigen für Waren unter zollamtlicher Überwachung geltenden Vorschriften zu gewährleisten. Allgemeine Maßnahmen der zollamtlichen Überwachung sind, im Gegensatz zu der konkreten Amtshandlung der zollamtlichen Prüfung, keine Verwaltungsakte.
Rz. 6
Die zollamtliche Überwachung erfolgt ab dem Zeitpunkt des Verbringens der Ware in das Zollgebiet der Gemeinschaft bis zum ersten konkreten Kontakt der Ware mit der Zollverwaltung bei einer Zollstelle. Sie kann in Form der vorbeugenden Marktbeobachtung der Zollfahndung oder des Grenzaufsichtsdienstes bestehen. Auch die Definition der Zollstraßen oder die Bestimmung eines Amtsplatzes sind Maßnahmen der zollamtlichen Überwachung.
Rz. 7
Zweck der zollamtlichen Überwachung ist die Sicherung der Zollbelange. Eine ausdrückliche Ermächtigung für solche Maßnahmen ist nicht erforderlich, weil ein unmittelbarer Eingriff in die Rechte des Beteiligten nicht vorliegt. Die zollamtliche Überwachung muss als besonderer Status der Ware verstanden werden, der nur die Voraussetzung für konkrete Amtshandlungen aufgrund spezieller Ermächtigungsgrundlagen ist. Dagegen kann die konkrete Amtshandlung in Form einer zollamtlichen Prüfung nur auf der Grundlage einer Ermächtigungsnorm im geltenden Recht durchgeführt werden (Art. 13 ZK). Neben vielfältigen Regelungen des ZK stehen § 10 ZollVG, §§ 193ff., 210ff. als Ermächtigungsgrundlagen für die konkreten Kontrollen.
Rz. 8
Art. 37 Abs. 1 ZK überlagert § 209 nur partiell bezüglich der ersten Alternative des Abs. 1 "Warenverkehr über die Grenze", soweit Waren über eine Zollgrenze verbracht werden. Im Übrigen verweist Art. 37 Abs. 1 ZK für die zollamtliche Prüfung von zollamtlich überwachten Waren auf Ermächtigungsgrundlagen nach dem geltenden Recht, d. h. nach Gemeinschaftsrecht oder nationalem Recht. Hierunter fallen auch die §§ 210ff., soweit sie nicht von anderen gemeinschaftsrechtlichen Regelungen verdrängt werden.
Rz. 9
Art. 183 ZK ist das Gegenstück zu Art. 37 Abs. 1 ZK bezogen auf die zollamtliche Überwachung von Waren, die aus dem Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht werden. Insofern gilt für das Verhältnis zu § 209 das Gleiche wie zu Art. 37 Abs. 1 ZK.
1.3.2 Verhältnis zu Art. 37 Abs. 2, 168 ZK
Rz. 10
Nach Art. 37 Abs. 2 ZK endet die zollamtliche Überwachung mit dem Wechsel des zollrechtlichen Status der Ware, mit ihrer Wiederausfuhr, Vernichtung oder Zerstörung oder durch das Verbringen der Ware in eine Freizone oder ein Freilager. Spezielle Kontrollbefugnisse in den Freizonen und Freilagern sehen Art. 168 Abs. 4, 169 Abs. 2, 170 Abs. 3, 172 Abs. 2 und 3, 176 Abs. 1, 181 ZK vor. Die Zollbehörden dürfen die Zollkontrollen nur stichprobeartig und nur dann vornehmen, wenn begründete Zweifel an der Einhaltung der geltenden Vorschriften bestehen. Systematische oder regelmäßige Kontrollen sind mit dem Wesen des Freizonenrechts unvereinbar. Die zollamtliche Überwachung der Freizonen und Freilager beschränkt sich demnach auf Warenein- und -ausgänge. Die Formulierung in § 209 Abs. 1 AO "Der Warenverkehr … in den Freizonen und Freilagern … unterliegt der zollamtlichen Überwachung" ist insofern missglückt, als eine zollamtliche Warenüberwachung in den Freizonen und Freilagern nach den Regelungen der ZK nicht stattfindet. Auf eine gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung des § 209 AO kann verzichtet werden, da Art. 37 Abs. 2 und 168 Abs. 1 ZK diese Alternative des § 209 AO überlagern.
1.3.3 Verhältnis zu §§ 1, 10 ZollVG
Rz. 11
Das Zollverwaltungsgesetz v. 21.12.1992 ergänzt das Gemeinschaftszollrecht und nicht die Vorschriften der §§ 209ff. AO. Der ZK hat den Mitgliedstaaten die Gesetzgebung über die Aufgaben und Befugnisse der jeweiligen Zollbehörden überlassen. Das ZollVG regelt, in Ausfüllung der vom ZK bewusst gehaltenen Lücke, die Aufgaben und Befugnisse der Zollverwaltung. Das ZollVG ist in seiner vollständigen Fassung, zeitgleich mit dem ZK, am 1.1.1994 in Kraft getreten.
Rz. 12
§ 1 ZollVG legt die Aufgaben der Zollverwaltung fest. Neben der zollamtlichen Überwachung des Warenverkehrs über die Grenze des Zollgebiets der Gemeinschaft, sowie über die Freizonengrenzen, unterliegt nach § 1 Abs. 2 ZollVG auch der Verkehr mit verbrauchsteuerpflichtigen Waren über die Grenze des deutschen Verbrauchsteuererhebungsgebietes der zollamtlichen Überwachung. Nach Abs. 3 sichert die zollamtliche Überwachung darüber hinaus die Einhaltung der gemeinschaftlichen oder nationalen Vorschriften, die das Verbringen von Waren in den, durch den und aus dem Geltungsbereich des ZollVG verbietet oder beschränkt...