2.1 Verhältnis zu zollrechtlichen Vorschriften
Rz. 5
§ 215 Abs. 1 Nr. 2 und 3 AO wird durch das Gemeinschaftsrecht, Art. 57 ZK überlagert. § 13 ZollVG konkretisiert die Vorschrift hinsichtlich der Verwertung der sichergestellten Waren. Abweichend von § 216 AO sind sichergestellte Waren zu verwerten (Abs. 1), zu veräußern (Abs. 2) oder zu vernichten (Abs. 3).
2.2 Verhältnis zu verbrauchsteuerrechtlichen Vorschriften
Rz. 6
Die Verbrauchsteuergesetze enthalten über die Tatbestände des § 215 AO hinausgehende, speziell auf die jeweilige Steuerart bezogene Regelungen, die eine Sicherstellung nach § 215 AO ermöglichen. Zweck der Sonderregelungen ist, dass im gewerblichen Verkehr nur mit solchen Waren gehandelt werden soll, deren ordnungsgemäßer steuerlicher Nachweis belegt werden kann. Eine Sicherstellung ist regelmäßig zulässig, wenn der Nachweis nicht geführt werden kann, dass sich die vorgefundene Ware in einem Steueraussetzungsverfahren befindet oder ordnungsgemäß versteuert wurde. Weitere Sonderregelungen enthalten § 51b BranntwMonG, § 30 Abs. 1 MinöStG, § 19 TabStG. Eine Konkurrenz zu § 215 AO besteht nur bei § 30 Abs. 1 Nr. 2 MinöStG; § 30 Abs. 3 regelt – wie alle anderen Sonderregelungen auch – die sinngemäße Anwendung des § 215 AO.
2.3 Verhältnis zu strafprozessualen Vorschriften
Rz. 7
Die Sicherstellung im Aufsichtswege gem. § 215 AO erfasst Tatbestände, bei denen eine Vermutung oder ein Verdacht für zoll- oder verbrauchsteuerpflichtige Unregelmäßigkeiten begründet ist. Der Verdacht oder Nachweis von strafbaren Handlungen, die allein steuerstrafrechtliche Einziehungs- und Beschlagnahmemöglichkeiten zulassen, ist nicht Voraussetzung. Andererseits ist bei Vorliegen solcher strafbaren Handlungen die Sicherstellung im Aufsichtswege nicht ausgeschlossen. Dies kann, bei gleichem Tatbestand, zu einem Nebeneinander von verwaltungs- und strafverfahrensrechtlichen Maßnahmen führen. Deswegen ist nach Abs. 1 S. 2 eine Sicherstellung auch zulässig, wenn die Sachen in einem Strafverfahren beschlagnahmt worden waren und dann der Finanzbehörde zur Verfügung gestellt worden sind. Aus der Formulierung des Abs. 1 S. 2 ergibt sich ein Vorrang der strafprozessualen Maßnahmen vor der präventiven Sicherstellung. Nach § 215 AO sichergestellte Waren sind nach § 216 AO in das Eigentum des Bundes zu überführen, sofern sie nicht nach § 375 Abs. 2 AO eingezogen werden.
2.4 Verhältnis zu § 76
Rz. 8
Die Sachhaftung nach § 76 AO gibt dem Steuergläubiger das Recht, sich ohne Rücksicht auf private Rechte irgendwelcher Art wegen der auf den zoll- oder verbrauchsteuerpflichtigen Waren ruhenden Steuern an die Waren zu halten, insbesondere durch Verwertung der Waren gem. § 327 AO für die Tilgung der Steuerschuld zu sorgen, die Bezahlung durch deren Zurückhaltung zu erzwingen und zur Sicherung dieses Rechtes die tatsächliche Verfügung Dritter über die Ware zu verhindern. Dieses Recht ist ein dem zivilrechtlichen Pfandrecht an beweglichen Sachen vergleichbares dingliches Recht, das den öffentlich-rechtlichen Steueranspruch sichern soll. Ziel der Beschlagnahme nach § 76 Abs. 3 AO ist es, ein Verwertungsrecht zu begründen, das allen anderen Rechten an der Sache vorgeht, um den Steueranspruch des Staates durchzusetzen, wenn davon ausgegangen werden muss, dass der Steuerschuldner die Steuerschuld nicht begleichen wird. Die Sicherstellung nach § 215 AO dient dagegen nicht der Tilgung der Steuerschuld, sondern der Entziehung von unerlaubt hergestellten verbrauchsteuerpflichtigen Waren oder Geräten zur unerlaubten Herstellung solcher Waren aus dem Verkehr durch die Überführung in das Eigentum des Bundes. Eine Veräußerung ist nur im Rahmen des Notverkaufs nach § 216 Abs. 4 AO zulässig. Bei der Sicherstellung nach § 215 AO handelt es sich um eine Maßnahme zur Gefahrenabwehr mit einem gewissen Sanktionscharakter, die dazu veranlassen soll, die (zoll- und) verbrauchsteuerrechtlichen Pflichten einzuhalten. § 215 AO und § 76 AO stehen wegen der unterschiedlichen Zielrichtungen in keinem Konkurrenzverhältnis.