Rz. 9
Gegenstand der Sicherstellung sind Waren nebst Umschließungen und Geräte zur Herstellung verbrauchsteuerpflichtiger Waren. Die Sicherstellung erfolgt, wenn sie unter Verhältnissen vorgefunden oder aufgefunden werden, die in Abs. 1 Nr. 1 bis 3 und 5 aufgeführt sind.
3.1 § 215 Abs. 1 Nr. 1a
Rz. 10
Verbrauchsteuerpflichtige Waren dürfen nach § 139 AO nur in besonders angemeldeten Betrieben gewonnen oder hergestellt werden. Das Verbrauchsteuer-Binnenmarktgesetz hat mit seinem Inkrafttreten am 1.1.1993 die verbrauchsteuerrechtlichen Pflichten in wesentlichen Punkten neu geregelt. So reicht die Anmeldung nach § 139 AO nach der neuen Rechtslage grundsätzlich nicht mehr aus. Nach den Verbrauchsteuergesetzen wird die Herstellung, Lagerung und ggf. die Verwendung von einer Erlaubnis durch das Hauptzollamt abhängig gemacht. Eine Ausnahme besteht lediglich für Verschlussbrennereien; für sie ist eine Anmeldung nach §§ 45, 52 BranntwMonG ausreichend. § 215 Abs. 1 Nr. 1a AO stellt der alten Rechtslage entsprechend auf die Anmeldung von Herstellungsbetrieben oder Räumen ab. Im Lichte der neuen Gesetzeslage, die in Umsetzung der EG-Richtlinie 92/12 EWG des Rates v. 25.2.1992 über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren geschaffen wurde, muss § 215 Abs. 1 Nr. 1a AO dahingehend ausgelegt werden, dass es für eine Sicherstellung nicht nur auf die Anmeldung von Herstellungsbetrieben oder Räumen ankommt, sondern auch auf die Erlaubnis von Herstellungsbetrieben oder Lagern. Findet ein mit der Steueraufsicht betrauter Amtsträger im Rahmen der Nachschau gem. § 210 AO verbrauchsteuerpflichtige Waren in nicht angemeldeten und erlaubten Betrieben oder Räumen vor, so können sie gem. § 215 AO sichergestellt werden. Durch die Sicherstellung soll das In-Verkehr-Bringen unerlaubt hergestellter oder gelagerter Ware verhindert werden. Dasselbe gilt, wenn Geräte zur Herstellung verbrauchsteuerpflichtiger Waren in nicht angemeldeten Herstellungsbetrieben vorgefunden werden.
3.2 § 215 Abs. 1 Nr. 1b
Rz. 11
Verbrauchsteuerpflichtige Waren, die sich bereits im Handel befinden, können sichergestellt werden, wenn sie nicht die steuergesetzlich vorgeschriebene Verpackung, Bezeichnung, Kennzeichnung oder ohne vorgeschriebene Steuerzeichen vertrieben werden. Im Handel befinden sich Waren, wenn sie den Herstellungsbetrieb verlassen haben. Nach der Systematik des heutigen Verbrauchsteuerrechts, befinden sich Waren im Handel, wenn sie das Steuerlager verlassen haben und sich kein weiteres Steueraussetzungsverfahren oder Zollverfahren anschließt. Sobald die Ware den Endverbraucher erreicht, befindet sie sich nicht mehr im Handel.
Rz. 12
Ein besonderer Verpackungszwang ist in § 14 Abs. 1 TabStG für Tabakwaren geregelt. Die Verwendung von Steuerzeichen ist in § 12 TabStG für Tabakwaren vorgeschrieben. Eine besondere Kennzeichnungspflicht ergibt sich aus § 3 Abs. 2 S. 2 bis 4 MinöStG für leichtes Heizöl.
3.3 § 215 Abs. 1 Nr. 2 und 3
Rz. 13
§ 215 Abs. 1 Nr. 2 und 3 AO wird durch Art. 57 ZK, § 13 ZollVG überlagert. Nach Art. 57 ZK steht der Zollbehörde ein Veräußerungsrecht zu, wenn Waren vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht wurden oder der zollamtlichen Überwachung entzogen wurden. Nach § 13 ZollVG können diese Waren durch Wegnahme oder Verfügungsverbot zollamtlich sichergestellt oder vernichtet werden. Für § 215 Abs. 2 AO bleibt kein Anwendungsbereich. Die in § 215 Abs. 1 Nr. 3 AO genannten Gewässer oder Watten, die Zollfreigebiete sind, gehören heute nach Art. 3 Abs. 3 ZK zum Zollgebiet der Gemeinschaft, auch wenn es sich um Freizonen i. S. d. Art. 166 ZK handelt.
3.4 § 215 Abs. 1 Nr. 4 und 5
Rz. 14
Der Sicherstellung nach § 215 AO unterliegen nach Abs. 1 Nr. 4 auch Umschließungen der in § 215 Abs. 1 Nr. 1 (bis 3) AO genannten Waren und nach Abs. 1 Nr. 5 Geräte, die zur Herstellung von verbrauchsteuerpflichtigen Waren bestimmt sind und sich in einem nicht angemeldeten Raum befinden.
Umschließungen sind Verpackungen, Flaschen, Behältnisse, Container etc., die zwar nicht unter Nr. 1 (bis 3) fallen, eine Sicherstellung durch Ingewahrsamnahme der Ware jedoch ohne ihre Umschließung nicht möglich wäre.
Abs. 1 Nr. 5 ergänzt Abs. 1 Nr. 1. Nach Abs. 1 Nr. 5 müssen die Geräte nicht tatsächlich zur Herstellung verbrauchsteuerpflichtiger Waren verwandt worden sein, es genügt, dass sie zur Herstellung von verbrauchsteuerpflichtigen Waren bestimmt sind, d. h. dafür verwendet werden sollen.