Rz. 4

Der Zahlungsaufschub nach § 223 lässt bei Zöllen und Verbrauchsteuern auf Antrag des Schuldners unter Sicherheitsleistung einen Aufschub fälliger Beträge zu, soweit Einzelsteuergesetze dies bestimmen. Das bedeutet, dass die eigentlichen Regelungen in den einzelnen Steuergesetzen enthalten sein müssen (vgl. auch § 223 Rz. 12–15). Art. 224–227 ZK lassen auf Antrag und gegen Sicherheitsleistung den Zahlungsaufschub für Zölle für eine Zeit von 30 Tagen zu. Für Verbrauchsteuern, die durch die Einfuhr von Waren aus einem Drittland entstehen, gelten nach den verbrauchsteuerlichen Vorschriften[1] für die Fälligkeit die Vorschriften über Zölle sinngemäß, also auch die Art. 224–227 ZK zum Zahlungsaufschub (vgl. § 223 Rz. 8 u. 9).

Von der Stundung unterscheidet sich der Zahlungsaufschub dadurch, dass auf seine Gewährung ein rechtlicher Anspruch besteht, sofern die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen erfüllt sind. Die Stundung steht dagegen als Billigkeitsmaßnahme im Ermessen der Finanzbehörde. Durch die Möglichkeit des Zahlungsaufschubs ist bei den betroffenen Ansprüchen die Stundung rechtlich nicht ausgeschlossen. Sie ist wegen der Befristung des Zahlungsaufschubs auch praktisch bedeutsam. Zu weiteren Unterscheidungen s. § 223 Rz. 12–15.

Der Vollstreckungsaufschub, also die einstweilige Einstellung oder Beschränkung der Vollstreckung nach § 258, ist eine an der Billigkeit oder Zweckmäßigkeit der Vollstreckung ausgerichtete Maßnahme, die nicht von der Veranlagungsstelle des Finanzamts, sondern von der Vollstreckungsstelle getroffen wird[2]. Nicht entscheidend ist die Unbilligkeit bzw. Härte des Zahlenmüssens zur Fälligkeitszeit, sondern die begonnene Vollstreckung der Zahlungspflicht oder die begonnenen oder durchgeführten Vollstreckungsmaßnahmen im Einzelnen. Obwohl das Fordern von Sicherheiten auch für die Gewährung von Vollstreckungsaufschub möglich ist, kommt ein Vollstreckungsaufschub anders als die Stundung auch bei Gefährdung des Anspruchs in Betracht. Der Vollstreckungsaufschub ist ein Stillhalten im Vollstreckungshandeln, nicht dagegen ein Herausschieben der Fälligkeit. Deswegen fallen auch während des Laufs des Vollstreckungsaufschubs Säumniszuschläge an (vgl. § 240 Rz. 33; § 258 Rz. 18). Dabei ist es belanglos, ob das Stillhalten dem Vollstreckungsschuldner bekannt gegeben worden ist. Auch der bekannt gegebene Vollstreckungsaufschub hat keine stundungsgleichen Wirkungen[3]. Im Einzelfall ist nicht immer klar zu erkennen, ob eine Stundung oder ein Vollstreckungsaufschub begehrt wird. Zur Begründung eines Vollstreckungsaufschubs könnte das Bestehen der Stundungsvoraussetzungen nur derart vorgetragen werden, dass, wie vorhersehbar, eine Stundung gewährt werden müsse. Nur dann wäre die Vollstreckung nach dem Grundsatz "dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est" unbillig[4]. Die Stundung selbst erfordert lediglich eine unbillige Härte.

Die Aussetzung der Vollziehung nach § 361 Abs. 2 und § 69 Abs. 2 u. 3 FGO ist eine in einem Rechtsbehelfsverfahren besonders angeordnete Maßnahme, die das grundsätzliche Unberührtsein der Vollziehung durch die Einlegung eines Rechtsbehelfs suspendiert. Nicht die Verschiebung der Fälligkeit, sondern die vorläufige Nichtdurchsetzung eines Verwaltungsakts während eines Rechtsbehelfsverfahrens ist der Inhalt der Aussetzung der Vollziehung. Die Aussetzung der Vollziehung als Mittel des vorläufigen Rechtsschutzes ist eng mit der Durchführung des Rechtsbehelfsverfahrens verbunden. Voraussetzung neben der Einlegung des Rechtsbehelfs ist grundsätzlich eine gewisse Erfolgsaussicht oder die Unbilligkeit der Vollziehung während des Rechtsbehelfsverfahrens (vgl. Erl. zu § 361). Beim Vorliegen der Voraussetzungen für eine Aussetzung der Vollziehung ist diese zu gewähren. Beim Vorhandensein der Stundungsvoraussetzungen kann eine Stundung gewährt werden. Sind die Voraussetzungen für beide Maßnahmen gegeben, so schließt nicht die eine die andere Maßnahme aus. Als günstigere Form ist allerdings regelmäßig die Aussetzung der Vollziehung zu gewähren, da diese im Fall des Obsiegens nicht zu einer Zinspflicht führt (ebenso Linssen, in Beermann/Gosch, AO, § 222 Rz. 3; Kruse, in T/K, AO, § 222 Rz. 12). Die Entscheidung über die Frage, ob ein Steueranspruch wegen eines Rechtsbehelfsverfahrens zunächst nicht eingezogen wird, ist allerdings grundsätzlich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes[5] zu treffen[6]. In Fällen, deren Verfahrenssituation rechtsbehelfsähnlichen Charakter hat und für die eine Aussetzung der Vollziehung gesetzlich nicht zugelassen ist, wie z. B. für die Anhängigkeit einer Verfassungsbeschwerde[7], kann ein Aufschub der Fälligkeit trotz Bezeichnung als Aussetzung Stundungscharakter haben und wie bei der Stundung mit Stundungszinsen verbunden sein[8].

[1] § 13 Abs. 1 BierStG, § 147 Abs. 1 BranntwMonG, § 13 Abs. 1 KaffeeStG, § 23 MinÖlStG, § 17 Abs. 1 SchaumwZwG, § 21 TabakStG.
[2] Vgl. zur Abgrenzung Pump, DStZ 1985, 587.

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