Prof. Dr. Bernhard Schwarz †
Rz. 6
An Zahlungs statt hingegeben werden können Kunstgegenstände, Kunstsammlungen, wissenschaftliche Sammlungen, Bibliotheken, Handschriften und Archive.
Der Begriff der "Kunst" ist der gleiche wie in § 52 Abs. 2 Nr. 1; vgl. § 52 Rz. 26. Kunst ist daher die Gestaltung eines Mediums in einer über den normalen Gebrauch dieses Mediums hinausgehenden Weise. Auch für den Begriff der Wissenschaft kann auf § 52 Abs. 2 Nr. 1 zurückgegriffen werden; Wissenschaft umfasst daher alle Gebiete der Geistes- und Naturwissenschaft; vgl. § 52 Rz. 22. Möglich ist die Übereignung von Einzelgegenständen oder von Sammlungen; eine Sammlung ist eine sinnvoll aufeinander bezogene Mehrzahl von Einzelgegenständen, die unter einem gemeinsamen Prinzip (z. B. Herkunft, Stilrichtung, Art oder Nutzung des Gegenstandes) zusammengestellt worden sind und in ihrer Gesamtheit eine über die Aussage der Einzelgegenstände hinausgehende Aussage ermöglichen.
Bibliotheken sind Sammlungen von Büchern. Archive sind Sammlungen von Einzelinformationen (i. d. R. schriftliche, aber auch elektronische Informationen) über bestimmte Gegenstände (Themen), die darauf gerichtet sind, über den Gegenstand möglichst umfassende Informationen zu liefern. Handschriften sind in Handarbeit hergestellte Schriftstücke wissenschaftlichen, künstlerischen oder sonstigen Inhalts. Auch technische Zeichnungen, Landkarten usw. können Handschriften sein.
Rz. 7
Die Übertragung an Zahlungs statt ist nur zulässig, wenn an dem Erwerb der in Rz. 6 beschriebenen Gegenstände ein öffentliches Interesse besteht, weil diese Gegenstände für Kunst, Geschichte oder Wissenschaft Bedeutung haben. Öffentliches Interesse liegt vor, wenn der Erwerb der Gegenstände auch außerhalb des § 224a ein zulässiger Verwendungszweck für öffentliche Mittel wäre. Das Interesse muss an dem Erwerb der Gegenstände bestehen, nicht an der Bezahlung der Steuerschuld.
Dieses öffentliche Interesse muss wegen der Bedeutung der Gegenstände für Kunst, Geschichte und Wissenschaft bestehen. Die Gegenstände müssen also im Rahmen von Kunst, Geschichte und Wissenschaft eine gewisse herausragende Bedeutung haben; sie brauchen nicht einmalig, sie dürfen aber auch nicht ohne Schwierigkeit reproduzierbar sein. Diese Bedeutung kann sich ergeben aus dem absoluten Wert (der Seltenheit bzw. Einmaligkeit) des einzelnen Gegenstands, aber auch aus der (seltenen oder einmaligen) Zusammenfassung vieler an sich nicht seltener Gegenstände. Neben Kunstgegenständen und Kunstsammlungen fallen daher auch geschichtliche Sammlungen (Sammlung von Gegenständen bestimmter Epochen) und wissenschaftliche Sammlungen, einschließlich Sammlungen zur Geschichte der Wissenschaft, der Wirtschaft, der Arbeitswelt und des täglichen Lebens, unter § 224a.
Der Begriff des öffentlichen Interesses wegen der Bedeutung für Kunst, Geschichte oder Wissenschaft ist an sich ein Rechtsbegriff, doch steht hier der entscheidenden Behörde ein weiter Beurteilungsspielraum offen. Nur offenbar wertlose Gegenstände und solche Sammlungen, die ohne Schwierigkeit erneut zusammengetragen werden könnten, dürften nicht mehr in diesen Bereich fallen.